Katja MastSPD - Aktuelle Stunde: Gewalt gegen Ehrenamt, Politik und Einsatzkräfte
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Klima in Deutschland wird rauer. Alle spüren das: Respektlosigkeit, Hass und Hetze, Entmenschlichung des Gegenübers. Das ist die Grundlage dafür, dass aus Worten Taten werden. Und diese Taten bedeuten Gewalt gegenüber Menschen: Gewalt gegenüber Menschen, die Politik machen, Gewalt gegenüber Menschen, die sich für unsere Gesellschaft engagieren.
(Zurufe von der AfD)
Aber Gewalt ist keine Antwort in unserer Gesellschaft – gegenüber niemandem, egal von welcher Partei.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Sören Pellmann [Die Linke] und Robert Farle [fraktionslos])
Dieses raue Klima in unserer Gesellschaft ist kein neues Phänomen. Es wird aber rauer, es gibt immer mehr Einschläge. Deshalb will ich noch mal erinnern an den hinterhältigen Mord an Walter Lübcke vor fünf Jahren. Ich will aber auch an alle anderen Vorkommnisse in jüngster Vergangenheit erinnern, so an den Europaabgeordneten Matthias Ecke, der in Dresden Plakate aufgehängt hat und krankenhausreif geschlagen worden ist.
Der Titel dieser Aktuellen Stunde zeigt: Es geht nicht nur um Politikerinnen und Politiker. Es geht nicht nur um ehrenamtlich Engagierte in der Politik. Es geht um Einsatzkräfte, es geht um Feuerwehrmänner und Feuerwehrfrauen, es geht um Journalistinnen und Journalisten, es geht um Verwaltungsmitarbeiterinnen und Verwaltungsmitarbeiter, es geht um Polizistinnen und Polizisten.
(Jürgen Braun [AfD]: Gerade die SPD hat das über zehn Jahre überhaupt nicht interessiert!)
Es geht um alle, die ehrenamtlich engagiert sind, um alle in unserer Gesellschaft. Deshalb führen wir heute diese Debatte; denn das Klima wird für alle rauer.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und der Abg. Petra Nicolaisen [CDU/CSU])
Natürlich brauchen wir politische Antworten, indem wir mit der vollen Härte des Rechtsstaats darauf reagieren. Natürlich brauchen wir auch mehr Polizeikräfte, um diese Gewalt zu verhindern.
(Zurufe des Abg. Jürgen Braun [AfD])
Natürlich brauchen wir auch eine Verschärfung von Gesetzen. Natürlich brauchen wir auch schnellere Verfahren der Justiz, damit die Rechtsprechung direkt auf dem Fuß folgt. Aber wir wissen doch alle, die wir hier sitzen und Politik machen, dass das am Ende des Tages nur ein Teil der Antwort sein kann, weil es hundertprozentigen Schutz niemals geben wird, auch nicht in dieser Demokratie.
Deshalb ist es die Aufgabe von uns allen, für ein Klima zu sorgen, in dem die Menschen sich gern zu Wort melden. Genau das ist der Punkt: Dass aus Worten Taten werden, geschieht eher, wenn Menschen Angst haben, zu widersprechen. Ein solches Klima haben wir heute. Deshalb geht es eben auch darum, mal zu gucken: Warum tun sie das? Wenn ich mit meinen Bekannten rede, dann sagen sie mir: Ich gehe aus Social Media raus, weil ich diesen Hass und diese Hetze nicht mehr ertrage. Ich beteilige mich nicht mehr an Debatten im Verein, am Stammtisch, in der Familie, im Betrieb, weil es mir zu viel wird, diese Bösartigkeit zu ertragen. – Genau das ist aber das Falsche.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Friedhelm Boginski [FDP])
Rückzug ist nämlich die falsche Antwort, wenn es um unsere Demokratie geht. Wir müssen für unsere Demokratie einstehen. Ich weiß, dass das schwierig ist; aber wir müssen unsere Stimme erheben für unsere Demokratie.
Viele Bürgerinnen und Bürger haben das gemacht, als wir von diesen widerwärtigen Deportationsplänen von Menschen mit ausländischen Wurzeln in der Bundesrepublik Deutschland gehört haben,
(Zurufe von der AfD)
und zwar nicht nur in Berlin, Hamburg, Köln oder München,
(Zurufe von der AfD)
sondern auch auf den Dörfern, wo das viel schwieriger ist – in Ost und West.
(Martin Hess [AfD]: Unfassbar!)
Das hat mir Mut gemacht. Es hat uns allen Kraft gegeben, dass der Anstand auf der Straße war und gezeigt hat: Wir kämpfen für unsere Demokratie!
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Linken sowie bei Abgeordneten der FDP)
Wir brauchen den Widerspruch im Alltag. Wir brauchen ein Stoppsignal gegen Hass und Hetze, gegen Entmenschlichung.
(Zuruf des Abg. Jürgen Braun [AfD])
Das kann jeder und jede von uns im Alltag tun. Das ist wichtig und wertvoll; denn jeder, der schweigt, unterstützt Hass und Hetze.
(Zuruf des Abg. Jürgen Braun [AfD])
Deshalb richte ich meinen Appell an alle. Ich weiß, wir als Politikerinnen und Politiker sind besonders verantwortlich, auch im Hinblick auf unser Verhalten. Bärbel Bas, unsere Bundestagspräsidentin, hat die richtigen Worte dafür gefunden.
(Zurufe von der AfD)
Aber wir brauchen die ganze Gesellschaft. Wir brauchen alle: Setzen Sie mit uns dieses Stoppsignal gegen Hass und Hetze!
(Enrico Komning [AfD]: Dann hören Sie doch endlich mal auf!)
Damit setzen wir das Stoppsignal gegen Gewalt an Menschen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der Linken – Zurufe von der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7611195 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 169 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Gewalt gegen Ehrenamt, Politik und Einsatzkräfte |