Michael SchrodiSPD - Wirtschaftspolitik der Bundesregierung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 10. April hat die Union hier einen wirtschaftspolitischen Antrag eingebracht, der zwölf Punkte umfasste. Zwei Wochen später haben es gerade einmal drei dieser zwölf Punkte in einen Antrag, der nun sieben Punkte umfasst, geschafft. Sie wollen ja, dass wir unseren vermeintlichen Richtungsstreit beenden. Werden Sie sich doch erst mal klar, mit welchen Forderungen Sie letztendlich an uns herantreten wollen. Dann können wir auch ernsthaft über Ihre Vorschläge diskutieren, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Reinhard Houben [FDP])
Die einzige Konstante, die Sie haben, ist Ihre falsche, die gefährliche Erzählung, Deutschland sei der kranke Mann Europas. Christian Lindner und andere Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung haben das zu Recht zurückgewiesen – aber nicht nur sie. Es ist schon genannt worden: In dieser Woche war Bundesbankpräsident Joachim Nagel bei uns. Herr Linnemann, Sie waren übrigens nicht bei diesem Treffen. Joachim Nagel hat da deutlich gemacht: Das ist eine glatte Fehldiagnose und auch gefährlich. Deutschland ist nicht der kranke Mann Europas.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Der ifo-Geschäftsklimaindex – er ist ja genannt worden – steigt nun zum wiederholten Male an. Herr Linnemann, das war ja viel Pathos, noch viel mehr Rückschau ins letzte Jahrtausend, aber sehr wenig Substanz zu der Frage, was die Wirtschaft heute wirklich braucht. Da müssen Sie wirklich nacharbeiten, Herr Linnemann, wenn Sie ernsthafte Diskussionen führen wollen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ja, wir müssen einiges tun, damit der Wirtschaftsstandort Deutschland in Zukunft fit bleibt. Sie kommen mit einem Sieben-Punkte-Spiegelstrich-Antrag daher, wobei übrigens fünf der Punkte das Steuerrecht betreffen. Diese will ich auch noch mal kurz aufgreifen.
Sie wollen, dass wir den Grund- und Kinderfreibetrag in gleichem Maße wie das Bürgergeld anheben. Sie wissen doch ganz genau, dass die Bundesregierung das vorsieht, sogar rückwirkend, wie es verfassungsrechtlich auch für das Jahr 2024 notwendig ist. Sie schreiben das hier rein, als wäre das eine Neuigkeit. Das machen wir; gar keine Frage.
Genauso, Herr Linnemann, Gesetz zum Abbau der kalten Progression: Nicht seit 2018, sondern seit 2012 gibt es dieses Gesetz. Alle zwei Jahre gibt es einen Progressionsbericht und einen Ausgleich der kalten Progression. Auch hier sollten Sie einmal genauer hinschauen, wenn Sie so etwas zum Thema der kalten Progression behaupten.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Es kommen die alten Erzählungen von Steuersenkungen mit der Gießkanne, aber kein Wort zur Gegenfinanzierung. 30 Milliarden Euro zusätzliche Mindereinnahmen ohne ein Wort zur Gegenfinanzierung. So kann man keine seriöse Wirtschaftspolitik machen, meine sehr geehrten Damen und Herren der CDU/CSU.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Übrigens, der Bundesfinanzminister hat zuletzt auch noch mal ganz gute Vorschläge vorgetragen,
(Konstantin Kuhle [FDP]: So ist es!)
wie man steuerlich richtige Anreize für Wirtschaftswachstum setzen kann, nämlich indem wir die Instrumente aus dem Wachstumschancengesetz, das übrigens von Ihnen über Monate aufgehalten wurde, fortführen.
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Das war ein Wachstumschancengesetzchen!)
Steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten verbessern, steuerliche Forschungsförderung, Steuergutschriften, die Investitionsprämie – all das sind steuerliche Anreize, die Unternehmen dann bekommen, wenn sie tatsächlich investieren. Das sind die richtigen Schritte, die wir in dieser Ampelregierung weiter gemeinsam vorantreiben wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Reinhard Houben [FDP])
Wenn Ihr Antrag aber ein Gutes hat, dann, dass wir darüber reden können, wo beispielsweise internationale Organisationen wie OECD oder IWF, aber auch nationale Wirtschaftsforschungsinstitute denn tatsächlich die strukturellen Herausforderungen für zukünftiges Wirtschaftswachstum sehen und welche Maßnahmen sie empfehlen. Ich kann Ihnen eins sagen: Nichts von dem, was in Ihrem Antrag steht, ist dadrin.
Um was wird es gehen? Ich denke an das Thema Fachkräftemangel, das wir schon bei der Zuwanderung angegangen sind, aber auch durch das Heben von Erwerbspotenzial in Deutschland gerade bei Frauen; hier standen Sie jahrelang auf der Bremse.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ich denke an das Thema Digitalisierung, auch in der Finanzverwaltung, vor allem aber bei der Frage der Infrastruktur, wozu DGB und BDI schon 2019 gesagt haben: Wir brauchen milliardenschwere zusätzliche Investitionen in die erneuerbaren Energien, in die Verkehrsinfrastruktur, in die Bildung und in die Digitalisierung. Das sind die Standortbedingungen, die diese Ampel schon verbessert hat und weiterhin verbessern wird.
Zu alldem steht aber nichts in Ihrem Antrag. Deswegen lehnen wir ihn ab und bleiben an den wichtigen Punkten auch in Zukunft dran.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7610773 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 167 |
Tagesordnungspunkt | Wirtschaftspolitik der Bundesregierung |