Dirk VöpelSPD - Jahresbericht 2023 der Wehrbeauftragten
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Wehrbeauftragte Dr. Högl, auch in diesem Jahr haben Sie einen umfassenden und ehrlichen Bericht über die Lage unserer Bundeswehr vorgelegt. Dafür danke ich Ihnen und Ihrem gesamten Team.
Im Berichtsjahr 2023 sind die Herausforderungen leider nicht kleiner geworden. Seit dem Ende des Kalten Krieges war die äußere Sicherheit Deutschlands und Europas nicht mehr so bedroht wie heute. Mit der gestiegenen Bedeutung der Landes- und Bündnisverteidigung verschieben sich auch die Aufgaben und Anforderungen an unsere Streitkräfte. Auch wenn die Bundeswehr weiterhin für Einsätze im internationalen Krisenmanagement einsatzbereit sein muss, liegt nun der Fokus auf vollständiger Einsatzbereitschaft, auf kaltstartfähigen Großverbänden und dem Aufbau einer hierzu personell und materiell befähigten Truppe.
Kommen wir zu den, wie Sie es in Ihrem Bericht genannt haben, „Dauerbrennern“.
Um unsere Ziele zu erreichen, braucht es mehr Material und Personal sowie eine gute oder zumindest akzeptable Infrastruktur. Und hier gibt es nach wie vor große Mängel. Material ist vielfach veraltet oder nicht in ausreichendem Maße vorhanden. Trotz beschleunigter Beschaffungsverfahren und positiver Entwicklungen können die Lücken bei Material, Ersatzteilen und Munition erst mittelfristig geschlossen werden. Auch durch die Lieferung von Material an die Ukraine geraten die Bestände weiter unter Druck. Hier muss konsequent und zügig nachbeschafft werden. Bis 2025, also sechs Jahre früher als eigentlich geplant, erhalten alle aktiven Soldatinnen und Soldaten neue persönliche Schutzausrüstung und Bekleidung. Gut so! Probleme ergeben sich nun jedoch durch fehlende Spinde und Lagerungsmöglichkeiten.
Womit wir schon beim nächsten Dauerbrenner sind, der Infrastruktur. Hier ist laut Jahresbericht von der Zeitenwende noch nicht viel zu spüren. Soldatinnen und Soldaten klagen nach wie vor über schimmelige Duschen, marode Kasernen oder sogar gesundheitsgefährdende Zustände. Wenn, wie im Bericht beschrieben, der Zahnarzt aufgrund von mangelnder Trinkwasserqualität nicht mehr behandeln kann oder es aufgrund von veralteten Wassersystemen zu Infektionen kommt und die Körperhygiene nur noch auf eigenes Risiko durchgeführt werden kann, ist das mehr als beschämend.
(Beifall der Abg. Zaklin Nastic [BSW])
Das jährliche Ritual, die eklatanten Mängel in diesem Bericht hier im Plenum aufzugreifen, danach die Zusage des BMVg, die Probleme mit Hochdruck anzugehen, muss endlich aufhören.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Dr. Marcus Faber [FDP])
Wir brauchen jetzt schnell eine Lösung, und diese muss für unsere Soldatinnen und Soldaten auch in ihren Kasernen spürbar sein. Denn ohne eine moderne und zuverlässige Infrastruktur wird es nicht gelingen, die Attraktivität der Bundeswehr als Arbeitgeberin zu steigern.
Was zum nächsten Dauerbrenner überleitet, dem Personal. In den letzten Jahren haben stets mehr Soldatinnen und Soldaten die Bundeswehr verlassen, als neue eingetreten sind. Dies führt zu Unterbesetzung an vielen Stellen und sorgt für eine Überlastung im Arbeitsalltag. Auch die Zahl der Bewerbungen ging, wenn auch nur leicht, zurück.
Mir ist wichtig, dass wir die drei genannten Dauerbrenner nicht als alleinstehende Probleme sehen. Denn nur wenn es gelingt, umfassende Verbesserungen in allen Bereichen zu erzielen, kann es auch gelingen, diese Dauerbrenner zu löschen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen: Unsere Bundeswehr hat viele verschiedene Aufgaben und Aufträge, denen sie trotz schwieriger Umstände mit hoher Professionalität und Einsatzbereitschaft nachkommt. Dafür gebührt ihr unser Dank.
(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sehr geehrte Frau Wehrbeauftragte, am Ende Ihres Vorwortes zum Jahresbericht schreiben Sie:
„… möge der Jahresbericht 2023 ein weiterer Impuls sein, der noch mehr Energie und Engagement für Verbesserungen freisetzt.“
Diesen Impuls nehmen wir gerne auf. Es ist die Aufgabe des Parlaments, sich in den kommenden Wochen und Monaten weiter für bessere Bedingungen unserer Parlamentsarmee einzusetzen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Für das BSW hat jetzt Zaklin Nastic das Wort.
(Beifall beim BSW)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7610584 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 166 |
Tagesordnungspunkt | Jahresbericht 2023 der Wehrbeauftragten |