15.05.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 168 / Tagesordnungspunkt 3

Moritz OppeltCDU/CSU - Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle waren in den letzten zwei Wochen in unseren Wahlkreisen unterwegs oder hätten es zumindest sein sollen. Wenn man dort mit den Unternehmern, den Bürgermeistern, den Vereinsvorsitzenden spricht und sie fragt, was sie am meisten drückt, wo der größte Handlungsbedarf besteht, dann höre zumindest ich immer wieder: bei der Bürokratie und auch beim Datenschutz.

Gerade letzte Woche saß ich wieder mit einem meiner Bürgermeister zusammen. Kleine Gemeinde, kleines Rathaus, das Büro hat drei Zugänge. Der Brandschutz sieht vor, dass das Büro im Ernstfall als Fluchtweg nutzbar sein muss, und deswegen sind alle drei Türen offen. Für den Datenschutzprüfer der höheren Ebene, der kürzlich zur Inspektion vorbeigekommen ist, ist das natürlich ein völlig untragbarer Zustand. Also erging die Vorgabe, dass die Türen nicht nur geschlossen, sondern auch immer verschlossen werden müssen, wenn der gute Mann sein Büro verlässt. Zum Glück ist der Bürgermeister mit gesundem Menschenverstand und auch mit einer gewissen Resilienz ausgestattet, und deswegen wird im Brandfall dort auch zukünftig niemand zu Schaden kommen; denn die Türen bleiben natürlich offen.

Gerade im ehrenamtlichen Bereich führen solche Unklarheiten zu einer tiefsitzenden Frustration und auch Resignation. Die Ehrenamtlichen, die Verwaltungen, die kleinen Unternehmen, aber auch die großen Unternehmen in Deutschland erwarten von Ihnen, liebe Ampelregierung, dass Datenschutz in Deutschland realitätsnah, nachvollziehbar und klar geregelt wird.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Antwort der Ampelregierung auf dieses brennende Bedürfnis der Menschen im Land ist dieser hier vorliegende Gesetzentwurf. Der Gesetzentwurf soll die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder institutionalisieren und so für weniger Bürokratie und mehr Einheitlichkeit sorgen. Die erhoffte Harmonisierung der Auslegung des Datenschutzes zwischen Bund und Ländern bleibt allerdings aus.

(Manuel Höferlin [FDP]: Ja, das geht doch gar nicht mit Unabhängigen! – Abg. Manuel Höferlin [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Die Änderungen beim Scoringprozess sind prinzipiell nicht falsch, aber eben auch kein Durchbruch.

Erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Von wem? Von Herrn Höferlin? Ja.

Entschuldigung. Ich dachte, Sie hätten ihn gesehen.

Herr Kollege Oppelt, vielen Dank, dass Sie die Frage zulassen. – Es wurde wiederholt die Institutionalisierung der Datenschutzkonferenz und die Verbindlichkeit der Beschlüsse von unabhängigen Datenschutzbeauftragten angesprochen. Allein schon die Fragestellung müsste Sie auf den Weg führen. Ich bin sehr gespannt: Wie sieht denn Ihr konkreter Vorschlag aus? Wie sollen wir verfassungsrechtlich ordentlich und im Rahmen der Gesetzgebungskompetenz des Bundes technisch und regulatorisch die Möglichkeit schaffen, dass der Bund einheitliche Entscheidungen herbeiführen kann, wenn wir es doch mit unabhängigen Datenschutzbeauftragten der Länder zu tun haben, die teilweise auch unabhängig von den Landesregierungen agieren, weil sie halt unabhängig sind? Was ist Ihr konkreter Vorschlag, wie wir dort, sosehr wir uns das wünschen – ich teile ja Ihr Anliegen, weil eine Umsetzung wünschenswert wäre –, einheitliche Entscheidungen herbeiführen sollen, wenn wir 17 Datenschutzbeauftragte haben, lauter unabhängige Datenschutzbeauftragte, aber keine Gesetzgebungskompetenz?

Vielen Dank, Herr Höferlin. – Sie haben es gesagt: Wir sind uns ja in der Problembeschreibung einig, und wir sind uns auch in der Analyse einig, dass Ihr Gesetzentwurf hier zu kurz greift. Aber es ist nun mal Aufgabe der Regierung und der Ministerien, Vorschläge auszuarbeiten und sie dem Bundestag vorzulegen.

(Manuel Höferlin [FDP]: Dann braucht man eine Gesetzgebungskompetenz! Es gibt eine Verfassung!)

Sie sind ja an der Regierung, Sie müssten hier einen Gesetzentwurf einbringen. Genau das mache ich hier gerade zum Thema: Durch den Gesetzentwurf, den Sie einbringen, wird die Erwartungshaltung, die gerade die FDP immer bei unseren Unternehmen hervorruft, eben nicht erfüllt.

(Manuel Höferlin [FDP]: Also kein Vorschlag?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, selbst der Deutsche Anwaltverein, also die Vertretung derjenigen, die mit der Beratung zum Datenschutz normalerweise ihr Geld verdienen, sagt, dass Ihr Gesetzentwurf eine Enttäuschung ist. Wenn selbst diese Anwälte sagen, dass es so nicht weitergeht, dann sollte Ihnen das schon zu denken geben.

(Beifall bei der CDU/CSU – Manuel Höferlin [FDP]: Kein Vorschlag!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe es gesagt: Angesichts der dramatischen Lage hätte ich eigentlich erwartet, dass Sie die Gesetzesänderung nutzen, um sich mal ganz grundlegende Gedanken über eine Reform des Datenschutzes in unserem Land zu machen, eine grundlegende Reform, die das deutsche Datenschutzniveau auf das europarechtlich zwingend Notwendige begrenzt, die Zahl der Akteure verringert und nicht noch weitere Institutionen und Akteure auf diesem ohnehin schon unübersichtlichen Terrain schafft. Leider muss man sagen, Herr Höferlin: Diese Chance haben Sie heute verpasst.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Als Ampel haben Sie offensichtlich nicht nur beim Haushalt, sondern eben auch beim Datenschutz nicht die Kraft, echte und spürbare Reformen überhaupt anzugehen. Das ist für uns in der Opposition schon lange kein Grund zur Freude mehr. Es ist schlecht für uns alle, es ist schlecht für unser Land.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Die nächste Rednerin ist Carmen Wegge für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7611028
Wahlperiode 20
Sitzung 168
Tagesordnungspunkt Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes
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