Kai WhittakerCDU/CSU - EM-Bestandsrentenverbesserungsauszahlungsgesetz
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass die Ampelkoalition uns zu dieser Stunde noch einmal die Gelegenheit gibt, über Erwerbsminderungsrenten zu debattieren. Mit dem Erwerbsminderungs-Bestandsrentenverbesserungsauszahlungsgesetz beschließen wir heute ein Gesetz, um die Renten von Erwerbsgeminderten nachträglich zu verbessern, weil sie von den letzten beiden Erhöhungen nicht profitiert haben. Genau das haben wir hier vor zwei Jahren schon einmal beschlossen; Frau Hohmann, das haben Sie richtig gesagt.
Warum müssen wir das also noch mal beschließen? Ja, die Deutsche Rentenversicherung hat letztes Jahr erkannt, dass die Art und Weise, wie das gemacht werden soll, technisch nicht geht. Heute beschließen wir ein anderes Verfahren, damit die Erwerbsrenten wie geplant zum 1. Juli erhöht werden können. Wir ändern also ein Gesetz, damit sich nichts ändert, getreu dem Motto „Alles muss sich ändern, damit alles so bleibt, wie es ist“.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Bevor die Spannung jetzt ins Unermessliche steigt, mache ich gleich deutlich, dass wir als Union diesem Gesetz zustimmen werden,
(Zurufe von der SPD: Aha!)
so wie wir es schon vor zwei Jahren getan haben; denn bereits unter einer unionsgeführten Bundesregierung haben wir die Erwerbsminderungsrenten deutlich angehoben.
(Beifall bei der CDU/CSU – Marc Biadacz [CDU/CSU]: Sehr gut! Genau!)
Insofern ist es nur konsequent, jetzt auch die Bestandsrentner an den Verbesserungen teilhaben zu lassen.
Aber ich möchte die Gelegenheit nutzen, hier etwas geradezurücken. Man konnte gerade eben den Eindruck gewinnen, die Deutsche Rentenversicherung hätte Fehler gemacht und uns diesen Schlamassel eingebrockt, Frau Hohmann.
(Angela Hohmann [SPD]: Das habe ich so nicht gesagt!)
Dem ist nicht so. Das wurde in der Anhörung auch sehr deutlich. Die politische Verantwortung liegt eindeutig bei Ihnen als Bundesregierung.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Rentenversicherung hat darauf hingewiesen, dass eine Vielzahl von Gesetzen gemacht wurde, wie zum Beispiel die Einführung des 300-Euro-Grundrentenzuschlags oder die Änderung der Hinzuverdienstgrenze. Es wurde immer fröhlich draufgepackt, bis der Esel eben zusammengeklappt ist. Insofern, Frau Hohmann, hätte ich heute von Ihnen hier im Plenum wenigstens eine öffentliche Entschuldigung erwartet. Ich hätte zumindest erwartet, dass Sie diesen Fehler eingestehen und Demut zeigen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das hat etwas mit Anstand zu tun, insbesondere gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Deutschen Rentenversicherung, die Ihr Gesetzes-Kuddelmuddel ausbaden müssen.
(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hier badet niemand etwas aus! Das ist ein rein technischer Vorgang! So ein Quatsch!)
Ein wenig befremdlich ist, dass die Koalition jetzt die Digitalisierung in der Rente fordert. Ich glaube, über diese Notwendigkeit herrscht hier im Plenum Einigkeit. Aber leider ist die Konsequenz Ihres Gesetzes-Kuddelmuddels, dass ausgerechnet die Digitalisierung auf die lange Bank geschoben werden musste. Genau das hat die Rentenversicherung getan, um die notwendigen Personalressourcen freizuschaufeln, damit die Erwerbsminderungsbestandsrenten erhöht werden können.
Erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kurth aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen?
Aber sehr gerne.
Danke, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Eigentlich wollte ich uns ein bisschen Redezeit ersparen, und deswegen habe ich meine Rede zu Protokoll gegeben.
(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)
Das war voreilig, Herr Kollege.
Aber wenn ich jetzt höre, was Sie hier erzählen, kann ich nicht schweigen. Sie reden davon, dass Menschen etwas ausbaden müssen. Hier muss niemand etwas ausbaden. Vielmehr führen wir einen technisch veränderten Auszahlungsvorgang für den Zeitraum von sechs Monaten durch, wo der Aufschlag auf die bestehenden Erwerbsminderungsrenten erst mal pauschal ausgezahlt wird; sechs Monate später wird die Rente dann neu berechnet. Die Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner im Bestand kriegen keinen Cent weniger, als im Gesetz vorgesehen. Niemand wird geschädigt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Philipp Hartewig [FDP] – Marc Biadacz [CDU/CSU]: Jetzt hält er die komplette Rede!)
Dann möchte ich Sie fragen: Wenn Sie hier jetzt zustimmen, sind Sie dann bereit, auch zur Kenntnis zu nehmen, dass Sie als Union zwar bei den Neuzugängen in die Erwerbsminderungsrente wichtige, auch gute Änderungen gemacht, aber die Personen im Bestand nicht berücksichtigt haben und wir als Ampel dies erstmals getan haben? Und: Die Deutsche Rentenversicherung ist leistungsfähig genug,
(Marc Biadacz [CDU/CSU]: Wo ist die Frage? Frage! – Gegenruf der Abg. Anke Hennig [SPD]: Er hat doch eine Frage gestellt!)
die Auszahlung mit dieser Übergangslösung, die wir heute gesetzlich beschließen müssen, sicherzustellen.
Danke.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf des Abg. Marc Biadacz [CDU/CSU])
– Man muss nicht fragen. Man darf auch ein Statement abgeben. Schauen Sie in der Geschäftsordnung nach.
Also, erst mal darf ich mich für die Frage bedanken. Das führt dazu, dass sich meine Redezeit jetzt wahrscheinlich fast verdoppelt.
Zum einen habe ich nicht gesagt, dass die Rentnerinnen und Rentner dieses Gesetzes-Kuddelmuddel ausbaden müssen, sondern die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Rentenversicherung,
(Beifall bei der CDU/CSU)
die kurzfristig Projekte umschichten müssen. Das ist in der Anhörung deutlich geworden. Und zum anderen muss es der Steuerzahler bzw. der Versicherungszahler ausbaden; denn das Ganze kostet 19 Millionen Euro zusätzlich.
(Beifall bei der CDU/CSU – Marc Biadacz [CDU/CSU]: Hört! Hört!)
Das muss ausgebadet werden.
Bei der Erwerbsminderungsrente, Herr Kurth, können wir uns jetzt lange darüber streiten, wer was gemacht hat. Wir können ja ein bisschen historische Exegese betreiben. Unter Rot-Grün haben Sie die Riester-Rente eingeführt. Sie haben zwar das Lebensalter zur Bemessung der Rente von 55 auf 60 Jahre angehoben, aber gleichzeitig Abschläge von 10,8 Prozent eingeführt.
(Stephan Stracke [CDU/CSU]: Aha!)
Wir haben das in unseren 16 Jahren, die Sie ja immer als so schrecklich kritisieren, sukzessive wieder verbessert. Wir sind von 60 Jahre auf 62 Jahre und dann bis 65 bzw. 67 Jahre gegangen.
(Matthias W. Birkwald [Die Linke]: Weil wir euch zum Jagen getragen haben!)
Das sind Verbesserungen, die wir gemacht haben. Und dagegen ist Ihre Reform heute sehr klein, Herr Kurth.
(Beifall bei der CDU/CSU)
An dieser Stelle brauchen wir keine Nachhilfe von Ihnen. Und ich sage Ihnen auch: Die Konsequenz Ihres Gesetzes-Kuddelmuddels ist, dass die Digitalisierung wieder verschoben wird. Damit fehlt in Zukunft die Datenbasis, um Rentenreformen auch sicher durchführen zu können. Das ist angesichts der demografischen Veränderungen und der Notwendigkeit der Änderungen in der Rente verantwortungslos.
Also: Wir als Union machen heute bei diesem Gesetz mit. Aber das heißt nicht, dass wir Ihr Tohuwabohu in der Gesetzgebung gutheißen. Das machen Sie ja leider in anderen Bereichen auch – Stichwort „Heizungsgesetz“, „Klimagesetz“, „Haushaltsgesetz“ oder wie in dieser Woche „Solargesetz“.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Aber wie heißt es so schön? Politik ist die Kunst des Machbaren. Wenn Sie das ein bisschen beherzigen würden, wäre schon viel gewonnen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Kollegin Anja Schulz aus der FDP-Fraktion gibt ihre Rede zu Protokoll.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Somit ist die nächste Rednerin Ulrike Schielke-Ziesing für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7610694 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 166 |
Tagesordnungspunkt | EM-Bestandsrentenverbesserungsauszahlungsgesetz |