25.04.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 166 / Zusatzpunkt 6

Nancy Faeser - Aktuelle Stunde: Russland, China und die AfD

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Meine Damen und Herren Zuschauerinnen und Zuschauer! Die Nachrichten der letzten Woche sprechen eine deutliche Sprache – der Abgeordnete Konstantin Kuhle hat es gesagt –: letzten Donnerstag zwei Festnahmen in Bayreuth, um russische Sabotagepläne zu verhindern, am Montag drei Festnahmen in Bad Homburg und Düsseldorf wegen Spionage im Auftrag Chinas, dann – noch am selben Abend – eine Festnahme in Dresden, wieder aufgrund einer möglichen Spionagetätigkeit für den chinesischen Geheimdienst – aus einem Abgeordnetenbüro des Europäischen Parlamentes heraus.

Dass diese Festnahmen jetzt erfolgt sind, ist der Bedrohungslage geschuldet, vor der wir stehen.

(Stephan Brandner [AfD]: Vor dem Wahlkampf!)

– Gut, dass Sie hier reinrufen.

(Stephan Brandner [AfD]: Ja, so bin ich! – Stefan Keuter [AfD]: Ist der Wahlkampf eine Bedrohungslage?)

Über den Zeitpunkt haben die Ermittlungsbehörden entschieden.

(Stephan Brandner [AfD]: Und wer ist die Chefin von den Ermittlungsbehörden?)

Die Haftbefehle wurden durch richterliche Anordnung in Gang gesetzt. Auf beides nimmt die Bundesregierung keinerlei Einfluss, und das ist auch gut und richtig so, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Philipp Hartewig [FDP] – Enrico Komning [AfD]: Nein! Überhaupt gar nicht! – Stephan Brandner [AfD]: Ihre Nase wird immer länger, Frau Faeser! Wie bei Pinocchio!)

– Ich kann Ihnen das in aller Deutlichkeit noch mal sagen: Der entscheidende Unterschied zwischen einem Rechtsstaat und den Staaten, die uns bedrohen, ist, dass das alleine die Ermittlungsbehörden entscheiden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Enrico Komning [AfD]: Sicher! Ganz sicher! Glaubt jeder!)

Fakt ist: Deutschland steht aktuell massiv im Fokus ausländischer Nachrichtendienste, insbesondere russischer, und das auch schon länger. Aber seit Putins furchtbarem, barbarischem Überfall auf die Ukraine erleben wir zunehmend auch hybride Angriffe in ganz neuer Dimension. Erstmals stehen wir vor der Gefahr russischer Sprengstoffanschläge, um unsere Unterstützung für die Ukraine zu unterbinden. Auch das haben unsere Sicherheitsbehörden – Gott sei Dank! – verhindern können.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Wir haben alle Schutzmaßnahmen massiv hochgefahren, und wir haben in den letzten zwei Jahren bereits eine große Zahl auch russischer Spione des Landes verwiesen. Unsere Sicherheitsbehörden arbeiten international gut vernetzt daran, die Pläne aller Staaten und Akteure zu durchkreuzen, die uns bedrohen. All das tun wir.

Was wir nicht tun, meine Damen und Herren: Wir lassen uns nicht einschüchtern. Wir stehen auch weiterhin fest an der Seite der Ukraine!

(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Bedrohungen, denen wir gegenüberstehen, sind Ausdruck einer neuen Weltlage; sie sind Ausdruck eines neuen Wettstreits zwischen Demokraten und Diktaturen. Ob Russland, China, der Iran – sie alle greifen verstärkt auf Mittel ihrer Nachrichtendienste zurück, um ihre geopolitischen Interessen durchzusetzen. Davor warnen und dafür sensibilisieren wir konsequent und seit Langem. Deutschland war und ist Ziel von Spionage und Sabotage, Desinformation und Propaganda – mit dem Ziel, uns als Gesellschaft zu spalten und uns politisch und wirtschaftlich zu schwächen. Das dürfen und das werden wir nicht zulassen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn Deutschland weiß sich zu wehren.

Die andere Seite handelt so, weil sie um ihre Schwachpunkte weiß und sie fürchtet. Deshalb nutzt sie doch Agenten, um Oppositionelle auszuspähen, die hier in Deutschland Schutz gefunden haben. Deshalb versucht sie, die Wirkung von Sanktionen zu mindern und technologische Lücken zu schließen – durch Spionage an Universitäten, in Unternehmen und Forschungseinrichtungen. Deshalb versucht sie, ihren Einfluss auch auf unsere demokratischen Institutionen auszuweiten.

Der Vorwurf wiegt schwer, dass der Arm fremder Mächte bis in unsere Parlamente reicht, dass sie dabei politische Entscheidungsträger und deren Mitarbeiter in ihre Dienste nehmen, meine Damen und Herren. Es ist ein Unding, wenn sich Volksvertreter zu Putins oder Pekings Handlangern und zum Instrument ihrer Propagandamaschinerie machen. Ich kann Ihnen sagen: Das werden wir nicht zulassen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ich will noch einmal betonen: Über die aktuellen Festnahmen haben allein Staatsanwaltschaften und Gerichte entschieden.

(Stephan Brandner [AfD]: Logisch! Aber Staatsanwaltschaften sind weisungsgebunden! Das wissen Sie auch!)

– Gerichte übrigens nicht.

(Stephan Brandner [AfD]: Weisungsgebundene Staatsanwaltschaft haben wir in Deutschland! – Gegenruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber sie hat nicht gewiesen!)

– Wissen Sie, das ist der Unterschied: In einem offenen Rechtsstaat sind die Gerichte, anders als in Diktaturen, nicht weisungsgebunden.

(Stephan Brandner [AfD]: Aber die Staatsanwaltschaft!)

Das scheinen Sie aber nicht verinnerlicht zu haben, und das macht es so gefährlich.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Wir als Bundesregierung schaffen die Bedingungen dafür, dass unsere Sicherheitsbehörden gute Arbeit leisten können.

(Stephan Brandner [AfD]: Seit zehn Jahren wissen Sie das! Seit zehn Jahren wissen Sie von den Geheimdienstumtrieben!)

Deshalb haben wir das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Spionageabwehr massiv gestärkt, personell wie technisch; und das zeigt nun Wirkung. Herzlichen Dank für diese gute Arbeit, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Wir als Regierung werden außerdem unser Gesetz zum Schutz kritischer Infrastrukturen vorlegen,

(Josef Oster [CDU/CSU]: Wann?)

in dem wir auch die Unternehmen auffordern, sich resilienter aufzustellen und Schutzmaßnahmen weiter hochzufahren.

(Marc Henrichmann [CDU/CSU]: Ja, wenn die mal was davon wüssten!)

Auch das ist ein wichtiger Aspekt, wenn es um die notwendige Sensibilisierung und den größtmöglichen Schutz geht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Marc Henrichmann [CDU/CSU]: Das ist im Verzug! Mächtig!)

Trotzdem: Die Bedrohung, vor der wir stehen, muss noch stärker ins öffentliche Bewusstsein kommen; denn wir reden hier über reale Gefahren, die uns als Gesellschaft konkreten Schaden zufügen. Deshalb halten wir dagegen mit Sensibilisierung und Aufklärung auf der einen Seite, aber auch mit einem harten Durchgreifen eines starken Rechtsstaates – und das ist auch gut so, meine Damen und Herren – in einer offenen freien Gesellschaft, die sich damit verteidigt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vielen Dank. – Ich grüße Sie herzlich und gebe das Wort an Mechthilde Wittmann für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7610529
Wahlperiode 20
Sitzung 166
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Russland, China und die AfD
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