26.04.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 167 / Zusatzpunkt 12

Matthias MierschSPD - Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da ist die junge Aktivistin, die zu mir sagt: Herr Miersch, Sie machen nicht genug für Klimaschutz! Da ist die Frau, die nach einer Veranstaltung zum Heizungsgesetz sagt: Herr Miersch, wie schaffe ich das eigentlich, mir eine moderne Heizungsanlage zu leisten und zu installieren? Und da ist der junge Bürgermeister aus meinem Wahlkreis, der sagt: Matthias, ich versuche hier gerade, Windkraft aufzubauen. Aber es ist richtig hart, gegen die sich bildenden Initiativen zu kämpfen.

Warum sage ich das am Anfang dieser Rede zum Klimaschutzgesetz? Ich habe die große Ehre gehabt, in der Großen Koalition mit einigen von der CDU/CSU, aber auch gegen einige von der CDU/CSU das Klimaschutzgesetz für die SPD durchgesetzt zu haben.

(Beifall bei der SPD – Andreas Jung [CDU/CSU]: Wie bei der SPD!)

Und ich habe in den letzten Wochen, ich glaube, wie bei keinem anderen Gesetz, mit den Freundinnen und Freunden der FDP und den Grünen an der Weiterentwicklung gearbeitet. Meine feste Überzeugung ist: Wir können leidenschaftlich über CO2-Emissionen streiten. Wir können leidenschaftlich über Ziele streiten. Aber das Entscheidende ist die Frage, wie wir diese Ziele erreichen und mit welchen Maßnahmen wir sie erreichen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Das haben wir gemeinsam auf den Weg gebracht!)

Und da muss ich Ihnen leider widersprechen, Herr Kollege Jung: Kein Gramm CO2 mehr darf ausgestoßen werden nach dem weiterentwickelten Klimaschutzgesetz gegenüber dem vorherigen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Andreas Jung [CDU/CSU]: Auf dem Papier!)

Aber wir stellen fest, dass gerade in den Bereichen, wo jede und jeder unmittelbar spürt, was Klimaschutz bedeutet – das sind der Gebäudebereich und der Verkehrsbereich –, Programme manchmal länger brauchen. Das haben wir schon beim Heizungsgesetz gesehen. Da haben wir eben nicht gesagt: „Wir reißen funktionierende Heizungen raus“, sondern: „Wir machen eine kommunale Wärmeplanung,

(Christian Dürr [FDP]: Richtig!)

wir machen ein Förderprogramm. Und Bürgerinnen und Bürger können sich darauf einstellen.“ Deswegen brauchen wir die Flexibilität der Sektoren untereinander, die wir jetzt herstellen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Aber – das habe ich hier schon in der ersten Lesung gesagt – wir waren nicht zufrieden damit, dass bestimmte Sektoren nicht das erfüllen, was ihnen auch in der novellierten Fassung nach wie vor aufgegeben wird. Deswegen bin ich froh – Katharina Dröge, man kann ja die einzelnen Anteile an der Novelle betonen –, dass es uns gelungen ist, das, was die Europäische Union beschlossen hat, jetzt auch in das nationale Klimaschutzgesetz zu transformieren,

(Andreas Jung [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!)

nämlich das sogenannte Effort Sharing, was vorsieht, dass vor allen Dingen auch die Bereiche „Verkehr“ und „Gebäude“ jährliche Minderungsziele erreichen müssen. Machen sie das nicht, droht, dass die Kommission die Bundesregierung verpflichtet, nachsteuern zu müssen. Dieser Mechanismus ist hier jetzt implementiert worden, und zwar dadurch, dass wir den Expertenrat damit beauftragen, uns diese Daten genau aufzubereiten, die für die Erreichung dieser Ziele notwendig sind.

(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Ja, warum schaffen Sie es dann auf nationaler Ebene ab? Warum schaffen Sie die Verbindlichkeit auf nationaler Ebene ab?)

Damit schaffen wir mehr Verbindlichkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Wenn wir dieses nicht schaffen, dann drohen hohe Strafzahlungen.

(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Ja, eben! Genau! Deswegen müssen Sie die Verbindlichkeit behalten!)

Von daher ist die gesamte Bundesregierung – Andreas Jung, das ist das Entscheidende: die gesamte Bundesregierung – in der Pflicht und nicht nur einzelne Ressorts. Das ist entscheidend, und das werden wir überprüfen. Diesen Mechanismus etablieren wir, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Ja, warum schaffen Sie dann die Verbindlichkeit ab? Das ist komplett unlogisch!)

Jetzt komme ich zu dem, was ich am Anfang gesagt habe: Die Maßnahmen sind so entscheidend. – Lieber Andreas Jung, da müssen wir dann schon sagen: Was heißt das denn konkret?

(Christian Dürr [FDP]: Genau!)

Wir schaffen im Moment im Energiesektor richtig Luft, weil wir augenblicklich so viele Erneuerbare an den Start bringen, wie wir es in der Großen Koalition leider aufgrund Ihrer Interventionen nicht geschafft haben. Aber der Ausbau der Erneuerbaren ist der Schlüssel für jeden anderen Sektor, die Klimaziele zu erreichen. Das ist entscheidend, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Christian Dürr [FDP] – Zuruf des Abg. Andreas Jung [CDU/CSU])

Was bieten Sie denn aktuell an? Sie zetteln eine Debatte über die Atomkraft an und fabulieren jetzt wieder über Laufzeitverlängerungen.

(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Das eine schließt das andere überhaupt nicht aus! Wir brauchen alle Energien!)

Sie haben bei der Laufzeitverlängerung 2011/2012 gesehen, wie die Erneuerbaren in den Keller gegangen sind; das ist die Realität. Sie sind keine Klimaschützer! Sie handeln gegen die erneuerbaren Energien, wenn es konkret um Dinge geht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Christian Dürr [FDP] – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Und wir importieren noch fossile Energie! Das ist auch „klimafreundlich“!)

Das Zweite. Wir haben in dieser Ampelkoalition das erste Mal den Gebäudebereich richtig angefasst. Wir haben bei den Debatten um das Heizungsgesetz gesehen, wie toxisch gesellschaftspolitische Debatten laufen und wie populistisch bestimmte Dinge aufgegriffen werden. Sie sagen bis heute: Wir brauchen das Heizungsgesetz nicht. Wir brauchen die kommunale Wärmeplanung nicht.

(Andreas Jung [CDU/CSU]: Nee, nee, nee! Also, bitte nicht falsch zitieren! Nicht falsch zitieren!)

Sie setzen darauf, dass es einen Emissionshandel gibt. Sie wollen den Preis so teuer machen, dass Leute sich Heizen nicht mehr leisten können.

(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Das ist doch überhaupt nicht wahr! Immer wieder verbreiten Sie diese Lüge hier im Bundestag! Das ist überhaupt nicht wahr!)

Das ist unsozial, das ist nicht unser Weg, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/CSU)

Dann stellen Sie sich hierhin und sagen: Der Verkehrssektor muss mehr liefern. – Katharina Dröge hat eben darauf hingewiesen: Wo sind eigentlich – die anderen sitzen ja hier immer nicht bei diesen Debatten – die Klimaschutzbewegten? Es gibt nicht viele bei Ihnen in der CDU/CSU. Aber die, die jetzt hier sitzen, spreche ich jetzt direkt an.

(Andreas Jung [CDU/CSU]: Klimakanzler!)

Wo ist Ihr Widerspruch, wenn die CDU/CSU jetzt wirklich versucht, das Verbrenner-Aus auf europäischer Ebene aufzuheben? Das wäre eine Katastrophe, meine sehr verehrten Damen und Herren. Dazu müssten Sie sich äußern.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie sind sogar beim Parteitag der EVP mit diesem Antrag gescheitert. Gott sei Dank waren andere konservative Parteien in Europa in der Lage, diesen Vorstoß abzuwehren. Das hätten Sie verhindern müssen, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Christian Dürr [FDP])

Diese drei Beispiele habe ich gebracht,

(Andreas Jung [CDU/CSU]: Wenig über das Gesetz gesprochen!)

weil das Entscheidende ist, dass wir die Sektorziele in diesem Klimaschutzgesetz so aufstellen –

(Andreas Jung [CDU/CSU]: „Nie wieder werden wir es einem Minister durchgehen lassen!“ Matthias Miersch!)

die sind nicht weg; es gibt auch nach wie vor einen Nachsteuerungsmechanismus – und die 2030-Ziele genau so bestehen lassen,

(Andreas Jung [CDU/CSU]: Auf dem Papier! Auf dem Papier! – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Sie lassen sich einen Freibrief geben!)

wie wir sie im ursprünglichen Klimaschutzgesetz haben, dass wir genau diese Ziele erreichen. Und dann machen wir mal eine Rechnung: Sie streiten hier für ein altes Gesetz mit Maßnahmen, die alles schaffen, aber niemals die Einhaltung der Klimaziele. Insofern ist diese Reform richtig, und die Maßnahmen, die wir als Ampel machen, sind genau das Richtige, um beides miteinander zu vereinen.

(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Und ist dann auch die Abschaffung der Umweltprämie richtig?)

Das ist praktischer Klimaschutz; und so geht Zukunft.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Die Abschaffung der Umweltprämie ist auch richtig? Die ist nämlich falsch!)

Das Wort erhält Karsten Hilse für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7610783
Wahlperiode 20
Sitzung 167
Tagesordnungspunkt Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta