Marc HenrichmannCDU/CSU - Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Frage, die sich aufdrängt, ist: Wer schreibt den Vertreterinnen und Vertretern des BMI eigentlich diese Sprechzettel? Man darf sich über die aufgeladene Stimmung in diesem Land gar nicht beschweren, wenn man den Menschen viel verspricht und am Ende in den Gesetzentwürfen eigentlich so gut wie nichts hält.
Wir haben in der Ankündigung von einer besseren Durchsetzung des Datenschutzrechts gelesen und dass die Zusammenarbeit unserer unabhängigen Datenschutzbehörden gestärkt werde. Auch im Koalitionsvertrag steht die Institutionalisierung der Datenschutzkonferenz als großes Ziel. Der Justizminister beklagt: Wir haben unter Umständen 16 unterschiedliche Datenschutzrechte in Deutschland. – Also, Handlungsbedarf gibt es. Und was liefert dieser Gesetzentwurf? Nichts, null Komma null. Die Datenschutzkonferenz wird zwar genannt, aber sie bekommt keine Geschäftsstelle, sie bekommt keine Gelder. Die Rechtsunsicherheit in diesem Land ist riesengroß, und sie wird von der Ampel hier vollkommen ignoriert.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nehmen wir Microsoft 365. Um die Geschichte kurz zu erzählen: 2020 fand die Prüfung statt. Feststellung: nicht datenschutzkonform. Wenige Wochen später: Einige Landesdatenschutzbehörden scheren aus. Zwei Jahre hat es gedauert, bis hier eine einheitliche Linie gefunden wurde. Das ist den Menschen in diesem Land nicht zumutbar. Datenschutz darf nicht unkalkulierbar sein, und die Rechtsunsicherheit darf nicht immer größer werden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Scoring ist angesprochen worden. Auf den Sprechzetteln steht auch die Neuregelung des Scorings, und dass die Rechte der Verbraucher gestärkt werden sollen. Gemeint ist der neue § 37a des Bundesdatenschutzgesetzes. Dabei weiß die Bundesregierung noch nicht mal, für wen sie dieses Gesetz macht. In der Gesetzesbegründung steht: Betroffen von diesem Gesetz sind ungefähr ein Dutzend Unternehmen, die gängigen Scoringunternehmen wie Schufa und andere.
Der Anwendungsbereich des § 37 ist aber so weit gezogen, dass Sie beinahe jeden Wirtschaftsbereich damit treffen.
(Zuruf von der SPD: Gar nicht wahr! – Manuel Höferlin [FDP]: Das stimmt ja gar nicht!)
Das heißt, es dürften Zehntausende von Unternehmen sein – auf der einen Seite Dutzende, auf der anderen Seite Zehntausende. Kein Wunder, dass Bitkom Ihnen sagt: Handwerklich und fachlich ist dieser Gesetzentwurf schlecht gemacht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich finde: Natürlich ist Verbraucherschutz ein hohes Gut. Aber der Anschein, der hier erzeugt wird, dass Scoring das personifizierte Böse ist, ist falsch. Die Betrugsbekämpfung ist ein hohes Gut. Die Versanddienstleister, die Versandhändler sind zum Kampf gegen Identitätsdiebstahl verpflichtet. Dafür brauchen sie Daten, unter anderem auch Adressdaten, um solche Fälle aufzuklären und Menschen vor Identitätsdiebstahl wie auch vor horrenden Preisen und vor wirtschaftlich unkalkulierbaren Risiken zu schützen. Auch das missachten und übersehen Sie vollkommen.
Dann der große Clou auf den Sprechzetteln: Dieses Gesetz spare Bürokratie. Betrachten wir ein Beispiel: Durch die Änderung von § 34 wird eine Interessenabwägung eingeführt. Wenn jemand Auskunft haben möchte, könne diese verweigert werden, wenn schützenswerte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse dagegensprächen. Das Ganze soll also mit einer Interessenabwägung unterlegt werden.
Da wird es dann spannend: Die DSGVO sieht diese Interessenabwägung ausdrücklich nicht vor. Die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse definieren hier die absolute Grenze des Auskunftsrechtes. Es ist auch einigermaßen irre, dass Sie Geheimnisse abwägen wollen. Also, ich muss quasi ein Geschäftsgeheimnis offenbaren, damit es Gegenstand einer Abwägungsentscheidung werden kann. Dann ist das Geheimnis kein Geschäftsgeheimnis mehr. Es ist einfach nur eine Gesetzesverschärfung, die Sie hier auf den Weg bringen, eine Verunsicherung. Das wird Klagewellen ohne Ende nach sich ziehen.
Fazit: Fachlich und handwerklich ist das hier ganz übel gemacht. Bürokratie wird nicht abgebaut, sondern aufgebaut. Die Arbeit der Datenschutzbeauftragten auch in den vielen Unternehmen wird fast unzumutbar erschwert. Da muss Klarstellung her!
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Das Schlussfazit: Sprechzettel haben manchmal nichts mit der Realität zu tun.
(Zuruf von der SPD: Ihr Sprechzettel auch nicht!)
In diesem Verfahren wartet auf uns noch viel Arbeit auf dem Weg zu einem guten Datenschutzrecht.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Wort erhält Misbah Khan für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7611024 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 168 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes |