Karsten KleinFDP - Bewertung der Euro-Währungsunion
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „ Unsere Zukunft ist Europa – eine andere haben wir nicht.“ Das hat der große Europäer Hans-Dietrich Genscher gesagt, und das ist für uns Freie Demokraten ein Leitsatz. Dieser Satz macht aber auch sehr gut deutlich, was der Unterschied zu Ihnen ist, liebe Kolleginnen und Kollegen der AfD. Wenn wir über Europa streiten und diskutieren, streiten wir für ein starkes Europa und wollen Europa nicht abschaffen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ein starkes Europa ist demokratisch, pluralistisch, wettbewerbsfähig und solide, baut also auf stabile Staatsfinanzen. Genau in diesem Bereich haben wir, hat Christian Lindner mit der Neuausrichtung der Fiskalregeln einen großen Erfolg auf europäischer Ebene errungen.
(Albrecht Glaser [AfD]: Das glauben Sie doch selber nicht! – Yannick Bury [CDU/CSU]: Was ist denn daran ein Erfolg?)
Diese neue Ausrichtung der Regeln ist nach wie vor ein Bekenntnis zu den Begrenzungen bei Staatsdefizit und -verschuldung. Sie gibt einen klaren Pfad zur Konsolidierung vor, und sie garantiert und sichert den Schuldenabbau auch bei den Ländern, die aktuell mit hoher Staatsverschuldung operieren.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Yannick Bury [CDU/CSU]: Das stimmt doch nicht!)
Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass Christian Lindner dieser Erfolg gelungen ist. Wie waren denn die Rahmenbedingungen? Es gab Länder wie Frankreich, die diese harten Begrenzungen aus dem Vertrag raushaben wollten. Die EU-Kommission, der übrigens Ursula von der Leyen von der Union vorsteht, wollte eine Ausformulierung haben, die der EU-Kommission in bilateralen Vereinbarungen nicht nur großen Spielraum gegeben, sondern mit Blick auf die Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte auch dazu geführt hätte, dass es eben nicht zu einem Schuldenabbau in Europa gekommen wäre.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Yannick Bury [CDU/CSU]: Genau das haben Sie doch beschlossen!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, nur ein Satz zu Ihnen: Ich hätte mir gewünscht, dass Sie in dieser Debatte an der Seite der deutschen Bundesregierung, an der Seite von Christian Lindner gestanden hätten, Herr Kollege Bury, dass Sie der EU-Kommission ein bisschen Gegenwind gegeben hätten, dass Sie sich auf den richtigen Pfad begeben hätten bei der Konsolidierung der europäischen Staatsfinanzen, statt Vorschläge, wie Sie sie unterbreitet haben, zu machen.
(Beifall bei der FDP)
Es ist aber auch nicht selbstverständlich mit Blick auf die Vergangenheit. Es waren die deutsche Bundesregierung und Finanzminister Hans Eichel Anfang der 2000er-Jahre, die dafür gesorgt haben, dass die Fiskalregeln in Europa angepasst worden sind. Das war die Grundlage für die Staatsfinanzenkrise Anfang der 2010er-Jahre.
(Albrecht Glaser [AfD]: Sehr richtig!)
Wir, alle europäischen Staaten gemeinsam, waren so abhängig von den Finanzmärkten, weil die Schuldenregeln so weit geöffnet wurden.
(Albrecht Glaser [AfD]: Sehr richtig!)
Genau das Gegenteil haben wir, hat Christian Lindner jetzt bei den Verhandlungen erreicht.
(Beifall bei der FDP)
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch der Blick in die nähere Vergangenheit weist den Weg. Denn in den Jahren nach der Finanzkrise ist es uns in der praktischen Politik – da blicke ich noch mal zu den Kolleginnen und Kollegen der Union – auf europäischer Ebene nicht gelungen, die Staaten trotz harter Regeln auf einen Entschuldungskurs zu zwingen. Praktisch kein Land in Europa außer Deutschland hat die Staatsverschuldung wieder auf das Niveau von vor der Finanzkrise zurückgeführt. Da waren wir die Ausnahme in Europa. Das hat doch gezeigt, dass die Fiskalregeln, die bisher gegolten haben, in der Praxis keine Relevanz hatten. Deshalb mussten sie geändert werden, wie Christian Lindner es vorgenommen hat.
(Beifall bei der FDP – Yannick Bury [CDU/CSU]: Es ist eben falsch geändert worden!)
Fakt ist aber auch, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wenn wir ein starkes Europa hätten ohne Schuldenunion und mit einem klaren Bekenntnis, dass NextGenerationEU eine Einmaligkeit ist, dass wir zur Schuldenbremse wie zum Beispiel in Deutschland stehen
(Yannick Bury [CDU/CSU]: Einhalten wäre noch gut!)
und dass es auch keine Staatsverschuldung über den Sekundärmarkt geben sollte, dann wären solche Anträge wie der von der AfD erstens nicht möglich und hätten zweitens auch keinen Nährboden, auf dem sie wachsen können. Deshalb sollten wir gemeinsam daran arbeiten: für ein solides, demokratisches, pluralistisches Europa.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das Wort hat Dr. Ottilie Klein für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7610483 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 166 |
Tagesordnungspunkt | Bewertung der Euro-Währungsunion |