Daniel BaldySPD - Bekämpfung des politischen Islams
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Debatte zu den islamistischen Demonstrationen der letzten Woche ist ja bereits die zweite Debatte, die wir zu diesem Thema in dieser Woche führen. Der Antrag der Union, der vorliegt – und das möchte ich mal ausdrücklich betonen –, macht aber wenigstens den Versuch, ernsthaft eine Grundlage für eine Debatte hier im Plenum zu liefern, während die AfD-Anträge, über die wir am Mittwoch diskutiert haben, an Scheinheiligkeit ja nicht zu überbieten waren.
Ich möchte deshalb auch noch mal betonen: Gleich und Gleich gesellt sich gern. Das gilt auch für Demokratiefeinde, und das zeigen auch die gemeinsamen Ziele, die die AfD und Islamisten teilen. Wir brauchen von den Demokratiefeinden von rechts jedenfalls keinerlei Tipps, wie wir mit den Demokratiefeinden aus dem islamistischen Spektrum umzugehen haben.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Liebe Unionsfraktion und lieber Herr Throm, lassen Sie mich mit zwei Feststellungen zu Ihrem Antrag starten, die wir wahrscheinlich beide teilen:
Die meisten Muslime – das haben Sie eben selber auch noch mal gesagt –, die in Deutschland leben, lehnen das, was da in Hamburg und in anderen Städten in den letzten Wochen passiert ist, genauso ab, wie sie und ich das tun, und vor allen Dingen sind sie froh, dass sie in einem Land leben, wo die Demokratie herrscht, dass sie also eben nicht in einem Kalifat leben.
Der zweite Punkt, den wir, glaube ich, teilen, ist: Die Forderung nach einem Kalifat ist nichts, was wir als Demokratinnen und Demokraten einfach unwidersprochen so stehen lassen dürfen. Deshalb will ich im Namen der SPD-Fraktion noch mal festhalten: Wir werden uns dieser Forderung immer wieder entschieden entgegenstellen. 75 Jahre Grundgesetz sind doch kein Lippenbekenntnis, sondern das ist eben auch der Auftrag, immer wieder gegen Demokratiefeinde aufzustehen und sich ihnen entgegenzustellen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die erste Forderung in Ihrem Antrag ist ja die Strafbarkeit des Aufrufs zur Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Da kann ich nur einen Blick in die Urteile des Bundesverfassungsgerichts empfehlen. 2007 haben die Richterinnen und Richter festgestellt, dass – ich zitiere – „Kritik an der Verfassung und ihren wesentlichen Elementen ebenso erlaubt ist wie die Äußerung der Forderung, tragende Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu ändern“.
(Detlef Seif [CDU/CSU]: Das ist etwas ganz anderes! Völliger Blödsinn!)
Diese Kritik an unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, die da in Hamburg geäußert wird, muss uns nicht gefallen, und wir müssen ihr auch immer wieder widersprechen; aber wir dürfen sie eben leider nicht verbieten. Werteloyalität kann und darf nicht erzwungen werden; das sagt leider auch das Bundesverfassungsgericht.
Und es überrascht mich schon, dass Sie plötzlich Robert Habeck, den Sie das ganze Jahr über hier durch den Kakao ziehen und dem Sie immer jegliche Kompetenz absprechen, zum Kronzeugen ernennen und sagen: Der hat mehr Kompetenz als das Bundesverfassungsgericht.
(Alexander Throm [CDU/CSU]: Ich habe doch nur Fragen gestellt!)
Entscheiden Sie sich jetzt mal! Was wollen Sie eigentlich? Und vor allen Dingen: Akzeptieren Sie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts!
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Detlef Seif [CDU/CSU]: Das sagt was ganz anderes!)
Müssen wir die Aufrufe zur Kalifat-Errichtung deshalb tatenlos hinnehmen? Nein, ganz im Gegenteil! Das Gericht betont im Urteil auch die Möglichkeit, Beschränkungen für Versammlungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung vorzugeben, wie das auch bei der letzten Demo in Hamburg geschehen ist. Wir sind eben gerade nicht handlungsunfähig gegen solche Demonstrationen. Also tun Sie bitte nicht so und werfen uns vor allen Dingen nicht vor, wir würden aus so einer angeblich falsch verstandenen Toleranz diesen Schwachsinn von diesen Idioten auf unseren Straßen zulassen!
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Sie lassen es aber zu!)
Das hat nichts mit falsch verstandener Toleranz zu tun. Ganz im Gegenteil: Wir achten im Gegensatz zu diesem Antrag das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, liebe Unionsfraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Eine weitere Forderung von Ihnen ist der Entzug des Aufenthaltstitels für diejenigen, die zur Gründung eines Kalifats aufrufen. Auch hier gibt es bereits Regelungen und Rechtsprechungen. Der Fall Martin Sellner – der österreichische Hass- und Hausprediger der rechtsextremen Szene – zeigt doch, dass diese Regelungen von kommunalen Behörden auch angewandt werden. Es braucht für Ausweisungen oder den Entzug einer Aufenthaltsgenehmigung Ihren Antrag nicht, sondern es braucht Ausländerbehörden vor Ort, die geltende Regelungen anwenden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Eines müsste Ihnen am Ende doch auch klar sein: Gegen diese Kalifat-Demos helfen keine Anträge wie dieser, die das Rad neu erfinden wollen oder die Forderungen aufstellen, von denen – seien wir doch mal ehrlich, Herr Throm; Sie sind Jurist –
(Detlef Seif [CDU/CSU]: Sie sind kein Jurist, und das merkt man!)
Sie doch wahrscheinlich auch selbst wissen, dass sie spätestens in Karlsruhe kassiert werden würden.
(Alexander Throm [CDU/CSU]: Wenn man etwas versucht, wird einem etwas gelingen! Sie wollen es nicht! Das ist eine billige Ausrede!)
Was hilft, das ist Präventionsarbeit,
(Martin Hess [AfD]: Ihre Prävention funktioniert doch nicht!)
das ist die Durchsetzung von Auflagen für Versammlungen – und ja, es sind auch Verbote der Vereine, die diesen Hass schüren.
Daran arbeitet diese Koalition, daran arbeitet das Innenministerium, und daran werden wir auch weiterhin konsequent und vor allen Dingen in aller Sorgfalt arbeiten.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Als Nächster hat das Wort für die AfD-Fraktion Dr. Bernd Baumann.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7611384 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 170 |
Tagesordnungspunkt | Bekämpfung des politischen Islams |