Mahmut Özdemir - Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes
Die Koalition freut sich; sehr schön. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In einer vernetzten Gesellschaft wie der unseren sind Daten besonders wertvoll. Deshalb zielen auch Hackerangriffe und Cyberkriminalität systematisch auf das Abschöpfen von personenbezogenen Daten. Gleichzeitig wird die Datenverarbeitung häufig spezialisierten Unternehmen übertragen, während Endnutzerinnen und Endnutzer dies nicht einmal mitbekommen. Es gibt einen ganzen Wirtschaftszweig, der davon profitiert. Die Unternehmen, von denen wir hier reden, legen größte Datenschätze personenbezogener Daten an, die für unsere Wirtschaft, aber leider auch für Kriminelle ganz besonders interessant sein können.
Deshalb ist es so wichtig, dass unser Datenschutz effektiv und rechtlich und technisch auf Ballhöhe ist. Ich freue mich sehr, dass wir mit Louisa Specht-Riemenschneider eine Expertin auf diesem Gebiet als neue Bundesdatenschutzbeauftragte dem Deutschen Bundestag vorgeschlagen haben. Und ich freue mich genauso sehr, dass auch der amtierende Bundesdatenschutzbeauftragte Uli Kelber dieser Debatte auf der Tribüne beiwohnt.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Datenschutz ist längst kein nationales Thema mehr. Denken wir nur an Tiktok oder Meta – Unternehmen, deren Geschäftsmodell allein ist, personenbezogene Daten zu sammeln und auszuwerten, damit Werbekunden ihre Anzeigen zielgerichtet ausspielen können. Das birgt natürlich auch immer die Gefahr des Missbrauchs. Und darauf braucht es eine gemeinsame Antwort der EU und ihrer Mitgliedstaaten; denn es ist eben nicht die Regel, dass Verbraucherinnen und Verbraucher vor einem Kauf Endnutzerlizenzvereinbarungen studieren, sondern sie verlassen sich auf einen guten rechtlichen Rahmen, den der Staat gesetzt hat.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf bauen wir den Datenschutz weiter aus. Wir machen ihn effizienter, transparenter und sicherer für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Damit setzen wir ein weiteres Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag um.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Das neue Datenschutzrecht schafft eine rechtliche Grundlage, damit die Datenschutzaufsichtsbehörden von Bund und Ländern besser zusammenarbeiten und das Datenschutzrecht einheitlicher anwenden. Dafür wollen wir die Datenschutzkonferenz verstetigen, wie wir es im Koalitionsvertrag vereinbart haben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Hinzu kommen klare Vorgaben, wie sich die Aufsichtsbehörden in EU-Angelegenheiten noch besser abstimmen sollen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Datenschutz ist auch Grundrechtsschutz – nicht umsonst hat das Bundesverfassungsgericht das Grundrecht auf Schutz der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme entwickelt; wenn man das unfallfrei aussprechen kann, weiß man, welche Arbeit auch beim Bundesverfassungsgericht dahintergesteckt haben muss –, und um das sicherzustellen, müssen wir auch das Scoring neu regeln. Die Wirtschaft, aber auch einzelne Händler haben durchaus Interesse daran, Bonitätsrisiken ihrer Kunden vorauszusehen und auch bewerten zu können.
Scoring läuft aber zunehmend automatisiert ab, und Schnelligkeit und Wirtschaftlichkeit sind eben keine Kriterien des Datenschutzes. Das kann zu intransparenten Entscheidungen führen, bei denen Verbraucherinnen und Verbraucher nicht nachvollziehen können, warum die Bonität bei Vertragsschluss abgelehnt wurde. Scoring kann auch zu Diskriminierung führen, wenn auch Daten in die Berechnung einbezogen werden, die darin nichts zu suchen haben, wie beispielsweise ethnische Herkunft oder politische Meinung, biometrische Daten, Gesundheitsdaten, persönliche Informationen aus sozialen Netzwerken oder die Wohnanschrift. Da kann es im Zweifel reichen, in der „falschen“ Straße zu wohnen, damit beispielsweise der Antrag auf Ratenzahlung abgelehnt wird.
Das ändern wir und stärken damit die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher: Erstens regeln wir klar, welche Daten keine Rolle spielen dürfen, wenn die Zahlungsfähigkeit einer Person berechnet wird. Zweitens müssen Unternehmen, die Scoring betreiben, künftig selbst mehr Auskünfte zur Verfügung stellen. Und Verbraucherinnen und Verbraucher können diese auch auf direktem Weg einfordern. Allein der Anspruch auf die Herausgabe führt zu einem besseren Interessenausgleich. Das ist handfester Verbraucherschutz, liebe Kolleginnen und Kollegen, der das Dreieck von Staat, Grundrechtsträgerinnen und Grundrechtsträgern und wirtschaftlichen Interessen neu justiert.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich freue mich auf die Beratungen im parlamentarischen Verfahren und werbe dafür, dass wir dieses Gesetz gemeinsam besser machen, aber vor allem zügig beschließen; denn es ist gut für die Wirtschaft, gut für den Datenschutz und damit gut für die Rechte der Bürgerinnen und Bürger. Denn sie sind es, die bestimmen, ob und in welchem Umfang ihnen selbst gehörende Daten zu einem Wirtschaftsgut werden dürfen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der FDP)
Der nächste Redner ist Marc Henrichmann für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7611023 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 168 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes |