Anja Troff-SchaffarzykSPD - Luftverkehrsstandort Deutschland
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Danke erst mal an die Union für die Debatte; denn es ist gut, dass wir den Weg in die Zukunft für die so wichtige Branche, die Deutschland mit der Welt verbindet und entscheidend zur Mobilität von Menschen und Waren beiträgt, hier und heute diskutieren können.
Aber gleich vorweg: Ich finde es angesichts der Wichtigkeit und der Komplexität dieses Themas schade, dass Sie es sich so einfach machen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ihr Antrag kurz zusammengefasst: Fliegen ab Deutschland ist teuer, daran ist die Bundesregierung schuld. Kosten runter, und alles wäre gut. Der nächste Luftfahrtboom ist nur eine Frage staatlichen Willens. – Da liefern Sie ein schön zugespitztes Narrativ, verkaufen Ihre fachpolitische Expertise aber unter Wert.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Susanne Menge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Nebenbei werden noch ein paar andere lose Forderungen aufgeführt, beispielsweise nach der Reorganisation der Luftsicherheitskontrollen und Unterstützung bei der Personalanwerbung – im Übrigen Dinge, die die Bundesregierung längst gegen Ihre Opposition vorantreibt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Während die Flughäfen sich derzeit bemühen, ihre Flugpläne überhaupt zu füllen, rufen Sie nach noch mehr Kapazität; dies kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Und obwohl sich Herr Söder mit seiner Koalition in Bayern von Münchens dritter Start- und Landebahn verabschiedet hat, fordert die CDU/CSU hier trotzdem den großen Flughafenausbau.
Zurück zum Kostenthema. Sie verkennen in Ihrer Analyse, dass die Probleme der Luftfahrt vielschichtiger sind. Neben dem Personalmangel und teils schwierigen Arbeitsbedingungen gehören auch die enormen Herausforderungen des Klimaschutzes dazu. Diesen betrachten Sie anscheinend als Aufgabe, der man kostendeckend mit weniger Geld begegnen kann. Sie fordern: Luftverkehrsteuer senken und dann die geringeren Einnahmen in den Klimaschutz in der Luftfahrt stecken; quasi Klimaschutz light, Hauptsache günstig.
(Susanne Menge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)
Wir bemühen uns lieber, die ausreichenden Mittel für vollwertigen Klimaschutz trotz schwieriger Haushaltslage zu sichern.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie fordern in Ihrem Antrag die Absenkung der Luftsicherheits- und Flugsicherungsgebühren, die beide im Rahmen der in Deutschland gesetzlichen Nutzerfinanzierung aber nur die Kosten decken und im Falle der Passagierkontrollen sogar gedeckelt sind.
Ja, die Standortkosten sind insgesamt hoch. Doch gehören dazu auch vor allem die Betriebskosten, die Ihr Antrag völlig ausklammert. Die sind in Südeuropa niedriger; abgesehen davon ist es dort leichter, Personal zu gewinnen. Die nicht ortsgebundenen Billigflieger stationieren ihre Flugzeuge auch deswegen gerne im Süden Europas.
Entscheidend ist aber vor allem: Die Schaffung von Mobilitätsangeboten hängt nicht nur von Kosten, sondern auch entscheidend von der Nachfrage ab. Spätestens hier wird deutlich, dass das schwarz-weiße Bild, nach dem es nur der deutschen Luftfahrt schlecht geht, nicht zu halten ist.
(Beifall der Abg. Peggy Schierenbeck [SPD] und Susanne Menge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Im europäischen Vergleich wird deutlich: Der Luftverkehr im Norden und in der Mitte des Kontinents erholt sich langsamer als im Süden. Ursache dafür sind nicht allein die Standortkosten, sondern auch verändertes Reiseverhalten. Viele Menschen haben nach den Jahren der Coronapandemie festgestellt, dass man Geschäftstermine per Videokonferenz erledigen und sich die Dienstreise nach Brüssel oder London halt sparen kann. Das sind genau die Ziele, zu denen die angebotenen Flüge zusammengestrichen worden sind.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aber es gibt natürlich die eine Sache, die niemand durch digitales Angebot ersetzen kann, und das ist Urlaub. Genau deswegen boomen die Flughäfen in Griechenland, Portugal und Spanien gerade.
Zusammengefasst: Das Reiseverhalten hat sich verändert, die Herausforderungen sind groß, doch die SPD bekennt sich klar zum Luftverkehrsstandort Deutschland und will die Rahmenbedingungen für die Branche verbessern, damit die Transformation auch hier gelingt. Mit der Verhinderung der Kerosinsteuer, den Reformen in der Luftsicherheit, Fachkräfteeinwanderung und guter Arbeit an den Flughäfen haben wir schon vieles auf den Weg gebracht, und wir machen weiter.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Dirk Brandes für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7611236 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 169 |
Tagesordnungspunkt | Luftverkehrsstandort Deutschland |