16.05.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 169 / Zusatzpunkt 7

Alexander ThromCDU/CSU - Aktuelle Stunde: Gewalt gegen Ehrenamt, Politik und Einsatzkräfte

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben aktuell, seit gestern, einen besonders gravierenden Fall von Gewalt gegen einen Politiker zu verzeichnen. Der Ministerpräsident der Slowakei, Fico, wurde angeschossen. Wir verurteilen dies und wünschen ihm vor allem eine gute und vollständige Genesung, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)

Die Presse berichtet heute auch, dass die Stimmung in der Slowakei aufgehetzt ist und eine tiefe Spaltung durch die Gesellschaft geht. Auch in Deutschland haben wir eine zunehmende Gewalt gegen Politikerinnen und Politiker, aber auch gegen Ehrenamtliche zu verzeichnen. Insbesondere der Europakollege Ecke wurde davon schlimm getroffen. Auch ihm wünschen wir an dieser Stelle vollständige Genesung.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie der Abg. Joana Cotar [fraktionslos])

Wir verurteilen alle derartigen Angriffe, egal gegen wen. Denn in der Demokratie streiten wir mit Worten und nicht mit Fäusten. Aber auch aus Worten können Taten werden. Ich will an Herrn Lübcke erinnern. Dort sind aus Worten Taten geworden, und vor einigen Jahren haben wir das hier alle beklagt. Wenn wir mit Worten streiten, dann darf das in einer Demokratie durchaus auch zugespitzt sein, aber eben nie mit Hass und Hetze. Dies ist nicht zu dulden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Für Gewalt gegenüber Politikerinnen und Politikern, egal welcher Partei, gibt es keinerlei Rechtfertigung. Aber es gibt vielleicht Ursachen, warum die Gewalt gegenüber der Politik im Jahr 2023 um sage und schreibe 53 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen ist. Da will ich schon sagen: Es kommt in einer Demokratie vor allem auch auf die Regierung an. Sie setzen die Themen; Sie entscheiden. Da kommt es darauf an: Nehmen Sie die Bevölkerung mit, oder beschließen Sie gerade im gesellschaftspolitischen Bereich viele Maßnahmen gegen den Mehrheitswillen der Bevölkerung, liebe Kolleginnen und Kollegen?

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was meint er konkret?)

Die Spaltung in Deutschland ist heute so tief wie noch nie in unserer Geschichte. In einer repräsentativen Studie der Uni Marburg für die R+V Versicherung wurde ermittelt, dass in der Bevölkerung die Angst vor Spaltung im Jahr 2023 bei 50 Prozent und im Jahr 2024 gar bei 66 Prozent lag. Die Studienleiterin, Frau Professorin Borucki, sagt Folgendes: „Die Menschen sind hoch verunsichert. Sie fühlen sich nicht gesehen und nicht gehört.“ Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist Ihre Regierungszeit gewesen; das waren Ihre Entscheidungen. Das sollte Ihnen an dieser Stelle wenigstens zu denken geben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nach dem Angriff auf den Kollegen Ecke hat die Innenministerin kraftvoll gehandelt. Sie hat eine Sonder-Innenministerkonferenz einberufen, an deren Ende dann „Die Welt“ geschrieben hat: „Faesers Umgang mit Gewaltattacke … sorgt für Eklat“. Denn das Ergebnis war, jedenfalls aus ihrer Sicht, eine Pressekonferenz, die sie abhalten wollte. Da hat sie verkündet: schärferes Strafrecht für Angriffe auf Politiker und besserer Schutz für die Politikerinnen und Politiker.

Aber Gewalt ist längst kein Phänomen mehr nur gegenüber der Politik; sie ist weit verbreitet. Das trifft zu für die Einsatzkräfte, für die Ehrenamtlichen, für den Schiedsrichter beim Fußball oder etwa, wenn wir den Zug benutzen. Erst diese Woche kam die Meldung, dass die Gewaltdelikte an Bahnhöfen im Vergleich zum letzten Jahr um 17 Prozent zugenommen haben. Hier ist der originäre Aufgabenbereich des Bundesinnenministeriums und der Innenministerin; hier könnte sie handeln. Statt Kürzungen bei der Bundespolizei, statt zu wenig Bundespolizisten und statt der Versagung von Gesichtserkennungsmaßnahmen hätte sie handeln können und nicht nur Pressekonferenzen abhalten sollen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ja, es braucht konsequentes Handeln. Ich will Ihnen einen Beispielsfall aus dieser Woche aus meinem Wahlkreis schildern. Am Dienstag wurden zwei Mitarbeiter des Rathauses von Neuenstadt am Kocher bedroht. Ein Somalier hat die dortigen Integrationsbeauftragten mit dem Tode bedroht – am Dienstag. Am Mittwoch, einen Tag später, hat das Amtsgericht Heilbronn diesen Angeklagten zu acht Monaten Haft verurteilt. Es geht, wenn die Justiz gut aufgestellt ist und die Richter und die Staatsanwaltschaft dann auch entsprechend willig sind und die Möglichkeiten des Gesetzes umsetzen.

Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Es braucht kein anderes Strafrecht. Es braucht auch keinen besonderen Schutz für Politikerinnen und Politiker. Es braucht kein Recht erster und zweiter Klasse.

(Zuruf von der AfD: Das stimmt!)

Alle sind betroffen. Wir müssen die Gewalt in unserem Land senken und nicht neue Gesetze machen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7611176
Wahlperiode 20
Sitzung 169
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Gewalt gegen Ehrenamt, Politik und Einsatzkräfte
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