15.05.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 168 / Tagesordnungspunkt 3

Carmen WeggeSPD - Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes

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Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Lieber Professor Ulrich Kelber! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielleicht eines vorweg, vor allem in Richtung Union: Ich würde mir wirklich wünschen, dass Sie diesen Gesetzentwurf noch mal lesen, vielleicht, Herr Henrichmann, auch noch mal Artikel 22 DSGVO. Ich glaube, dann könnten wir kompetentere Auseinandersetzungen führen.

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Oh! Jetzt sind wir aber gespannt auf Ihre Rede! – Marc Henrichmann [CDU/CSU]: Es sind viele Experten, die Ihren Vorschlag zerreißen!)

Ich konzentriere mich in meiner Rede jetzt aber erst mal aufs Scoring. Wer kennt folgende Situationen? Du machst Onlineshopping und wolltest auf Rechnung bestellen, das geht dann aber nicht. Du gehst zu einer Bank und willst einen Kredit aufnehmen, bekommst aber einen anderen Zinssatz vorgeschlagen als deine Freundin? – Das liegt dann höchstwahrscheinlich daran, dass deine Daten von einer Wirtschaftsauskunftei bewertet wurden und der Onlineshop oder die Bank diese Bewertung nutzt.

Wer nicht weiß, was eine Wirtschaftsauskunftei ist: Das sind Unternehmen wie zum Beispiel die Schufa und andere. Diese berechnen mit persönlichen Daten einen Score und empfehlen damit, wie wahrscheinlich man seine Zahlungen auch erfüllen kann. Und wir alle produzieren permanent Daten – darüber, was wir einkaufen, ob wir einen Kredit aufnehmen oder wie oft wir umziehen.

So einen Score zu nutzen, erscheint auch erst mal sinnvoll. Es ist ein gutes Anliegen von Onlineunternehmen und Banken; denn sie wollen ja wissen, mit wem sie es zu tun haben. Wenn sie diese Einschätzung nicht hätten, würde das Geschäft für sie riskanter und die Dinge somit teurer oder die Kreditzinsen höher. Jetzt gibt es aber ein Recht in der DSGVO, das besagt: Jeder Mensch hat das Recht, nicht einer rein automatisierten Entscheidung unterworfen zu sein. So ein Score kann aber eine automatisierte Entscheidung sein. Das hat der EuGH in einem Urteil Ende letzten Jahres noch mal klargestellt.

Deswegen nutzen wir dieses Urteil jetzt, um die Situation der Verbraucher/-innen zu verbessern, und wollen neue Regeln für solche Scores einführen:

(Marc Henrichmann [CDU/CSU]: Ja, Unsicherheit!)

Wir legen fest, welche Daten nicht in einen Score einfließen dürfen, zum Beispiel sämtliche Daten von Personen unter 18 Jahren oder Geodaten wie die Adresse. Denn gerade Adressdaten können bei der Bewertung der Zahlungsfähigkeit einen diskriminierenden Charakter haben. Das lassen wir in Zukunft nicht mehr zu.

(Beifall bei der SPD – Marc Henrichmann [CDU/CSU]: Sie haben nicht mit einer Firma gesprochen!)

Wir schreiben außerdem vor – das ist im Sinne der Transparenz ganz wichtig –, dass Verbraucherinnen und Verbraucher auch in verständlicher Form informiert werden, wie ihre Daten denn genutzt werden. Der neue § 37a BDSG ist damit also erst mal ein guter Aufschlag, über den wir im Gesetzgebungsverfahren sicherlich noch diskutieren werden.

Neben der Regelung zum Scoring enthält der Gesetzentwurf aber noch einige Punkte für Datenschutzliebhaber/-innen wie die Stärkung der Datenschutzkonferenz, die Vereinheitlichung von Prozessen, zielgenauere Zuständigkeiten und die Stärkung der Datenschützer/-innen vom Betrieb bis hin zum BfDI. Sie alle kümmern sich um nicht mehr und nicht weniger als um die Kontrolle und Durchsetzung eines Grundrechts.

Jemand, der sich um dieses Grundrecht in den letzten Jahren besonders gut gekümmert hat, ist Professor Ulrich Kelber. Ich persönlich und auch meine Fraktion haben mindestens zwei weinende Augen, dass Sie bald nicht mehr der Bundesdatenschützer sein werden; denn man sucht lange in Deutschland, um jemanden zu finden, der auf europäischer Ebene und auch hier so renommiert ist. Die ganze Datenschutz-Bubble hat sich sogar Fan-T-Shirts von Ihnen gemacht. Das soll schon was heißen. Das heißt nämlich: Sie haben das Recht auf Datenschutz an allererste Stelle gestellt, egal wem Sie begegnet sind. Das war genau richtig.

Vielen lieben Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Marc Henrichmann [CDU/CSU]: Deswegen hat er so ein schlechtes Image in Deutschland, der Datenschutz!)

Das Wort erhält für die Gruppe Die Linke Dr. André Hahn.

(Beifall bei der Linken)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7611029
Wahlperiode 20
Sitzung 168
Tagesordnungspunkt Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes
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