16.05.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 169 / Tagesordnungspunkt 8

Stefan Seidlerfraktionslos - 75 Jahre Grundgesetz

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Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Moin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben allen Grund, unser Grundgesetz in diesen Tagen zu feiern; denn trotz aller Hetze von rechts: Unsere Republik ist heute freier und vielfältiger als je zuvor. Und darauf können wir stolz sein.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der Linken)

Als Abgeordneter des SSW, der Partei der dänischen und friesischen Minderheit in Deutschland, ist es aber historisch nicht selbstverständlich, dass das Grundgesetz auch unser Grundgesetz ist. Nach den Wirren des Zweiten Weltkrieges waren auch Politiker/-innen des SSW der Meinung, dass Südschleswig nicht mehr Teil Deutschlands sein sollte. Unter den Nazis war kein Platz für Dänen in Deutschland, und den Menschen fehlte das Vertrauen in den deutschen Staat. So kam es, dass die Frage der Grenzziehung in Schleswig-Holstein und die Rolle von nationalen Minderheiten auch von den Ministerpräsidenten im Vorfeld des Parlamentarischen Rates diskutiert wurden. Im Grundgesetz fehlen unsere nationalen Minderheiten jedoch bis heute. Ich finde, das ist ein historisches Versäumnis, und zwar aus zwei Gründen:

Erstens. Da der Bund für die äußeren Angelegenheiten zuständig ist, hätte das Grundgesetz schon damals nationale Minderheiten, die durch Veränderung deutscher Grenzen bedingt sind, vonseiten des Bundes schützen sollen. Warum dies politisch relevant war, wurde zu dieser Zeit in meiner Heimat im Alltag deutlich: Menschen aus der Minderheit wurden als Speckdänen beschimpft. Es wurde gehetzt. Schulen und Häuser wurden bis in die 60er-Jahre beschmiert. Erst die Bonn-Kopenhagener Erklärungen von 1955 konnten diesen Konflikt im Grenzland durch Minderheitenpolitik befrieden.

Zweitens. Der Verweis, dass das Grundgesetz auch Menschen der nationalen Minderheiten vor Benachteiligung aufgrund von Sprache und Heimat schützt, greift zu kurz. Unsere nationalen Minderheiten sind identitätsstiftend aus kollektiver Perspektive. Sie bedürfen als Minderheit Schutz und Förderung. Die Bundesrepublik hat dies international akzeptiert und sich rechtlich verpflichtet.

Gerade heutzutage ist es aus meiner Sicht staatspolitisch geboten, diese Verpflichtungen auch in unserem Grundgesetz deutlich zu machen und sie in die Welt zu tragen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Linken)

Der nächste Redner ist Thorsten Frei für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7611120
Wahlperiode 20
Sitzung 169
Tagesordnungspunkt 75 Jahre Grundgesetz
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