25.04.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 166 / Tagesordnungspunkt 20

Jürgen LendersFDP - Cannabis-Grenzwerte im Straßenverkehr

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gleich vorweg: Wer zur Tüte greift, muss gleichzeitig die Finger vom Steuer lassen!

(Zuruf von der AfD: Jawohl!)

Das ist ein Grundsatz, von dem werden wir nicht abweichen.

Meine Damen und Herren, ich muss meiner Kollegin Michaelsen recht geben: Das, was die Union will, ist am Ende eine Debatte über die Drogenpolitik in Deutschland. Sie führen einen Stellvertreterkrieg und nichts anderes.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das ist, geschenkt, Ihr gutes Recht. Vielleicht lässt sich Ihre Aufregung beim Straßenverkehrsrecht damit erklären, dass bei Ihnen die Erkenntnis schon gewachsen ist, dass Sie auch zukünftig keine Mehrheit im Deutschen Bundestag mehr haben werden, um die Legalisierung von Cannabis rückgängig zu machen; das erklärt vielleicht ein bisschen die Aufgeregtheit.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der AfD – Zuruf von der AfD: Das wird sich erst noch zeigen!)

Meine Damen und Herren, Sie fordern einen Grenzwert von 1 Nanogramm pro Milliliter. Mit diesem Wert lässt sich am Ende nur feststellen, ob jemand überhaupt mal Cannabis konsumiert hat. – Herr Müller nickt. Jetzt versuche ich, Ihnen das am Beispiel Alkohol zu erklären.

(Florian Müller [CDU/CSU]: Sie dürfen das nicht miteinander vergleichen!)

Das ist ungefähr so, als würden Sie bei einem Alkoholtest 0,01 Promille feststellen und daraus den Schluss ziehen: Der Mann oder die Frau hat irgendwann mal Alkohol getrunken, darum müssen wir ihn oder sie sanktionieren. – Das würden Sie doch nicht wollen, Herr Müller; das ist doch nicht das, was Sie wollen.

(Florian Müller [CDU/CSU]: Lesen Sie doch erst mal die Studie! Schlimm!)

– Ich habe Ihren Antrag gelesen.

Meine Damen und Herren, wir werden einen Grenzwert festlegen, bei dem sichergestellt ist, dass es keinen Einfluss, auch nicht den geringsten Einfluss, auf das Fahrverhalten gibt.

(Florian Müller [CDU/CSU]: Das ist nicht sichergestellt! Das ist überhaupt nicht sichergestellt! Unglaublich!)

Meine Damen und Herren, Herr Müller, im Straßenverkehrsrecht gilt nichts anderes. 3,5 Nanogramm pro Milliliter, von denen jetzt die Rede ist, bedeuten: Wenn Sie in eine Verkehrskontrolle kommen und Sie beim Test über diesen Grenzwert kommen, dann werden Sanktionsmaßnahmen fällig, auch wenn es gar keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit gab,

(Florian Müller [CDU/CSU]: Ja! Sie können beeinträchtigt sein!)

auch wenn es überhaupt keine Auffälligkeiten gab, Sie nicht Schlangenlinien gefahren sind, überhaupt nichts,

(Florian Müller [CDU/CSU]: Beeinträchtigt und ein Risiko für andere!)

keine erweiterten Pupillen haben, überhaupt nichts. Wir unterstellen, dass es ab 3,5 Nanogramm pro Milliliter einen Einfluss auf Ihr Fahrverhalten gibt. Darunter aber eben nicht, und dann dürfen Sie auch Auto fahren.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Florian Müller [CDU/CSU]: Ist aber falsch!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, Sie wollen Menschen bestrafen, die sich nichts, aber auch gar nichts vorzuwerfen haben.

(Florian Müller [CDU/CSU]: Nein! Die im Zweifel ein Verkehrsrisiko sein können!)

Die haben nichts falsch gemacht, die haben sich an Recht und Gesetz gehalten,

(Lachen des Abg. Florian Müller [CDU/CSU])

die haben ordentlich das Fahren und den Konsum von Cannabis trennen können. Herr Müller, diese Menschen wollen Sie ohne Not, ohne Grund sanktionieren.

(Florian Müller [CDU/CSU]: Wir wollen Verkehrssicherheit!)

Das machen wir nicht mit. Deswegen werden wir einen Grenzwert einführen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Um auch das mal klar zu sagen, Herr Müller: Wenn es eine konkrete Gefährdungslage gibt, Sie einen Unfall bauen, dann spielt der Grenzwert überhaupt keine Rolle. Das ist übrigens genauso wie beim Alkohol. Bauen Sie einen Unfall und stehen dabei unter Einfluss von Medikamenten, Alkohol oder Cannabis, ist es vollkommen egal, wo der Grenzwert liegt, dann haben Sie nach dem Strafgesetz eine Straftat begangen und werden auch bestraft, Herr Müller. Daran wird sich auch nichts ändern.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Nina Warken [CDU/CSU]: Die Frage ist aber: Warum passiert denn der Unfall?)

Meine Damen und Herren, Sie versuchen, im Straßenverkehrsrecht einen Stellvertreterkrieg zu führen. Es gilt – und dabei bleibe ich –: Wer zur Tüte greift, muss gleichzeitig die Finger vom Steuer nehmen!

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Martina Englhardt-Kopf erhält das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7610727
Wahlperiode 20
Sitzung 166
Tagesordnungspunkt Cannabis-Grenzwerte im Straßenverkehr
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