Johannes SchrapsSPD - Bewertung der Euro-Währungsunion
Verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist in der Debatte doch sehr deutlich geworden, dass wirklich alle Rednerinnen und Redner, mit Ausnahme der antragstellenden Fraktion, den vorliegenden Antrag klar ablehnen, und zwar völlig zu Recht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Es ist schon erstaunlich, wie fröhlich die AfD hier nach stärkerer deutscher verfassungsrechtlicher Kontrolle der europäischen Währungspolitik ruft, während der Verfassungsschutz hierzulande ganz erheblichen Anlass dafür sieht, Deutschland vor dieser Partei hier rechts zu schützen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Und Sie liefern ja auch zahlreiche Anlässe, massiv an Ihrer Verfassungskonformität zu zweifeln.
(Zuruf des Abg. Peter Boehringer [AfD])
Schaut man, was allein in den vergangenen Tagen an Verstrickungen dieser Partei von den ganz rechten Bänken mit ausländischen Diktaturen umfassend offengelegt wurde,
(Albrecht Glaser [AfD]: Da ist gar nichts offengelegt worden!)
dann bin ich mir ziemlich sicher, dass die Wählerinnen und Wähler diese Alternative für China und Russland als das einordnen, was sie ist, nämlich eine Gefahr für Frieden und Wohlstand in Deutschland und in Europa, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Auch der vorliegende Antrag reiht sich in dieses bekannte Muster ein; denn anders als von Ihnen beschrieben, leisten viele dieser EZB-Programme – insbesondere übrigens in Krisenzeiten – einen ganz entscheidenden Beitrag dazu, die Wahrung von Stabilität in der Eurozone, die Unterstützung des Wirtschaftswachstums und die Sicherung des sozialen Wohlstands in Europa zu erhalten und voranzutreiben. Ich muss das wohl auch noch mal klarstellen: Denn die Finanzkrise zu Beginn der 2010er-Jahre, auch die Coronapandemie oder die Energiekrise, die durch den völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verursacht wurde, waren alles sogenannte externe Schocks,
(Albrecht Glaser [AfD]: Eine Staatskrise war das! Nicht extern!)
deren Ursachen gar nicht innerhalb der Europäischen Union liegen, sondern mit denen wir als Europa und natürlich auch als europäische Gemeinschaft umgehen mussten. Das hat Europa zweifellos vor Herausforderungen gestellt, aber, verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben Antworten darauf gefunden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Thorsten Lieb [FDP] – Albrecht Glaser [AfD]: Schulden!)
Die bloße Existenz des OMT-Programms und die bereits erwähnte Aussage Draghis „Whatever it takes“ gab und gibt Investoren und Marktteilnehmern Vertrauen. Und auch das Bundesverfassungsgericht hat sehr klar bestätigt, dass OMT die geldpolitischen Befugnisse der EZB nicht überschreitet und dass das auch nicht gegen das Verbot der monetären Finanzierung von EU-Staaten verstößt, so wie Sie es in Ihrem Antrag suggerieren.
(Zuruf des Abg. Peter Boehringer [AfD])
Wenn es um die Eurowährungsunion geht – das muss man wirklich feststellen –, dann muss man erst mal durch so manche Abkürzungen, die jetzt auch teilweise in der Debatte genannt wurden, durchsteigen: vom PSPP über das PEPP, NextGenerationEU, REPowerEU.
(Albrecht Glaser [AfD]: Die haben wir nicht erfunden!)
Aber allesamt haben diese Programme dazu beigetragen, öffentliche Ausgaben für Sozialprogramme, für Dienstleistungen, für Investitionen zu ermöglichen und damit natürlich auch Arbeitsplätze in Europa zu schaffen und zu erhalten. Sie haben dafür gesorgt, die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie aufzufangen und nach der Pandemie dann auch wieder Geld für wirtschaftliche Erholung und für langfristige Resilienz und Entwicklung zur Verfügung zu stellen. Und sie sorgen natürlich auch dafür, dass der Ausbau erneuerbarer Energien wie Solar-, Wind- oder Wasserkraft gefördert wird und dass wir unabhängiger von fossilen Brennstoffen, aber vor allem auch unabhängiger von autoritären und diktatorischen Regimen werden, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Thorsten Lieb [FDP])
Während Europa sich also unabhängiger macht, machen sich so einige Vertreter von den rechten Bänken dieses Hauses selbst nur immer mehr zu Nachahmern und Dienern der Regime von Unfreiheit. Mit Ihren Euroanträgen präsentieren Sie hier wirklich jede Sitzungswoche eine Inszenierung der Inkompetenz und des Dogmatismus. Egal ob es in den Anträgen um „21 Jahre Euro-Experiment“, „22 Jahre – ehrliche Bestandsaufnahme“ oder „Euro-Währungsunion kritisch bewerten“ geht: Sie sind allesamt gefährlich für unser Land.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU])
Kollege Bury hat es richtig gesagt: Zum geldpolitischen Dialog im Finanzausschuss hat Ihnen der Bundesbankpräsident genau das gestern auch noch mal mit auf den Weg gegeben.
Von daher dürfen wir nicht vergessen, dass auch die Eurozone eine Gemeinschaft ist. Wenn wir die negieren, dann denken wir rückwärtsgewandt. Das gefährdet Wohlstand und Arbeitsplätze in Europa. Deswegen lehnen wir Ihren Antrag selbstverständlich ab.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU])
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Electoral Period | 20 |
Session | 166 |
Agenda Item | Bewertung der Euro-Währungsunion |