25.04.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 166 / Tagesordnungspunkt 6

Marie-Agnes Strack-ZimmermannFDP - 20 Jahre EU-Osterweiterung

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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 1. Mai 2004 – 20 Jahre ist es her – hat die EU ehemalige Mitgliedstaaten des Warschauer Pakts aufgenommen. Mit den baltischen Staaten sind sogar drei ehemalige Sowjetrepubliken unserer Gemeinschaft beigetreten. Vielen Dank, Frau Martens, für Ihre eindrucksvolle Rede gerade; sie war sehr persönlich.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Neben den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen, die sich erst 14 Jahre zuvor von Moskau unabhängig gemacht hatten, haben aber auch Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern von ihrem Recht der freien Bündniswahl Gebrauch gemacht. Diese bisher mit Abstand größte EU-Erweiterung von 15 auf 25 Staaten war getragen von dem Gedanken, den Kontinent nach Jahrzehnten des Kalten Krieges in einer friedlichen, freien und demokratischen Gemeinschaft zusammenzuführen. Was nach dem Zweiten Weltkrieg in Westeuropa gelungen war, sollte nach dem Kalten Krieg in ganz Europa geschehen. Deswegen ist dieser 1. Mai 2004 auch ein Feiertag für uns.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Zur Realität gehört aber auch, dass die Lage heute eine dramatische ist. Die Idealvorstellung, Sicherheit und Frieden gemeinsam mit Russland zu organisieren, müssen wir tragischerweise als gescheitert ansehen.

(Zuruf des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD])

– Sie räumen erst einmal Ihren Stall auf, ja? Russische Gelder und chinesische Spione! Räumen Sie erst einmal Ihren Laden auf, bevor Sie mich hier von rechts anmachen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Harald Weyel [AfD]: Papperlapapp! – Zuruf des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD])

Die Idealvorstellung, Sicherheit und Frieden mit Russland zu organisieren, ist gescheitert, und diejenigen im Hause, die das nicht wahrhaben wollen, müssen offensichtlich noch wach gemacht werden. Es waren vor allen Dingen die baltischen Staaten und Polen, die uns jahrzehntelang vor der imperialistischen Politik Putins gewarnt haben, und es ist tragisch, dass diese Länder recht behalten sollten. Es ist mindestens so tragisch, dass das auch hier im Hause immer noch ignoriert wird.

Viel wurde 2004 darüber gesprochen, ob die Erweiterung zu früh komme, ob die EU bereits in der Lage sei, diese zehn Staaten aufzunehmen. Heute wissen wir: Es war richtig. Denn Russland hat bald danach begonnen, die Staaten, die Putin als natürliche Einflusszone betrachtet, zu destabilisieren oder direkt anzugreifen, wenn sie sich in Richtung Westen gewandt haben – Georgien 2008 und der erste Angriff auf die Ukraine vor zehn Jahren im Jahr 2014. Jede Form der Annäherung an die Europäische Union wurde als Verletzung russischer Sicherheitsinteressen gedeutet. Eine brutale Geschichtsverdrehung! Es ist schlimm genug, dass wir das heute in diesem Hause von den radikalen Parteien hören müssen.

(Zuruf des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD])

Wir sind mit hybrider Kriegsführung konfrontiert, mit asymmetrischen Angriffen und – noch schlimmer – mit Desinformationskampagnen und der Unterstützung eben gerade dieser antidemokratischen Parteien. So versucht der Kreml, Einfluss zu nehmen auf die EU-Staaten, so versucht er, den Zusammenhalt unseres Europas aufzubrechen und – schlimmer – unsere Gesellschaft zu spalten.

Meine Damen und Herren, die Europäische Union bedeutet für die Menschen, in Frieden und Freiheit in einem demokratischen Rechtsstaat zu leben und den Wohlstand zu mehren. Diese Errungenschaften gilt es mehr denn je zu bewahren und zu schützen; denn sie sind ein unglaublich kostbares Gut.

Die Europäische Union hat das Potenzial, noch größer zu werden. Staaten wie Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Moldau und nicht zuletzt die Ukraine streben einen Beitritt an.

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Tolle Beitrittskandidaten!)

Meine Damen und Herren, die Bedingungen für einen Beitritt sind eindeutig: Mitglied werden kann man nur als Rechtsstaat und nur dann, wenn man die europäischen Werte lebt. Deswegen wird immer genau hingeschaut: Wird das erfüllt? Die Europäische Union muss sich diesbezüglich reformieren. Es wurde gerade schon gesagt: Wir müssen die Handlungsfähigkeit der EU erhöhen und die Entscheidungsfindung beschleunigen. Hier müssen wir uns auch das Einstimmigkeitsprinzip vornehmen;

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Das Fehlertempo erhöhen!)

denn je größer wir werden, desto weniger wird das letztlich so funktionieren.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, Russland wird alles tun, um zu verhindern, dass auch diese Staaten eines Tages Mitglied werden. Wir sehen, was in Serbien passiert, gerade an der Grenze zu Bosnien-Herzegowina und auch zum Kosovo. Die EU ist das größte Friedensprojekt seit Menschengedenken. Es ist eben nicht selbstverständlich.

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Sie reden von Krieg!)

An dieser Stelle möchte ich den Vereinigten Staaten für die erneute Unterstützung der Ukraine danken. Das bedeutet für uns aber nicht Hängematte, sondern das bedeutet für uns, dass auch wir mutig und couragiert sein sollten und Weitblick haben sollten. Es liegt in unserer Verantwortung, Geschichte zu schreiben. Es obliegt uns, ob wir auf der richtigen Seite der Geschichte sind oder ob wir diese kruden Geschichten annehmen.

An die jungen Leute gerichtet: Es ist Ihre Zukunft! Es ist Ihre Europäische Union! Machen Sie viel daraus. Wir können Sie dabei unterstützen, aber die Zukunft für Freiheit und Frieden liegt in Ihren Händen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Als Nächster hat Gunther Krichbaum für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7610370
Wahlperiode 20
Sitzung 166
Tagesordnungspunkt 20 Jahre EU-Osterweiterung
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