16.05.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 169 / Tagesordnungspunkt 12

Derya Türk-NachbaurSPD - Bericht - Menschenrechtspolitik der Bundesregierung

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf den Tribünen! Für uns Fachpolitiker/-innen ist das heute ein Tag, der ganz im Zeichen der Menschenrechte steht. Mein Kollege Mijatović hat es gesagt: Heute Morgen haben wir dem Europarat als Hüter der Menschenrechte zum 75. Geburtstag gratuliert, wir hatten eine Debatte zu 75 Jahre Grundgesetz, und jetzt geht es um den Menschenrechtsbericht der Bundesregierung, der ohne die klaren Regeln der beiden zuerst genannten Errungenschaften gar nicht denkbar wäre.

Der Bericht ist sehr umfassend, schaut nach außen, schaut aber auch nach innen. Auch in der Innenpolitik haben wir noch einige Aufgaben zu erledigen, wie es uns jüngst der Europarat bescheinigt hat. Ich werde mich jedoch auf die außenpolitischen Aspekte fokussieren.

Ich möchte mit einem Dank beginnen, einem Dank an die Menschenrechtsbeauftragte Luise Amtsberg, an meine demokratischen Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss und an die zahlreichen Sachverständigen und Organisationen, die uns bei den Anhörungen zu diesem Bericht unterstützend zur Seite standen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Die zahlreichen menschenrechtspolitischen Debatten hier im Parlament und das gemeinsame Ringen um Antworten zur Bewältigung der zunehmend komplexeren Krisen zeichnen unsere Demokratie aus. An Herausforderungen mangelt es nicht. Einigkeit über den Weg zur Lösung besteht nicht immer, doch beim Thema Menschenrechte hoffe ich doch, lieber Kollege Brand, dass sich Demokratinnen und Demokraten, zumindest was das Ziel betrifft, einig sind.

Als dieser Bericht veröffentlicht wurde, war die Menschenrechtslage weltweit dramatisch genug. Wir sprachen und sprechen leider immer noch über die unermessliche Brutalität des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, über den barbarischen Umgang des iranischen Regimes mit Protestierenden, über die verachtenswerte Unterdrückung der Frauen in Afghanistan. Das ist bitter.

Es ist furchtbar, jetzt schon zu wissen, dass im nächsten Bericht die weltweiten Krisenherde einen viel größeren Umfang einnehmen werden. Zu all den zuvor erwähnten Krisen kommen noch weitere dazu: das bestialische Morden im Sudan und die damit aktuell größte Vertreibungswelle mit fast 8 Millionen vertriebenen Menschen und Millionen Kindern, die seit über einem Jahr nicht mehr zur Schule gehen können.

In den nächsten Menschenrechtsbericht wird sich leider auch der 7. Oktober einbrennen, der schwarze Tag, an dem unschuldige Menschen in Israel auf brutalste Weise von Terroristen niedergemetzelt und entführt wurden. Das Leid der israelischen Geiseln und ihrer Angehörigen, aber auch das Leid der vielen Zivilistinnen und Zivilisten in Gaza, die vielen Tausend toten Frauen und Kinder, die katastrophale humanitäre Lage sind Teil dieser heutigen Realität. Wir alle wünschen uns, dass die Geiseln umgehend freigelassen werden und die Waffen endlich schweigen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und des Abg. Dr. Jonas Geissler [CDU/CSU])

Für Menschen, die sich intensiv mit Menschenrechten befassen, muss eine Gleichzeitigkeit der Empathie eine Selbstverständlichkeit sein; für alle anderen sollte sie zumindest möglich sein.

Das sind die Krisen und Herausforderungen, die mediale Aufmerksamkeit bekommen. Dabei brodeln weiterhin so viele menschenrechtliche und humanitäre Krisen außerhalb dieser öffentlichen Aufmerksamkeit: politische Gefangene in Aserbaidschan, die systematische Unterdrückung von Uiguren in China, Verbrechen gegen die Menschlichkeit unter der Militärjunta in Myanmar, die Situation von Homosexuellen in Uganda, die Klimakrise, die Not in Burundi, Putschisten an der Macht im Sahel.

Diese düstere Aufzählung darf aber keinesfalls dazu führen, dass wir glauben, Deutschlands Engagement mache ohnehin keinen Unterschied und deshalb könne man sich das vielleicht auch sparen. Genau das Gegenteil ist der Fall. Auch wenn es der internationalen Gemeinschaft kaum mehr gelingt, Krisen im Vorfeld schon zu entschärfen, so macht dieser internationale Einsatz in vielen unterschiedlichen Krisenkontexten einen sehr deutlich wahrnehmbaren Unterschied.

Die Rolle unserer Außenministerin im UN-Menschenrechtsrat oder die Rolle von Ministerin Schulze als Vorsitzende der Sahel-Allianz nenne ich hier nur exemplarisch. Die Außenpolitik und die Entwicklungszusammenarbeit machen menschenrechtsbasierte, stabilisierende Arbeit in der Krise. Das sehen wir im Kontext des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Das sehen wir in Burkina Faso. Das sehen wir heute im Irak.

Gute internationale menschenrechtsbasierte und vorausschauende Arbeit kann allerdings nur gemacht werden, wenn auch Mittel dafür zur Verfügung stehen. Angesichts der aktuellen Haushaltslage ist das wirklich eine Herausforderung. Wir müssen unser Engagement effizienter machen. Dort, wo es möglich ist, muss die humanitäre Hilfe durch Übergangshilfen ersetzt werden. Das spart uns nicht nur eine ganze Menge Geld, sondern reduziert auch Abhängigkeiten.

Deutschland ist international ein geschätzter und verlässlicher Partner und unternimmt sehr viel, um nachhaltige Ziele zu erreichen. Viele dieser Bemühungen und Strategien finden sich in diesem Menschenrechtsbericht. Wir Demokratinnen und Demokraten in diesem Haus werden den Weg zur Zielerreichung konstruktiv, aber sicherlich auch kritisch begleiten.

Vorausschauende Krisenprävention ist nachhaltige Sicherheitspolitik; ich hoffe, wir nehmen uns das sehr zu Herzen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Für die AfD hat Jürgen Braun das Wort.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7611200
Wahlperiode 20
Sitzung 169
Tagesordnungspunkt Bericht - Menschenrechtspolitik der Bundesregierung
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta