Tim KlüssendorfSPD - Senkung der Steuerbelastung
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, die Meinungen in dieser Debatte sind ausgetauscht.
(Johannes Steiniger [CDU/CSU]: Du sprichst jetzt einfach nur zur Erbschaftsteuer!)
– Ich wollte nicht zur Erbschaftsteuer reden, diesmal nicht, Herr Steiniger. – Der Kollege Schrodi hat auf die verfassungsrechtlichen Bedingungen hingewiesen. Ich glaube, wir sind hier gar nicht so weit auseinander. Das muss man jetzt auch nicht künstlich aufbauschen. Es ist nett, dass Sie den Antrag geschrieben haben, aber nötig gewesen wäre er aus meiner Sicht nicht.
Was man aber einmal zum Thema machen könnte – jetzt komme ich nicht zur Erbschaftsteuer, sondern zu anderen steuerpolitischen Vorschlägen –, sind die steuerpolitischen Ideen der Union, die sich in eine Reihe von Anträgen einfügen, die wir im Finanzausschuss und auch hier zu beraten haben. Ich habe mir einmal die Mühe gemacht, sie aufzulisten. Ich rede jetzt nicht über die Anträge, die in den letzten zweieinhalb Jahren hier im Plenum von Ihnen eingebracht worden sind, sondern nur über die letzten fünf Wochen.
Ich fange an mit dem Wirtschaftswendepapier vom 10. April 2024, in dem Sie unter anderem auch die Senkung der Steuern für im Unternehmen verbleibende Gewinne fordern: 14 Milliarden Euro. Natürlich fordern Sie auch die Senkung der Stromsteuer auf ein dauerhaft europäisches Minimum: 8 Milliarden Euro. Jetzt sind wir schon bei 22 Milliarden Euro.
(Johannes Steiniger [CDU/CSU]: Das sind keine 8!)
Sie fordern auch die Halbierung der Netzentgelte: 5,5 Milliarden Euro. Dann sind wir schon bei 27,5 Milliarden Euro. Letzter Punkt in dem Papier ist die Begrenzung der Sozialabgaben auf 40 Prozent des Arbeitslohns. Man weiß nicht genau, wie Sie das kompensieren wollen, ob aus Steuergeldern oder durch Leistungskürzungen. Nehmen wir an, Sie wollen das aus Steuergeldern kompensieren, dann sind das nochmal 15 Milliarden Euro. Dann wären wir schon bei 42,5 Milliarden Euro.
Natürlich haben Sie sich nicht lumpen lassen und zwei Wochen später noch die echte Wirtschaftswende gefordert, nicht nur eine Wirtschaftswende, sondern die echte Wirtschaftswende. Dort haben Sie final die Streichung des Solidaritätszuschlages vorgesehen: 13 Milliarden Euro. Nun sind wir schon bei 55,5 Milliarden Euro.
Zwei Wochen später wurde das aber noch durch den Bundesparteitag getoppt, auf dem Sie die Senkung der Einkommensteuer, die Tarifverschiebung nach rechts beschlossen haben: 35 Milliarden Euro.
Ich weiß nicht, ob jemand mitgerechnet hat: 90,5 Milliarden Euro in fünf Wochen. Was ich jetzt vernachlässigt habe, ist, dass Sie auch die Beschlusslage herbeigeführt haben, dass der Anteil der Länder und Kommunen an den Gemeinschaftssteuern erhöht werden soll. Sprich: Der Bund bekommt weniger, Länder und Kommunen bekommen mehr. Das ist nicht beziffert, deswegen schwierig, zu berechnen. Sie wollen auch mehr Geld für die Bundeswehr ausgeben und eine Stärkung der Sicherheitsbehörden und der Justiz. Ich frage mich eigentlich, wie Sie Steuerpolitik betreiben. Ist das hier Schrotflintenschießen? Ist das „Wünsch dir was“? Gucken Sie sich den Wunschzettel einmal an! Was soll daraus eigentlich werden? Ich weiß nicht, ob Sie die Regierungsfähigkeit hier komplett verloren haben.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Sie müssen das Wachstum gegenrechnen!)
Mit dem Kompensationsvorschlag Bürgergeld wird das Ganze nicht zu machen sein. Wenn ich mir allein die Differenz zwischen Hartz IV und Bürgergeld anschaue, dann sind das 5 Milliarden Euro.
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Kalkulieren Sie doch mal das Wachstum hoch!)
Davon kann man nicht einmal die Hälfte, noch nicht einmal ein Viertel, noch nicht einmal ein Zehntel dessen bezahlen, was Sie hier vorgeschlagen haben.
Die richtigen Ideen wären – deswegen trage ich sie der Vollständigkeit halber einmal kurz vor –, endlich die Schuldenbremse zu reformieren, die uns so sehr bremst,
(Beifall bei der SPD)
die unseren Wohlstand zurückhält, endlich die höchsten Erbschaften und Vermögen ordentlich zu besteuern, wovor Sie sich drücken, und die Spitzenverdienerinnen und Spitzenverdiener ordentlich zu besteuern. Das stand erst in Ihrem Programm, jetzt steht es nicht mehr drin. Sie waren eigentlich einmal auf dem richtigen Pfad. Jetzt ist nur noch „Wünsch dir was“. Damit wird es nichts.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7611218 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 169 |
Tagesordnungspunkt | Senkung der Steuerbelastung |