25.04.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 166 / Tagesordnungspunkt 7

Jürgen HardtCDU/CSU - Sanktionen gegen das iranische Regime, Ein Jahr Iran-Revolution

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Alt, Sie haben aber schon ziemlich lange und tief in unseren Anträgen suchen müssen, um ein kleines Pünktchen zu finden, mit dem Sie hier formal Ihre Nichtzustimmung begründen.

(Beifall des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU] – Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war leicht! – Renata Alt [FDP]: Ich hätte noch mehr!)

An die Adresse von Nils Schmid möchte ich sagen: Ich glaube, das, was Kollegin Kaddor ebenso wie Frau Alt gesagt hat, nämlich dass wir einen Kurswechsel in der Iranpolitik brauchen, ist auch Mehrheitsmeinung in der Koalition. Ich habe Sie, ich habe dich auch richtig verstanden, wenn ich feststelle, dass du dich in den letzten Tagen bei dem Thema „Listung der Revolutionsgarden“

(Dr. Nils Schmid [SPD]: Es reicht halt nicht!)

in den Medien offensiver geäußert hast, als du das heute hier vom Pult getan hast. Deswegen glaube ich: Wir haben für eine verschärfte Iran-Politik Deutschlands und Europas eine Mehrheit in diesem Haus, und die muss auch zum Ausdruck kommen.

Unsere Anträge sind im Übrigen vom Frühjahr des letzten Jahres.

(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also alte Anträge!)

Da gab es noch keinen 7. Oktober 2023 und keinen 14. April 2024. Insofern wäre es vielleicht gut gewesen, die Dinge etwas sorgfältiger zu lesen und auch entsprechend zu handeln.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte zum Ereignis am 14. April nur eine Anmerkung machen: Der Iran hat es erfolgreich geschafft, seine krachende militärische Niederlage bei diesem nächtlichen Angriff gegen Israel als niedrigkalibrierte, nicht der weiteren Eskalation dienende Aktion zu verkaufen. Und es gibt leider viel zu viele, die das hier glauben. Ich sage Ihnen: Wer 130 Marschflugkörper auf ein anderes Land abschießt, will damit Zehntausende Menschen töten. Selbst wenn man davon ausgeht, dass nur 10 Prozent durchkommen, wären das immer noch Hunderte, wenn nicht gar Tausende von Opfern. Dem Iran abzunehmen, das sei quasi absichtlich und bewusst eine niedrigkalibrierte, eine weniger gravierende Maßnahme gewesen, ist meines Erachtens falsch; und da sollten wir uns auch einig sein.

(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Keiner verharmlost hier den Iran! Niemand verharmlost das! – Ulrich Lechte [FDP]: Das tut doch auch niemand!)

– Ich habe im Übrigen gar nicht Sie angesprochen, sondern ich spreche die Öffentlichkeit an, die doch tatsächlich der Meinung ist, auch der Iran hätte von vornherein deeskalierend gewirkt. Das bestreite ich klipp und klar.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulrich Lechte [FDP]: Ah! Danke für die Klärung! – Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Okay, dann ist gut! Da gebe ich Ihnen recht! – Zuruf der Abg. Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Bezüglich der Maßnahmen, die wir in den Papieren vorschlagen, möchte ich noch mal ganz konkret sagen: Es gibt für die Bundesregierung jetzt viel zu tun. Ich glaube, es gibt eine Mehrheit im Haus, die Bundesregierung da auch zu stärken. Wir brauchen ein dichteres Sanktionsregime gegen Technologien, die in den Iran gehen. Deutschland ist der größte europäische Handelspartner des Iran.

(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 1,4 Milliarden!)

Und es geht dabei nicht nur um Pistazien, die vom Iran an uns geliefert werden, sondern es gibt Dinge, die in den Iran gehen und sich anschließend in Drohnen wiederfinden, die auf die Ukraine oder auf Israel abgefeuert werden. Deswegen sage ich: Wir brauchen ein dichteres europäisches Sanktionsregime bei Technologie, Wissenschaftstransfer und Wissenstransfer Richtung Iran.

Wir brauchen auch mehr und wirksamere Personensanktionen. Ich finde, immer dann, wenn der Iran etwas tut, was gegen das Völkerrecht oder massiv gegen Menschenrechte verstößt, zum Beispiel die Hinrichtung von politisch Gefangenen, so wie das bei über 800 Personen allein im Jahr 2023 und Anfang dieses Jahres auch schon wieder bei einigen Dutzend war, muss für den Iran klar sein, dass bestimmte Produktgruppen auf eine Sanktionsliste kommen, dass bestimmte Personen sanktioniert werden,

(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch schon lange so!)

damit der Iran genau sieht: Wir reagieren nicht nur mit Protesten, sondern wir reagieren mit konkreten Maßnahmen.

Bei der Listung der Revolutionsgarden geht es darum, dass wir die Möglichkeiten, gegen deren Aktivitäten in Europa vorzugehen, erleichtern. Es geht aber meines Erachtens auch darum, dass wir ein Signal an die jungen Männer im Iran senden: Wenn ihr euch diesen Revolutionsgarden anschließt, weil ihr vielleicht aus Naivität oder Opportunismus dort euren Wehrdienst, würde man bei uns sagen, leisten wollt, dann seid ihr bei einer Terrororganisation. Und euer großer Traum, den 100 Prozent aller jungen Iraner haben, nämlich mal im Westen, in Europa zu studieren, zu leben, Urlaub zu machen, vielleicht sogar zu arbeiten, ist gefährdet, wenn ihr zu dieser Terrororganisation gehört.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deswegen haben wir die Chance, die Revolutionsgarden ein Stück weit auszutrocknen, wenn wir den jungen Menschen das Signal geben: Macht dort nicht mit! Denn das Regime ist ja komplett überaltert.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen klare Antworten der Regierung auf die Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion zu transnationaler Repression. Ich persönlich kenne einen Fall, den ich hier jetzt nicht ausbreiten kann – einige Kollegen waren dabei –, wie eine Person in Deutschland mit dem Tode bedroht wird, nur weil sie mit Bundestagsabgeordneten über ihr Schicksal gesprochen hat. Das sind keine Freelancer, das sind lange Arme des iranischen Regimes in Deutschland. Genau wie Russland im Kleinen Tiergarten Leute umbringen lässt, macht der Iran das in unserem Land auch. Da muss energisch dagegengehalten werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Iran verdient viel Geld mit dem Handel der Droge Captagon, dieser Aufputschdroge für Terroristen, Wagner-Söldner und russische Soldaten in der Ukraine. Auch dagegen müssen wir vorgehen. Die Proxys der Iraner wie die Hisbollah müssen härter angegangen werden. Und die Kleine Anfrage unserer Finanzpolitiker zur Geldwäsche muss nicht nur beantwortet werden, sondern auch zu Änderungen der deutschen Politik in diesem Bereich führen. Daran sind wir gerne bereit mitzuwirken.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Als Nächster hat das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Max Lucks.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7610395
Wahlperiode 20
Sitzung 166
Tagesordnungspunkt Sanktionen gegen das iranische Regime, Ein Jahr Iran-Revolution
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