16.05.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 169 / Tagesordnungspunkt 12

Peter HeidtFDP - Bericht - Menschenrechtspolitik der Bundesregierung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

„Schlagen Sie Ihre Zeitung an irgendeinem beliebigen Tag auf, und Sie werden eine Meldung aus irgendeinem Teil der Welt lesen: Ein Mensch ist eingekerkert, gefoltert, hingerichtet worden, weil seine Ansichten oder religiösen Überzeugungen nicht mit denen der Regierung übereinstimmen. Mehrere Millionen solcher Menschen sitzen in Gefängnissen, und ihre Zahl wächst.“

Dieses Zitat schrieb 1961 Peter Benenson, der Gründer von Amnesty International. Man muss sich nicht erst den 15. Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik anschauen, um zu wissen, dass dieser Satz auch heute, 63 Jahre später, noch traurige Aktualität besitzt.

Die Geschichte der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, deren 75. Geburtstag wir letztes Jahr feiern durften und deren Werte Einzug in unzählige Verfassungen gehalten haben, ist eben nicht nur eine Erfolgsgeschichte, sondern sie wird immer wieder auch von Rückschlägen begleitet. Die Liste der Länder, in denen zugunsten uneingeschränkter Machtansprüche Menschenrechte brutal unterdrückt werden und in denen unterschiedliche Traditionen, Religionen und Kulturen gegen die Universalität der Menschenrechte ausgespielt werden, wird immer länger, so lang, dass es unmöglich ist, hier alle aufzuführen.

Neben der Unterstützung der Zivilgesellschaft und der Bekämpfung der Straflosigkeit von Verstößen gegen die Menschenrechte bedarf es deshalb eines konstruktiven und glaubhaften Dialogs mit anderen Akteuren der internationalen Politik, und zwar auch dann, wenn diese unsere Werte nicht teilen. Es geht um eine verantwortungsvolle, ausbalancierte Außenpolitik; denn die gegenwärtigen Realitäten lassen eine Beschränkung auf Kooperation ausschließlich mit gleichgesinnten Partnern nicht zu. Diese Bundesregierung macht dies sehr viel konkreter als frühere Bundesregierungen, lieber Kollege Brand. Deshalb sind wir auf einem guten, auf einem richtigen Weg.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Eigenlob stinkt meistens!)

– Ich erinnere mich an China-Diskussionen in der letzten Wahlperiode. Na gut, lieber Kollege Brand.

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Euch laufen doch die eigenen Leute weg! Viel weniger Menschenrechte!)

Wir müssen aber auch anerkennen, dass es Länder gibt, mit denen ein Dialog nicht mehr möglich ist. Menschenrechtsorganisationen berichten aus dem Iran, dass fast alle sechs Stunden ein Mensch hingerichtet wird. Die Revolutionsgarden und insgesamt das Mullah-Regime gehen mit brutaler Gewalt gegen Demonstranten vor. Nach Scheinprozessen ohne rechtsstaatliche Mindeststandards werden Menschen einfach hingerichtet. Der Iran erschüttert den gesamten Nahen Osten. Er ist verantwortlich für eine Destabilisierung und eklatante Menschenrechtsverletzungen.

Wir Freien Demokraten stehen klar an der Seite der iranischen Freiheitskämpferinnen und Freiheitskämpfer. Wir müssen nach Auffassung der Freien Demokraten insgesamt härter gegen den Iran vorgehen. Viele Maßnahmen sind beschlossen worden, aber sie reichen nicht aus.

Die Revolutionsgarden sind eine Terrororganisation und müssen auf die Sanktionsliste der EU gesetzt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Da könnte die Außenministerin ja mal aktiver werden bei den Revolutionsgarden! Gutes Stichwort!)

Alle Mitglieder der iranischen Revolutionsgarden inklusive der Basidsch-Milizen und aller Geheimdienstorganisationen des Iran, die sich schuldig gemacht haben, sowie alle Mitglieder des iranischen Parlaments, die für die Todesstrafe gestimmt haben, sind zu sanktionieren. Die Revolutionsgarden in Deutschland sind mit einem Betätigungsverbot zu belegen. Nichtdeutsche, die Unterdrückung und der politischen Verfolgung anderer durch das iranische Regime Vorschub leisten, müssen Deutschland verlassen.

Verhandlungen mit diesem Regime zu führen, ist sinnlos. Inspektionsergebnisse haben kürzlich gezeigt, dass der Iran kein vertrauenswürdiger Verhandlungspartner ist. Dem Iran ist nicht nur nicht zu trauen, sondern es sind ihm auch die ökonomischen Vorteile zu verweigern, die aus dem Atomabkommen entstehen; denn dies nutzt der Iran nur aus, um seine unheilvolle Machtposition nach innen und außen zu festigen. Ziel deutscher und europäischer Außenpolitik darf aber nicht die Stützung des Regimes, sondern muss eine Regime Change sein.

Die EU darf deshalb das Atomabkommen nicht weiter verhandeln, sondern sie muss die Verhandlungen endgültig beenden.

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Da applaudiert jetzt auch keiner aus der Ampel! Komisch!)

Jegliche staatliche Zusammenarbeit mit religiösen, vom iranischen Regime abhängigen Organisationen wie dem Islamischen Zentrum Hamburg und der Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands sind zu beenden. Ein Vereinsverbot dieser Organisationen sollte beschlossen werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch hier in Europa, in Deutschland geraten Demokratien unter Druck. Insbesondere Menschenrechte und deren Einhaltung, die die Basis für eine Demokratie sind, und die Presse- und Meinungsfreiheit geraten auch hierzulande unter Druck. Die jüngsten Angriffe auf Politikerinnen und Politiker in Deutschland zeigen das.

Der Kollege Braun hat hier ein völliges Zerrbild der Situation in Deutschland gezeigt. Sie können hier in Deutschland Ihre Meinung sagen, Sie können hier in Deutschland auch bei Wahlen antreten; Sie gewinnen leider manchmal sogar eine solche Wahl im Osten. Das zeigt, dass unsere Demokratie funktioniert. Aber wir sind wehrfähig und lassen uns unsere Demokratie von Ihnen nicht kaputtmachen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich kann Ihnen aus meiner Heimatstadt Bad Nauheim nur sagen: Dort ist demonstriert worden, und das waren keine Politiker. Das waren Menschen von der Straße, Vereine, vor allen Dingen Kulturvereine und Sportvereine, die das gemacht haben. Das war nicht vom Staatswesen organisiert; das waren die Bürger.

Kofi Annan hat einmal gesagt, dass die Menschenrechtsverletzungen von heute die Massaker von morgen sind. Deshalb müssen wir uns weiterhin für die Menschenrechte engagieren, und das tun wir. Ich danke meinen Kolleginnen und Kollegen für die Zusammenarbeit.

Im Übrigen bin ich mehr denn je der Auffassung, Julian Assange sollte sofort freigelassen werden.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Knut Abraham für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7611202
Wahlperiode 20
Sitzung 169
Tagesordnungspunkt Bericht - Menschenrechtspolitik der Bundesregierung
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