26.04.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 167 / Zusatzpunkt 12

Anja WeisgerberCDU/CSU - Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das Klimaschutzgesetz ist das Herzstück der deutschen Klimaschutzgesetzgebung. Seine Aufweichung ist seit Langem Streitthema in der Bundesregierung, und auch bei diesem Thema läuft es genauso wie bei vielen anderen strittigen Vorhaben der Ampelregierung: Erst wird lange und unversöhnlich unter den Koalitionären über dieses Thema gestritten. Dann wird der Gesetzentwurf unter Missachtung aller Gepflogenheiten durch das Parlament in Windeseile durchgepeitscht. Die Bürger werden bei dem ganzen Prozess nicht mitgenommen,

(Zuruf der Abg. Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

und am Ende ist für das Klima nichts gewonnen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sehr geehrte Damen und Herren von der Ampelregierung, aus der Pleite beim Heizungsgesetz haben Sie nichts gelernt. Mit der Novellierung entkernen Sie das Klimaschutzgesetz in entscheidenden Punkten.

(Zuruf des Abg. Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Was Sie als große Errungenschaft feiern, ist in Wahrheit ein schwarzer Tag für den Klimaschutz, ist in Wahrheit ein Verlust an Verbindlichkeit.

Nach dem Klimaschutzgesetz wären Sie verpflichtet gewesen, Sofortprogramme zum Klimaschutz vorzulegen, um zeitnah gegenzusteuern, wenn Sie in einem einzelnen Sektor nicht auf Kurs sind. Es hat in unserem Klimaschutzgesetz, das wir mit der SPD beschlossen haben, auch schon eine Flexibilität gegeben. Erzählen Sie doch nicht immer das Gegenteil.

(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Herr Kollege Jung hat doch gerade gesagt, dass sie nie gezogen worden ist!)

Sie wurden zur Vorlage dieser Sofortprogramme vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg verurteilt. Dieser Pflicht werden Sie sich jetzt einfach durch Änderung des Klimaschutzgesetzes entledigen.

(Christian Dürr [FDP]: Was ist denn Ihr Vorschlag, 22 Millionen Tonnen einzusparen?)

Damit dieses leidige Thema schnell vom Tisch ist, wird es mit der Brechstange durch das parlamentarische Verfahren gebracht, ohne eine nochmalige Anhörung in dieser Woche.

Sie werden das Klimaschutzgesetz so ändern, dass Sie bis zum Ende der Legislaturperiode keine zusätzlichen Maßnahmen mehr in Sachen Klimaschutz ergreifen müssen. Warum? Damit sich die politisch Zuständigen leichter aus der Verantwortung stehlen können. Das ist doch die Wahrheit über die Klimapolitik dieser Bundesregierung unter Beteiligung der Grünen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Wahrheit ist doch: Wir haben in unserer Regierungszeit das Klimaziel erreicht, und zwar – das hat auch der UBA-Präsident bestätigt – vor allem wegen unserer Instrumente, sehr geehrte Frau Kollegin Dröge, so zum Beispiel durch Anreize für den Umstieg auf klimafreundliche Technologien,

(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie weit sind Sie damit gekommen?)

durch Fördermittel für energieeffizientes Bauen oder den Umweltbonus für Elektroautos. Diese Fördermittel, zum Beispiel im Baubereich, haben Sie heruntergekürzt und gleichzeitig die Standards erhöht. Den Umweltbonus haben sie ganz abgeschafft. Auch deshalb werden im Moment viel weniger Elektroautos verkauft oder geleast. In unserer Regierungszeit waren die Menschen noch freiwillig dabei und haben Elektroautos gekauft, sind auf die Wärmepumpe umgestiegen. Durch Ihre Entscheidungen werden so viele Ölheizungen eingebaut wie lange nicht. Das ist doch die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben in unserer Regierungszeit auch Sofortprogramme vorgelegt, so zum Beispiel Horst Seehofer für den Gebäudebereich. Noch mal: Wir haben das Klimaziel 2020 erreicht und haben auch jedes Jahr mit Maßnahmen nachgesteuert.

