Katrin Helling-PlahrFDP - Strafbarkeit der unzulässigen Interessenwahrnehmung
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Während der Coronazeit war es gemeinsames Ziel der demokratischen Fraktionen hier im Haus, unser Land bestmöglich durch die Pandemie zu navigieren,
(Stephan Brandner [AfD]: Nee, das ist eine Falschaussage!)
eine Aufgabe, der sich jedes Mitglied dieses Hauses und der Landesparlamente hätte annehmen sollen. Einige Mandatsträger ließen sich in dieser Zeit allerdings von anderen Motiven leiten. Statt sich für das Wohlergehen unseres Landes einzusetzen, verfolgten sie Eigeninteressen und missbrauchten ihre Einflussmöglichkeiten, um sich mit der Vermittlung von Geschäften, dem Verkauf von Schutzmasken an staatliche Stellen die Taschen zu füllen.
(Zuruf von der AfD: Hört! Hört!)
Zu ihnen zählte auch ein Mitglied dieses Hauses.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Verhalten weniger Abgeordneter war nicht nur höchst unmoralisch, sondern es untergrub zudem die Integrität unserer demokratischen Institutionen. Zeitungen titelten „Schnelles Geld mit der Maskennot“, „Maskenaffäre ist beispielhaft für das Politik-Verständnis von CDU und CSU“ oder „‚Maskenaffäreʼ … beschädigt ohnehin geringes Vertrauen in Parteien und Politik“ – Schlagzeilen, die dem Ansehen unserer Parlamente schaden.
In einer Zeit, in der Millionen Bürger um ihre wirtschaftliche Zukunft bangten, erhielten allein ein CSU-Bundestagsabgeordneter und ein CSU-Landtagsabgeordneter rund 10 Millionen Euro für die Vermittlung von Maskengeschäften, ohne zur Rechenschaft gezogen werden zu können. Im Sommer 2022 fällte der Bundesgerichtshof eine Entscheidung, die das Kapitel rechtlich abschloss. Das Verhalten war demnach nicht nach den vorhandenen strafrechtlichen Vorschriften zu ahnden, weil der Tatbestand der Bestechlichkeit nur dann erfüllt ist, wenn Abgeordnete bei der Wahrnehmung ihres Mandats entgeltliche Drittinteressen vertreten. Demzufolge ist bisher lediglich entsprechendes Handeln im Rahmen der parlamentarischen Tätigkeiten, also vor allen Dingen im Plenum, wie etwa theoretisch das Sich-bezahlen-Lassen für ein Abstimmverhalten, strafbar. Aktivitäten außerhalb der parlamentarischen Arbeit, bei denen ein Mandatsträger gegen Provision seine durch das Mandat erworbenen Kontakte und Beziehungen nutzt, sind nicht erfasst.
Dass die Beschuldigten straffrei davonkamen, dürfte auch bei den Richtern des Bundesgerichtshofs Zähneknirschen ausgelöst haben. In ihrer Entscheidung betonten sie ausdrücklich, dass es in der Verantwortung des Gesetzgebers liegt, mögliche Strafbarkeitslücken zu schließen.
Meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir dieser Aufgabe nachkommen. Mit der Einführung des neuen § 108f StGB werden Handlungen, wie sie bei den Maskendeals vorkamen, künftig unter Strafe gestellt. Abgeordnete des Deutschen Bundestages, der Landesparlamente und des Europaparlaments, die künftig ihre Position und das ihnen entgegengebrachte Vertrauen ausnutzen und die sich obendrein mit hochpreisigen Deals auf Kosten unseres Landes und der Steuerzahler bereichern, haben mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe zu rechnen.
Meine Damen und Herren, jedweder Verflechtung von monetären Interessen und Mandat muss Einhalt geboten werden, wenn das Vertrauen in die parlamentarische Demokratie und ihre Mandatsträger nicht unterlaufen werden soll.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es gibt keinen vernünftigen Grund, dem Gesetzentwurf heute nicht zuzustimmen. Lassen Sie uns die Strafbarkeitslücke schließen und damit auch das Vertrauen in unsere Demokratie stärken!
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Frau Kollegin Helling-Plahr. – Als nächstem Redner erteile ich dem Kollegen Ansgar Heveling, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7610672 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 166 |
Tagesordnungspunkt | Strafbarkeit der unzulässigen Interessenwahrnehmung |