24.04.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 165 / Tagesordnungspunkt 4

Axel MüllerCDU/CSU - Terrorabwehr in Deutschland

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „ Man kann Maler nicht ohne Farbe auf die Baustelle schicken“, sagte kürzlich Felor Badenberg, die parteilose Berliner Justizsenatorin und frühere Vizepräsidentin des Bundesamts für Verfassungsschutz. Damit umschrieb sie, dass die Bundesregierung angesichts der aus dem Ruder laufenden Zahlen der aktuellen Kriminalstatistik den Polizei- und Strafverfolgungsbehörden das notwendige Material zur Bekämpfung und Verhinderung von Straftaten verweigert, sei es bei der Speicherung von IP-Adressen, dem Einsatz von Gesichtserkennung, der Kennzeichenerfassung bei Kraftfahrzeugen oder dem Einsatz verdeckter Ermittlungsmethoden.

Aktuelles Beispiel ist ein Gesetzentwurf aus dem Bundesjustizministerium, der den Einsatz von verdeckten Ermittlern, die zur Polizei gehören, und sogenannten Vertrauenspersonen, die eben nicht zur Polizei gehören, sondern dem kriminellen Milieu angehören und aus diesem rekrutiert werden, regeln will. Darauf werde ich mich konzentrieren. Die Stellung Letzterer birgt unbestritten rechtliche Risiken in einem späteren Strafverfahren gegen die mit ihrer Hilfe überführten Schwerkriminellen. Statt einer Verbesserung, beispielsweise durch ein praxistaugliches Gesetz, sieht der von tiefem Misstrauen gegenüber den Sicherheitsbehörden und der Justiz geprägte Gesetzentwurf aus dem Bundesjustizministerium zahlreiche bürokratische Hürden vor, und er geht für die Vertrauenspersonen mit vielen Risiken einher, insbesondere der Gefahr ihrer Enttarnung.

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: So ist es!)

Aufgrund seiner Praxisferne und weil es rechtsstaatlich nicht unbedingt notwendig ist, haben sich alle Generalstaatsanwälte geschlossen gegen dieses Gesetz ausgesprochen. Ebenso äußern sich Justiz- und Innenminister der Länder sowie Vertreter aus den Reihen der Polizei negativ. Schon die Gesetzesbegründung, dass es zum Einsatz der Vertrauenspersonen, insbesondere wenn sie Dritte zu Straftaten verleiten würden, keine eindeutigen rechtlichen Vorgaben gebe, an die sich die Behörden halten müssten, ist falsch.

Nicht nur, dass es dazu seit 1976 respektive in der Anlage D der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren genaue Regeln gibt; es gibt darüber hinaus eine aus sehr vielen Einzelfällen heraus entwickelte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Einklang mit übergeordnetem europäischen Recht und europäischer Rechtsprechung. Diese zwingt die Tatgerichte beispielsweise, eine mögliche Tatprovokation durch eine Vertrauensperson gegenüber einer Zielperson bei der Strafhöhe zu berücksichtigen. Im Extremfall bleibt nur noch Raum für eine Mindeststrafe, oder es ist gänzlich von Strafe abzusehen.

Diesem fein abgestuften System stellt der Gesetzentwurf des BMJ das grobmotorische Alles-oder-nichts-Prinzip entgegen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Genau!)

Künftig soll es so sein, dass im Falle einer Tatprovokation eine Strafverfolgung ausbleibt. Die Ahndung bleibt aus. Dieses reine Schwarz-Weiß-Denken wird den vielschichtigen Formen schwerer Kriminalität nicht gerecht, und die Ampelkoalition verweigert Polizei und Justiz das notwendige Werkzeug zur Bekämpfung der steigenden Kriminalität. Sie wird dadurch selbst zum Sicherheitsrisiko für unser Land.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Wort hat der Kollege Sebastian Fiedler für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Lukas Köhler [FDP])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7610319
Wahlperiode 20
Sitzung 165
Tagesordnungspunkt Terrorabwehr in Deutschland
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