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, aber 2020 kam die Pandemie!)

Ich sage Ihnen Folgendes: Anstatt sich immer wieder an uns abzuarbeiten und auch noch falsche Tatsachen bezüglich der Erreichung der Ziele zu behaupten,

(Christian Dürr [FDP]: Sie wollen Technologien diskriminieren! Sie haben das gerade getan, Frau Dr. Weisgerber!)

machen Sie doch einfach mal in der Gegenwart Ihre eigenen Hausaufgaben, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Ampelregierung! Ich kann es nicht anders sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau das tun wir! – Dr. Lukas Köhler [FDP]: Machen wir doch gleich per Beschluss! – Christian Dürr [FDP]: Was wollen Sie denn noch verbieten? Ölheizungen? Verbrenner? Was kommt noch?)

Aber ganz im Gegenteil: Sie schaffen die Pflicht zur Vorlage von Sofortprogrammen jetzt einfach ab, und das in einem unterirdischen Verfahren. Es wird nicht ausreichend Zeit gegeben. Es gibt keine Anhörung. Das ist keine seriöse Politik. Das ist eine pure Missachtung des Parlaments und auch eine Missachtung von parlamentarischen Verfahren.

Jetzt wird es besonders interessant. Sie nehmen zusätzlich billigend in Kauf, dass der Bundesrepublik Deutschland – und Sie haben sich in Ihren Reden sogar dafür gebrüstet, Herr Kollege Miersch zum Beispiel – in den nächsten Jahren Strafzahlungen in Milliardenhöhe drohen können. Denn Sie können zwar auf nationaler Ebene die Verbindlichkeit aushebeln und die Sektorziele abschaffen, aber im Rahmen des Effort Sharings auf europäischer Ebene – Sie haben es selbst ausgeführt – müssen auch die Sektoren Gebäude und Verkehr Jahr für Jahr ihre Ziele erfüllen, was sie nicht tun. Je nach Höhe des CO2-Preises im europäischen Emissionshandel kommen ab 2027 bis zum Jahr 2030 Strafzahlungen in Höhe von 5 bis 15 Milliarden Euro auf Deutschland zu.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Mein Gott! Frau Weisgerber! – Weiterer Zuruf von der FDP: Das wird nicht passieren!)

Das sind ungeheure Summen, die dann in andere EU-Mitgliedstaaten fließen.

Diese Gelder stehen dann für Investitionen in unserem Land, für Fördermittel nicht mehr zur Verfügung. Diese Gelder könnten Sie aber nutzen, um Sofortprogramme und Förderprogramme aufzulegen. Die streichen Sie aber einfach genauso wie den Umweltbonus.

(Christian Dürr [FDP]: Aber es fehlt in der Rede die Forderung nach Steuererhöhungen! Frau Weisgerber, Sie müssen noch Steuererhöhungen fordern! Sonst ergibt das doch keinen Sinn!)

Sie könnten den Menschen auch Anreize bieten, Sie könnten die Menschen mitnehmen, um freiwillig mehr für den Klimaschutz zu tun. Stattdessen setzen Sie aber auf Verbotsgesetzte wie das Heizungsgesetz.

(Christian Dürr [FDP]: Frau Weisgerber, Sie müssen noch die Vermögensteuer fordern! Und die Aussetzung der Schuldenbremse! Unfassbar!)

Sie machen keine Politik, die die Bürger mitnimmt, weder in der Klimapolitik noch in der Haushaltspolitik. Das ist keine nachhaltige Politik im Sinne der künftigen Generationen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir brauchen einen Faktencheck nach Ihrer Rede!)

Zum Abschluss dieser Debatte erhält das Wort Dr. Nina Scheer für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7610797
Wahlperiode 20
Sitzung 167
Tagesordnungspunkt Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes
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