Erich IrlstorferCDU/CSU - Einsetzung einer Enquete-Kommission Coronavirus
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte hier ein bisschen zusammenführen. Ich glaube, dass wir uns alle klar sind, dass es einer Aufarbeitung bedarf.
Ich bin seit 2013 hier im Gesundheitsausschuss, und ich habe diese ganzen Sitzungen erlebt als Politiker, später dann als Politiker und Betroffener. Sie werden es wahrscheinlich nicht mehr hören können, aber es ist einfach ein Unterschied, ob man ein Elternteil verliert, ob die Mutter stirbt, ob man selbst betroffen ist, ob man das Ganze dann selbst ausbaden muss. Bei vielen Menschen gibt es die Situation, dass sie heute noch an Long Covid, Post Covid, Vac-Covid, ME/CFS leiden. Sie haben Spätfolgen. Denen können wir aktuell nicht helfen. Sie kommen jetzt aus dem Krankengeld heraus, und deren Not ist greifbar. Was meinen Sie, was diese Menschen denken, wenn sie uns so diskutieren sehen, wie wir es gerade tun?
(Beifall bei der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich möchte Ihnen, liebe AfD, schon mal sagen: Ich spreche Ihnen nicht ab, dass Sie wirkliches Interesse an der Aufklärung haben. Das ist, glaube ich, auch der Grund, warum Sie das machen.
(Stephan Brandner [AfD]: Das ist schon anständig von Ihnen!)
Aber man wird natürlich auch eine andere Meinung zu diesem Thema haben dürfen. Unsere Meinung ist, dass eine Enquete-Kommission nicht der richtige Weg ist.
Ich könnte jetzt natürlich argumentieren und Ihren ehemaligen Vorsitzenden der AfD Berlin, Herrn Pazderski, zitieren sowie auf Videos und alles, was dazugehört, hinweisen – oder auf den Kollegen Wirth, der sogar in der Pandemie vorschlug, dass man Menschen außer Landes bringen könne. Der fraktionslose Abgeordnete aus meinem Wahlkreis, Johannes Huber, gab sogar Tipps zum Betrügen von PCR-Tests. Aber Sie dürfen mir glauben: Das bringt alles nichts. Wir müssen ja lösen; das ist das Entscheidende.
Die Menschen fordern von uns, dass wir jetzt nicht rückwärts schauen und im Endeffekt wieder ohne Ergebnis rauskommen. Das kann es doch nicht sein. Was ist denn unsere Aufgabe? Jeder hat seine Auffassung über das Geschehene, das er erlebt hat. Wir sehen das so oder so oder auch so. Ich glaube, wir müssen versuchen, ein Warnsystem für eine eventuell kommende Pandemie aufzubauen, wenn die nachfolgenden Generationen an Politikern wieder in eine Situation gebracht werden, die genauso schwierig sein wird wie das, was wir erlebt haben. Ich glaube, dass wir alle versucht haben, ohne Schaum vor dem Mund etwas zu erreichen, dass wir die Menschen schützen wollten, dass wir die Menschen vor Leiden bewahren wollten.
Ich bin vollkommen d’accord, dass es hier Fehler gab. Dass es Entscheidungen gab, die vielleicht im Nachhinein nicht richtig waren, mag auch sein. Aber ich möchte hier an dieser Stelle schon auch sagen, dass sämtliche Parteien und sämtliche Politiker nach bestem Wissen und Gewissen für die Menschen entschieden haben. Das ist das Entscheidende.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich möchte hier auch noch mal betonen, dass wir als Entscheidungsträger vor einer Situation standen, die heute ganz anders ist als damals. Wir wussten nichts von dieser Pandemie. Wir wussten nichts von dieser Krankheit. Wir haben uns bekriegt und bekämpft, so wie wir es im Parlamentarismus immer wieder tun. Und wir haben natürlich Argumente ausgetauscht.
Sie waren damals in der Opposition, Sie sind heute in der Opposition, und wahrscheinlich werden Sie das auch länger bleiben. Aber wir haben immer wieder versucht, einen Konsens zu schaffen, Mehrheiten zu finden, damit wir den Menschen helfen. Wir alle, die wir da waren, haben gebuckelt, egal ob das der Minister Spahn war oder der Minister Lauterbach. Es ist doch keiner dagewesen, der gesagt hat: „Ja, das nehmen wir auf die leichte Schulter, und uns ist es egal, was mit den Menschen passiert.“
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das haben wir sicher nicht getan, und deshalb darf es auch nicht sein, dass hier ein Gremium geschaffen wird, das im Endeffekt politische Abrechnungsveranstaltungen macht. Das können wir nicht brauchen.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Ganze muss konstruktiv sein. Das Ganze muss fachlich geleitet werden. Und das Ganze muss mit dem Bund, mit den Ländern, mit den Laien, mit den Fachleuten, mit Wissenschaft, mit Forschung und mit anderen gesellschaftlichen Gruppierungen diskutiert werden. Deshalb ist auch der Vorschlag einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe von uns gekommen. Wir denken, dass das richtig ist. Das kann man diskutieren. Das kann man auch anders sehen; das ist mir vollkommen klar.
Wir werden Sie heute auf jeden Fall nicht unterstützen. Und wir werden Sie nicht deshalb nicht unterstützen, weil Sie die AfD sind, sondern wir sind überzeugt davon, dass das, was Sie hier bringen, nicht richtig ist.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Schöne Rede!)
Der Abgeordnete Huber ist persönlich angesprochen worden und möchte darauf reagieren.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7610347 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 165 |
Tagesordnungspunkt | Einsetzung einer Enquete-Kommission Coronavirus |