Nina ScheerSPD - Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Während der ganzen Debatte war von der CDU/CSU ein roter Faden zu erkennen, den ich mal wie folgt zusammenfassen möchte: Sie kritisieren, kritisieren, kritisieren, aber es gibt keinen eigenen Vorschlag. Nein, es gibt keinen eigenen Vorschlag.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Das Gesetz, das wir beschlossen haben! Das Gesetz, das wir beschlossen haben, ist in Kraft! – Andreas Jung [CDU/CSU]: Jede Woche machen wir Vorschläge im Ausschuss, Frau Scheer! – Gegenruf des Abg. Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Die werden nur alle abgelehnt!)
Sie konzentrieren sich immer wieder nur auf das Klimaschutzgesetz und nehmen dieses quasi als Beweis dafür, dass Sie angeblich Maßnahmen verfolgen. Dabei geben Sie einen großen Irrtum, der offenbar in Ihren Reihen vorherrscht, auch zu. Sie vermitteln damit ein falsches Bild und einen falschen Anspruch an das Klimaschutzgesetz. Denn das Klimaschutzgesetz hat eine Verpflichtungsstruktur, es ist aber kein Maßnahmengesetz.
(Beifall der Abg. Katrin Zschau [SPD])
Wenn man Ihrer Logik folgt, dann kann man ganz klar erkennen, was in Deutschland passiert wäre, wenn Sie heute Regierungsverantwortung hätten. Dann hätte das Klimaschutzgesetz wahrscheinlich keine Reform bekommen – man konnte es raushören, dass es keine Novelle zum Klimaschutzgesetz gegeben hätte –, aber es hätte eben auch keine Novelle des Gebäudeenergiegesetzes gegeben, es hätte kein Osterpaket gegeben, es hätte keine Reform des EEG gegeben, es hätte kein Solarpaket gegeben, es hätte keine Vervielfachung des Ausbaus erneuerbarer Energien gegeben.
(Christian Dürr [FDP]: Es hätte keine Planungsbeschleunigung gegeben!)
All diese Maßnahmen, die wir beschlossen haben und die jetzt auch schon Wirkung zeigen, verdienen den Namen „Maßnahmen zur Erreichung von CO2-Minderung“. Allein diese Maßnahmen!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Klimaschutzgesetz ist keine solche Maßnahme; es ist ein Verpflichtungsgesetz. Sie haben diesen Irrtum, dem Sie offenbar wirklich unterliegen, dass das Klimaschutzgesetz selbst eine Maßnahme wäre, immer wieder an die Oberfläche gebracht.
(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Das ist doch Quatsch! 170 Seiten! Über 60 Maßnahmen!)
Man hat hier von Ihnen quasi bewiesen bekommen, dass wir durch Sie mit dem Klimaschutzgesetz wahrscheinlich in eklatante Strafzahlungen hineinmanövriert worden wären, weil Sie ja gar keine Maßnahmen auf den Weg gebracht hätten, damit die Klimaschutzgesetzziele erreichbar gewesen wären.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
In der Tat – das hat auch die Dauer der Verhandlungen gezeigt – gab es durchaus auch Punkte, die wir am Gesetzentwurf, wie er in das Parlament eingebracht wurde, kritisch gesehen haben. Wir haben dann intensiv beraten. Wir hatten ja auch eine Anhörung. Gerade wurde auch bestritten, dass es die gegeben hätte. Natürlich hatten wir eine Anhörung.
(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Eine nochmalige Anhörung! Ein nochmalige!)
Da gab es auch viele sehr kritische Stimmen, und darauf wurde in den Verhandlungen reagiert. Also: Natürlich haben wir auch nachgebessert. Und gerade die EU-Sektorverpflichtungen sind jetzt in das Klimaschutzgesetz integriert worden. Insofern haben wir jetzt sehr wohl noch sektorspezifische Anhaltspunkte in unserem Klimaschutzgesetz, sodass wir uns in der Sektorverantwortlichkeit noch mal anders aufstellen können.
Wir sind im Übrigen die Expertenratsfrage noch mal gründlich angegangen, sodass der Expertenrat noch mehr zur Erreichbarkeit und Erfüllung der Verpflichtungen, die mit dem Klimaschutzgesetz gegeben sind, leisten kann. Wir haben zudem auch den Bundestag gestärkt. Wir haben in § 3 des Klimaschutzgesetzes ja auch eine Verordnungsermächtigung integriert, in der es um technische Senkungen geht. Uns war gerade als SPD-Fraktion sehr daran gelegen, dass wir in diesem großen Bereich – und das wird ja ein durchaus sehr verzweigter und damit auch großer gesetzgeberischer Bereich werden – nicht die gesetzgeberische Hoheit aus der Hand geben und das einfach auf den Weg von Verordnungsermächtigungen delegieren, sondern da behalten wir als Bundestag durch die Zustimmungspflichtigkeit zu den Verordnungen das Lenkrad in der Hand. Da haben wir uns also auch noch mal eingemischt. Insofern hat es sehr wohl, wie Sie hören, einige Veränderungen gegeben, die wir im Laufe des Verfahrens auf den Weg gebracht haben.
Schließen möchte ich mit noch einem weiteren Aspekt – ich habe das schon angerissen –: über die Frage des Verständnisses, das vonseiten der CDU/CSU fälschlicherweise an das Klimaschutzgesetz angelegt wird. Ich möchte das noch mal etwas vertiefen. Ich als Abgeordnete bin jetzt seit etwas über zehn Jahren Mitglied des Deutschen Bundestages, in der dritten Legislatur. Ich habe zwei Koalitionen mit der CDU/CSU erlebt und durchlebt,
(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und überlebt!)
und es war manchmal schon eine große Herausforderung.
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Genau, und jetzt ist alles besser! Jetzt ist alles besser!)
Wenn wir den Ausbau der erneuerbaren Energien durch gesetzgeberisches Handeln gerne beschleunigt hätten und sicher und verlässlich auf den Weg bringen wollten, wenn wir wieder einen Booster in ein Gesetz reinbringen wollten,
(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Booster? Das war beim Impfen! – Martin Reichardt [AfD]: Impfbooster und jetzt Klimabooster!)
noch mal eine Beschleunigung, noch mal reagieren wollten, haben wir immer die – man sagt dann ja eigentlich: „rote Karte“ – schwarze Karte von Ihnen bekommen; wir haben immer das Stoppschild bekommen. Wir mussten alles hart erringen.
Wir haben anderthalb Jahre darum ringen müssen, dass die Deckelung der Förderung des Solarenergieausbaus auf 52 Gigawatt, die unter Schwarz-Gelb beschlossen worden war, weil man wohl dachte, bis dahin sei die Solarenergie vielleicht ausreichend gefördert, abgeschafft wird.
(Andreas Jung [CDU/CSU]: Das war der Sigmar Gabriel! Das war auch nichts!)
– Nein, dieser Deckel ist unter Schwarz-Gelb reingekommen. Wir wollten den abschaffen. Wir mussten anderthalb Jahre mit Ihnen darum ringen, dass dieser Deckel abgeschafft wird. Wir hätten heute sonst überhaupt keine Solarförderung mehr; die gäbe es nicht mehr. Dann wären wir dem Dumping, das wir zum Beispiel von chinesischer Seite erleben, komplett ausgeliefert.
Meine Redezeit ist zu Ende, aber ich könnte noch Stunden darüber reden, –
Nein.
– was wir an Blockaden durch die CDU/CSU erlebt haben. Das ist kein verantwortbarer Klimaschutz.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7610798 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 167 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes |