16.05.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 169 / Tagesordnungspunkt 7

Julian PahlkeDIE GRÜNEN - 75 Jahre Europarat

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Demokratinnen und Demokraten! Vorweg: Ich finde es ja spannend, wenn aus der AfD-Fraktion hier adressiert wird, dass man im Europarat offenlegen sollte, wer eigentlich wovon profitiert. Der einzige Abgeordnete aus der deutschen Delegation zum Europarat, der keine Interessenserklärung vorgelegt hat, ist Petr Bystron, weil er verschweigen möchte, woher er Spenden bekommt, woher er Geldgeschenke bekommt, weil die AfD verheimlichen möchte, von wem sie sich schmieren lässt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Heute Morgen sind zwei Debatten aufgesetzt worden: einerseits zum Jubiläum des Europarates und andererseits zum Jubiläum des Grundgesetzes. Ich finde das bemerkenswert; denn der Europarat wurde gegründet aus der Lehre, nachdem deutsche Nazis diesen Kontinent in seine finstersten Jahre gestürzt hatten.

Ich bin Teil der zweiten Generation, die diese schrecklichen Jahre des Naziterrors nicht mehr erlebt hat. Und gerade deswegen empfinde ich es als persönliche Verpflichtung als Mitglied im Europarat, diese historischen Lehren zu verteidigen, die ein System für Demokratie und Grundrechte geschaffen haben. Menschenrechte sind die Nulllinie, von der aus die Menschenwürde definiert werden muss.

Wer den Europarat überwinden will, der will auch die Erinnerung an den Naziterror vergessen und umgekehrt. Und doch gerät eben genau dieses System unter Druck, weil diese Grundrechte der ungehemmten Unterdrückung, im Zweifel auch der Gewalt und der Rechtlosigkeit im Weg stehen.

Und dann sind da die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, zum Beispiel zur Freilassung von Osman Kavala in der Türkei oder das Hirsi-Urteil, das die Kollektivzurückweisung von Flüchtenden auf dem Mittelmeer zurück nach Libyen verbietet. Die Menschenrechte und der Europarat geraten aber auch unter Druck, wenn der britische Premier Rishi Sunak ankündigt, Entscheidungen des Menschenrechtsgerichtshofs zu seinem Ruanda-Deal nicht mehr anerkennen zu wollen. Denn nur mit der abgrundtiefen Missachtung der Menschenrechte ist so ein Deal möglich.

Lassen Sie mich sagen: Ich weiß sehr genau, dass in der Union ehrlich viele anständige Leute sind. Dazu gehören ausnahmslos alle Redner/-innen, die heute hier am Pult stehen. Aber Friedrich Merz schreibt sich mit seinem Ruanda-Deal einen menschenrechtlichen Wahnsinn in sein Grundsatzprogramm und fordert damit im Grunde den Bruch der Menschenrechte.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: So ein Unsinn! Unglaublich! – Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Völlig unpassend! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Im Grunde schlagen Sie, Herr Merz, damit vor, die Europäische Menschenrechtskonvention, die Urteile des Gerichtshofs und damit auch den Europarat übergehen zu wollen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist unanständig!)

Anders ist so ein Deal nicht möglich.

Lassen Sie mich Ihnen sagen: Menschenrechtskonforme Abschreckung gibt es nicht. Die pauschale Verweigerung von Asyl in Europa, wie Sie und Ihre Partei es gerade fordern, steht im Widerspruch zu den Grundsätzen von Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Das ist falsch! Es geht um Schutz, nicht um das Aussuchen des Landes!)

Deshalb, Herr Merz, klären Sie Ihr Verhältnis zum Europarat, und klären Sie Ihr Verhältnis zu diesem menschenrechtlichen Vermächtnis.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: So ein Blödsinn!)

Als Nächster hat das Wort für die AfD-Fraktion Stefan Keuter.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7611088
Wahlperiode 20
Sitzung 169
Tagesordnungspunkt 75 Jahre Europarat
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta