Katrin ZschauSPD - Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, das Klimaschutzgesetz ist ein sehr wichtiges Gesetz. Manche würden so weit gehen, es als das Kernstück der deutschen Klimapolitik zu bezeichnen. Diese heiß geführte Debatte spiegelt das wider, und ich will im Verlauf meiner Rede versuchen, auf einiges einzugehen.
Ich will aber mit etwas anderem beginnen, nämlich damit, dass ich mir wünschen würde, dass eine Mehrheit der Menschen in unserem Land dieses Gesetz kennt. Ich würde mir wünschen – nein, ich wünsche mir –, dass verantwortungsvolle Erwachsene vor allem unseren Kindern und Jugendlichen erklären, dass das Klimaschutzgesetz konkretisiert, was unser Grundgesetz im Artikel 20a festschreibt, nämlich dass wir als Staat zum Klimaschutz und dabei auch zur Herstellung von Klimaneutralität verpflichtet sind.
(Beifall bei der SPD)
Unser höchstes Gericht hat bestätigt, dass wir als Parlament und Gesetzgeber verfassungsrechtlich zulässig bestimmt haben, dass der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 Grad und möglichst auf 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen ist.
(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Was ist das denn?)
Kinder und Jugendliche müssen einordnen können, dass eine Partei, die dieses Ziel andauernd infrage stellt
(Abg. Karsten Hilse [AfD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
– ich sage schon gleich Nein – und dabei aktiv den menschengemachten Klimawandel leugnet, mit ihrer Politik wissentlich gegen das Grundgesetz verstoßen will.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Familien sollten sich dadurch geschützt fühlen, dass kluge, verantwortungsvolle und vernünftige Richterinnen und Richter am Bundesverfassungsgericht uns als Parlament und Gesetzgeber ebenso dazu verpflichtet haben, im Rahmen internationaler Abstimmungen auf Klimaschutz hinzuwirken.
Klar ist aber: Viele Bürgerinnen und Bürger stehen der aktuellen Klimaschutzpolitik sehr kritisch gegenüber, und ich meine damit nicht diejenigen, denen unser erzielter Kompromiss bei der Reform des Klimaschutzgesetzes nicht weit genug geht. Ich spreche von Bürgerinnen und Bürgern und insbesondere von den Jugendlichen in unserem Land, die aktuell Klimaleugner wählen würden, aber auch von vielen, denen die Themen Energie-, Wärme- und Mobilitätswende über den Kopf wachsen. Ich rede davon, dass es in Deutschland und Europa seit über einem Jahr eine starke klimapolitische und gesamtökologische Gegenreaktion gibt.
Wir müssen anerkennen, dass sich die allermeisten Menschen wünschen, dass wir mindestens drei Dinge gleichzeitig hinbekommen: Klimaschutz, kein Wohlstandsverlust und wenig Änderungen im eigenen Lebensumfeld und in den Lebensabläufen. Mit dem Wunsch ist verbunden, dass wir vor allem technische, zeitlich berechenbare und ökonomische Lösungen finden. Ich sage: Nur wenn wir hierbei gründlich vorgehen, schaffen wir überhaupt die Voraussetzung, gleichzeitig über ordnungsrechtliche Maßnahmen, zum Beispiel über ein Tempolimit, reden zu können.
Wenn wir nicht wollen, dass nationale Klimaziele aufgeweicht werden, wie aktuell in Großbritannien, müssen wir ernsthaft – und das ist ein weiterer wichtiger Aspekt – über die Finanzierung von Maßnahmen reden; denn Menschen stimmen der Kehrtwende nur deshalb zu, weil sie befürchten, es sich nicht leisten zu können.
Diese signifikanten Sorgen über die wirtschaftliche Zukunft und die eigenen beruflichen Perspektiven haben junge Menschen auch bei uns, aktuell belegt durch die Trendstudie „Jugend in Deutschland 2024: Verantwortung für die Zukunft? Ja, aber“. Gleichzeitig wird offenbar, wie dieser bröckelnde Zukunftsoptimismus die politischen Präferenzen der sogenannten Generation Z beeinflusst.
Frau Abgeordnete, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der CDU/CSU-Fraktion von Frau Dr. Mannes, wenn ich das richtig gesehen habe?
Zu diesem Zeitpunkt nicht.
Nicht. – Okay.
Entschuldigung. – Eine Kampagne für das Verbrenner-Aus kann nur dann erfolgreich sein, wenn Ziele und Maßnahmen auf dem Weg zur Elektromobilität klar benannt werden. Dabei kann – und es muss auch – über alle Optionen, wie zum Beispiel über E-Fuels, gesprochen werden. Aber es muss realistisch debattiert werden. Norwegen hat mit einem befristeten Subventionspaket die Wende in der Elektromobilität geschafft. Dafür wurde die Kfz-Steuer reduziert, und die Mehrwertsteuer entfiel beim Kauf eines reinen Stromers. Parallel wurde die Ladeinfrastruktur aufgebaut, und selbst im Mietrecht wurde ein Recht auf Laden eingeführt. Vor der Einführung solcher Optionen müssen wir grundlegende Dinge miteinander klären. Das wünschen sich die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land.
Jetzt zu den Fragen. Erstens. Die Reform greift den Gedanken der sektorübergreifenden Gesamtverantwortung auf. Ja, das stimmt, und das organisiert nicht automatisch die kollektive Verantwortungslosigkeit.
Zweitens. Die Pflicht, bei Zielverfehlungen jährlich neue Programme in einzelnen Sektoren aufzulegen, ist nicht die alleinige Antwort. Sie hat nicht dazu geführt, dass wir Klimaziele automatisch einhalten. Ich wünsche mir von der CDU, dass Sie auch sagen, was Sie unter Sofortprogrammen an dieser Stelle verstehen. Welche Maßnahmen sollen es sein?
(Andreas Jung [CDU/CSU]: Wir haben Vorschläge gemacht! Biokraftstoffe zum Beispiel!)
– Herr Jung, das sind meiner Meinung nach keine Sofortprogrammlösungen. Das sind genau die generellen Pfade, die wir ohnehin besprechen. Deswegen ist es auch wichtig, dass wir mehr Spielraum haben, weil eben nicht alle Pfade detailliert vorhersehbar und gangbar sind, wie wir uns das ursprünglich im KSG gedacht haben. Matthias Miersch hat es an verschiedenen Stellen ausgeführt.
Ja, wir wählen den richtigen Ansatz, dass Sektoren einander aushelfen. Aber ich will noch mal betonen: Das darf nicht zu einer unfairen Lastenverteilung führen. Der Handlungsdruck, der besonders auf den Sektoren „Gebäude“ und „Verkehr“ lastet, verringert sich durch diese Reform nicht. Denn es wäre ja auch problematisch, zu denken, dass die Übererfüllung der einen die Trägheit der anderen Sektoren automatisch und längerfristig ausgleichen soll. Mit Blick auf die bestehenden europäischen Verpflichtungen gibt es diese Form von Verrechnung überhaupt nicht. Nicht eingehaltene Ziele, richtigerweise gesagt, ziehen Strafzahlungen nach sich, und das wollen wir natürlich nicht.
(Zuruf des Abg. Dr. Thomas Gebhart [CDU/CSU])
Gerade deshalb haben wir die europäischen Vorgaben nach der EU-Klimaschutzverordnung in das Klimaschutzgesetz integriert. Damit schaffen wir Transparenz über die europäischen Verpflichtungen für die Öffentlichkeit, und zum anderen ermöglicht uns dies eine stärkere parlamentarische Auseinandersetzung mit der Frage, ob Deutschland wirklich so auf Kurs ist, wie es bislang der Fall war.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Ich komme zum Schluss. – Ich will sagen: Dieses Gesetz ist ein Kompromiss, zu dem wir an der Stelle fähig sind. Ich rufe wirklich alle auf, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Für eine Kurzintervention erteile ich das Wort dem Abgeordneten Hilse.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7610792 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 167 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes |