15.05.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 168 / Zusatzpunkt 1

Steffen BilgerCDU/CSU - Aktuelle Stunde: Kernkraft-Aus - Vorgänge um BM Habeck und BMn Lemke

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch nach zwei Ausschusssondersitzungen, nach den heutigen regulären Ausschusssitzungen, nach dem, was wir in dieser Aktuellen Stunde bisher gehört haben, steht weiter der Verdacht im Raum, dass bei der Entscheidung über den möglichen Weiterbetrieb der Kernkraft inmitten einer nie dagewesenen Energiekrise nicht die Fakten und Notwendigkeiten zählten, sondern dass knallhart Parteipolitik durchgesetzt wurde, dass von „ergebnisoffener Prüfung“, wie so schön gesagt wurde, bei einer Frage mit enormer politischer, wirtschaftlicher und übrigens auch sozialer Auswirkung – Stichwort „Energiepreise“ – mitnichten die Rede sein konnte.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Habeck, Sie haben heute die Chance verpasst, Licht ins Dunkel zu bringen.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Allerdings!)

Sie haben stattdessen allgemeine energiepolitische Ausführungen gemacht. Sie haben nichts dazu gesagt, wie konkret der Prüfvermerk im März 2022 zwischen den beiden beteiligten Ministerien erstellt wurde. Sie konnten nicht die Vorwürfe ausräumen, dass Sie möglicherweise Parlament und Öffentlichkeit getäuscht haben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Leif-Erik Holm [AfD] – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: So ist es! Genau so!)

Der Begriff „Transparenz“ – wir haben ihn gerade mehrfach gehört – klingt in diesem Zusammenhang wie der reinste Hohn; das muss ich wirklich deutlich sagen. Das ist umso erstaunlicher, da es hier um das Handeln von Steffi Lemke und Robert Habeck geht, zwei grünen Ministern, deren Partei das Thema Transparenz wie eine Monstranz vor sich her trägt. Ich habe mal nachgeschaut: Ganze 34-mal steht der Begriff „Transparenz“ zum Beispiel in Ihrem aktuellen Europawahlprogramm.

Herr Habeck, es muss Ihnen doch einfach nur peinlich sein, dass Ihnen ein Verwaltungsgericht sagen muss, was Transparenz ist und wie Sie die Öffentlichkeit, wie Sie die Medien zu informieren haben.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aber ein schwieriges Verhältnis zur Transparenz hat offensichtlich auch Bundesumweltministerin Lemke. Zur Sondersitzung des Umweltausschusses, die wir in der letzten Sitzungswoche beantragt haben, gab es 40 dünne Seiten Tischvorlage. Zwei Wochen später haben wir nach mehrfacher Aufforderung wenigstens die Unterlagen vorliegen, die der „Cicero“ schon im September 2022 übersandt bekommen hat. Herzlichen Dank dafür! Aber auf weitere Unterlagen warten wir nach wie vor. Ein umfassendes Bild über die tatsächlichen Abläufe im Jahr 2022 können wir uns erst machen, wenn diese Unterlagen da sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist zwingend erforderlich. Denn die Vorwürfe, die sich an das Haus von Steffi Lemke richten, sind schwerwiegend.

Die Fragen lauten im Kern: Nimmt das Bundesumweltministerium seine Aufgaben im Rahmen der Atomaufsicht neutral und unabhängig wahr, oder handelt es auf politische Weisung? Werden dafür Fragen erst gar nicht gestellt, geschweige denn geklärt? Werden Fakten bewusst ausgeblendet? Beim Umgang mit der Kerntechnologie darf die Sicherheit nie zur Disposition stehen. Aber umso wichtiger ist es, dass die Menschen wissen: Diejenigen Stellen, die in unserem Land für nukleare Sicherheit zuständig sind – und das ist nun mal zuvörderst das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz –, handeln nach ihrem gesetzlichen Auftrag, geleitet von Fakten und Fachwissen, und sind über jeden Verdacht erhaben. Das muss doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

An dieser Unabhängigkeit darf es nie einen Zweifel geben. Aber genau die gibt es jetzt. Denn wenn ein nicht mehr im Amt befindlicher grüner Staatssekretär, Herr Graichen, seinem noch im Amt befindlichen grünen Amtskollegen, Herrn Tidow, der für die Atomaufsicht zuständig ist, im kumpelhaften Ton schreibt – ich zitiere –: „So was bräuchte es letzten Endes auch von der Atomaufsicht. Und dann ist die Frage, wer das mal auf welchen offiziellen Briefkopf packt“, dann schafft das doch genau diese Zweifel, meine Damen und Herren: Ging es um eine ergebnisoffene Prüfung technischer und sicherheitstechnischer Fragen oder um grüne Kumpanei, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ihre Fachleute, Frau Lemke, haben am 1. März 2022 aufgeschrieben – ich zitiere erneut –:

„Ob längerfristig ein unterbrechungsfreier Betrieb erfolgen kann, ist ohne Klärung unter Beteiligung der Betreiber, Hersteller und Landesaufsichtsbehörden sowie deren Gutachter nicht zu beantworten.“

Schon zwei Tage später hat Ihr Abteilungsleiter all diese Fragen beantwortet und kommt – große Überraschung! – zu dem Schluss: „Eine Laufzeitverlängerung ist aus Gründen der nuklearen Sicherheit abzulehnen.“

Mit Verlaub: Dieses Beispiel zeigt doch, wie die Sache gelaufen ist: Externe Experten wurden schlichtweg nicht gehört, obwohl die Fachebene dies ganz klar für ein fundiertes Urteil eingefordert hat. Stattdessen kommt die politische Leitungsebene der Abteilung in Rekordzeit zum von der Hausleitung gewünschten Ergebnis. Nichts anderes lassen die uns vorliegenden Akten als Schluss zu.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Frau Lemke und Herr Habeck, die Zweifel, die diese Vorgänge wecken, sind ganz erheblich. Sie werden auch nicht verschwinden, wenn Sie weiter mauern. Sorgen Sie endlich für vollständige Transparenz! Das heißt: Übermitteln Sie alle weiteren relevanten Unterlagen aus Ihren Ministerien und dem Bundeskanzleramt, und zwar ungeschwärzt! Frau Lemke, seit Montagabend wissen wir, dass wesentliche dienstliche Kommunikation mit Ihnen teilweise über eine private Mail-Adresse abgewickelt wird.

(Zurufe von der CDU/CSU: Was?!)

Das ist mehr als fragwürdig.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Wir erwarten Transparenz und die Übermittlung aller relevanten E-Mails. Ansonsten bleibt uns gar keine andere Wahl, als die Vorkommnisse auf andere Weise parlamentarisch zu untersuchen!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Das Wort erhält jetzt Robin Mesarosch für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7611010
Wahlperiode 20
Sitzung 168
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Kernkraft-Aus - Vorgänge um BM Habeck und BMn Lemke
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