Holger MannSPD - Umsetzung d. Ziele des Bologna-Prozesses 2021 - 2024
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bologna ist nicht nur ein Sehnsuchtsort, sondern auch der Sitz der ältesten europäischen Universität. Wir sprechen heute, fast 25 Jahre nach Unterzeichnung der gleichnamigen Erklärung von 29 EU-Nationen, über die Bilanz dieses Prozesses und die nächsten Etappen. Deshalb möchte ich voranstellen: Diese europäische Initiative hat die Hochschulbildung in Deutschland und Europa maßgeblich verändert, modernisiert und ist damit ein Erfolg europäischer Kooperation.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der Bologna-Prozess hat aus meiner Sicht deshalb keinen einheitlichen Europäischen Hochschulraum geschaffen, wohl aber hat er Brücken zwischen den Hochschulen gebaut und Hürden bei der Anerkennung von an anderen Orten erworbenen Leistungen abgebaut. Den Studierenden hat der Prozess zumindest die Möglichkeit gegeben, mehr internationale Erfahrungen zu sammeln; Ruppert Stüwe ist darauf eingegangen, dass da noch Luft nach oben ist. Und die Studierenden können sich heute selbstbestimmter für die zweite Stufe konsekutiver Studiengänge entscheiden und den erworbenen Bachelorabschluss auch für den Berufseinstieg oder eben das Sammeln von Auslandserfahrung nutzen. Damit hat die Einführung konsekutiver Bildungsgänge und deren Modularisierung auch die Einführung von Weiterbildungsangeboten durch die Hochschulen beschleunigt und verbessert. Das alles zur positiven Bilanz.
Ich will aber noch auf ein Ziel eingehen, das in der Debatte und, wie ich finde, auch im Prozess lange Zeit eine zu kleine Rolle gespielt hat: die stete Qualitätssicherung an Hochschulen. Am Anfang haben viele Hochschulen vor allen Dingen formale Kriterien umgesetzt: ECTS-Punkte, Zweistufigkeit und anderes. Berüchtigt waren Studiengänge, die versucht haben, zehn Semester in einen sechssemestrigen Bachelor zu gießen.
Der Bologna-Prozess war aber vor allen Dingen dort erfolgreich, wo zugleich in bessere Betreuung, in Qualitätssicherung, in Sichtbarmachung und auch in Wertschätzung guter Lehre investiert wurde. Ich möchte deshalb an dieser Stelle allen danken, die sich oft ehrenamtlich in Studienkommissionen, Akkreditierungsräten, bei der Lehrevaluation engagiert haben und das Studieren in Deutschland besser und einfacher gemacht haben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich bin übrigens davon überzeugt, dass die an den Hochschulen teilweise ungeliebte Akkreditierung dazu geführt hat, dass nach Jahrzehnten mal systematisch und kooperativ Studiengänge auf Aktualität und Relevanz angesichts neuer Forschungserkenntnisse und auch Arbeitsmarkterfordernisse überprüft wurden. Daher wundert es mich nicht, dass das die Herren von der AfD ärgert.
Zuletzt ist mir wichtig, zu betonen: Der Prozess ist nicht abgeschlossen. Die soziale Dimension von Bologna, die darauf abzielt, die Durchlässigkeit zu verbessern und ein inklusives Hochschulsystem zu schaffen, bedarf weiterer Anstrengungen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wir müssen sicherstellen, dass Studierende unabhängig von ihrem sozialen und wirtschaftlichen Hintergrund Zugang zu hochwertiger Bildung haben.
Abschließend sei gesagt: Der Bologna-Prozess ist ein lebendiges Beispiel für erfolgreiche europäische Zusammenarbeit. Er ist nicht abgeschlossen; aber wir haben wichtige Etappen erreicht. Er hat Menschen, Institutionen und Wissensräume enger zusammengebracht und damit Grenzen – nicht nur nationale, sondern auch im Denken – überwunden. Dafür können wir alle dankbar sein.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7610337 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 165 |
Tagesordnungspunkt | Umsetzung d. Ziele des Bologna-Prozesses 2021 - 2024 |