Sören PellmannDIE LINKE - Aktuelle Stunde: Gewalt gegen Ehrenamt, Politik und Einsatzkräfte
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema der heutigen Aktuellen Stunde ist wirklich aktueller denn je; denn insbesondere seit die geistigen Brandstifter durch die Parlamente ziehen, ist die Demokratie in Gefahr.
(Zuruf des Abg. Martin Hess [AfD])
– Der Zwischenruf rechtfertigt genau diese Äußerungen, wo die Gefahr nämlich sitzt – am rechten Rand, auch hier im Haus.
(Beifall bei der Linken)
Ich könnte jetzt viel darüber erzählen, wie es sich anfühlt, 33-mal angegriffen worden zu sein, wie es sich anfühlt, wenn das eigene Auto abgefackelt wurde, wenn die eigene Wohnung bedroht wurde, oder wie es sich anfühlt, wenn man sich, wie ich in den letzten Wochen, zunehmend nur noch mit Polizeischutz bewegen kann. Das kann wahrscheinlich der eine oder die andere hier im Haus genauso tun. Tun Sie von der AfD also bitte nicht so, als seien Sie hier die einzigen Opfer.
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD)
Außerdem, liebe Kolleginnen und Kollegen, könnte ich ja mal auf Die Linke und die Vorgängerpartei PDS schauen. Seit drei Jahrzehnten kennen wir es, angespuckt zu werden, angepöbelt zu werden, überfallen zu werden. 1997 ist vor dem Wahlkreisbüro von Gregor Gysi ein Mordanschlag verübt worden. Er war zum Glück zu diesem Zeitpunkt nicht da. 2002 gab es einen Sprengstoffanschlag auf ein Büro der Linken.
(Zuruf des Abg. Jürgen Braun [AfD])
Das gesamte Viertel war von der starken Detonation verwüstet worden. In der letzten Nacht gab es erneut einen Angriff auf einen unserer Kommunalpolitiker in Speyer – übrigens zum zweiten Mal vom gleichen Täter.
(Zuruf des Abg. Jürgen Braun [AfD])
Und das will ich an dieser Stelle zumindest noch einmal sehr deutlich sagen, weil das nämlich die eigentliche Gefahr ist – wir können über die Namen, die hier genannt wurden, immer wieder reden –: Die, die am meisten gefährdet sind, sind die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker im Ehrenamt.
(Manuel Höferlin [FDP]: Ja!)
Wir haben in Sachsen die Situation, dass Menschen nicht mehr bereit sind, im demokratischen Spektrum zu kandidieren, weil sie Angst haben müssen, dass sie, egal für welche der demokratischen Parteien sie kandidieren, von den geistigen Brandstiftern und den Nazis angegriffen werden. Das ist ein Problem.
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Braun [AfD]: Antifa tötet!)
Deswegen nutze ich meine Redezeit auch, um Ihnen Danke zu sagen. Haben Sie keine Angst, sich demokratisch zu engagieren, für demokratische Parteien in der Kommunalpolitik auch im Ehrenamt anzutreten, und lassen Sie sich nicht einschüchtern.
Das ist allerdings – das sieht man, wenn man mal in die sächsische Provinz schaut – gar nicht so einfach. Bei einer Kandidatin der Linken – sie war gar keine Genossin, sie hat nur für Die Linke kandidiert – wurden, einen Tag nachdem veröffentlicht worden war, dass sie für den Gemeinderat antritt, die Scheiben eingeworfen. Genau so tut man der Demokratie einen Abbruch.
Ich will noch ein Beispiel nennen: Wir hatten vor drei Wochen begonnen, zu plakatieren, wie wahrscheinlich die meisten hier im Haus. Ein 80-Jähriger, der kein Genosse war, sondern einfach gesagt hat: „Ich will euch unterstützen“, wurde dabei von der Leiter gestoßen. Die sächsische Polizei hat im Übrigen 30 Minuten gebraucht, bis sie da war; die Täter waren dann weg. – Gleiche Nacht, 10 Kilometer entfernt: Der Notruf der Polizei war gar nicht erreichbar. – Weil ja immer darüber gesprochen wird, dass die Strafe auf dem Fuße folgen sollte: Nach allen 33 Anzeigen, die ich gestellt habe, ist das Verfahren eingestellt worden, weil Täterinnen und Täter nicht ermittelt werden konnten.
Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen – Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss –: Seien wir aufmerksam, stehen wir zusammen für eine wehrhafte Demokratie!
Vielen Dank.
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7611185 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 169 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Gewalt gegen Ehrenamt, Politik und Einsatzkräfte |