Dorothee MartinSPD - Bekämpfung des politischen Islams
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Die Bilder, die wir in Hamburg bei der Demonstration von „Muslim Interaktiv“ gesehen haben, sind zutiefst verstörend. Auch mich machen diese Demonstrationen wirklich zornig. Bei der Gegendemo, lieber Christoph de Vries, waren übrigens Ihr Fraktionsvorsitzender und auch der Fraktionsvorsitzende der größten Bürgerschaftsfraktion, der SPD, anwesend. Es ist unredlich, dass Sie das hier nicht dargestellt haben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Aber ich möchte bei dieser Debatte auch sagen, dass wir uns als demokratische Politikerinnen und Politiker an Helmut Schmidt – das ist sowieso immer eine gute Idee – halten sollten. Helmut Schmidt hat einmal gesagt – ich zitiere –: Wir müssen alle „trotz unseres Zorns einen kühlen Kopf behalten“. Und ich füge hinzu: Wir dürfen hier auch keinen Generalverdacht gegen Musliminnen und Muslime aussprechen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
In unserer freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft hat Islamismus keinen Platz. Natürlich: Der politisch-extremistische Islam ist eine Gefahr für die Sicherheit Deutschlands. Der Staat muss hier wehrhaft sein, und er ist es auch.
(Detlef Seif [CDU/CSU]: Wo denn?)
Was aber immer klar sein muss: Die Rechtmäßigkeit steht an erster Stelle und nicht das Bauchgefühl, auch wenn das vielleicht emotional zu verstehen ist. Aber Abgeordnete und Regierung stehen nicht über Recht und Gesetz, stehen nicht über dem Grundgesetz.
Bei allen Maßnahmen, die das Haus jetzt beschließt und das Innenministerium umsetzt, muss doch klar sein: Das muss machbar sein, muss aber vor allem rechtssicher und rechtskonform sein. Wer aber diesen Anspruch jetzt aufgibt, um vielleicht schnell politisch zu punkten, der verschafft doch den Islamisten womöglich ohne Not einen PR-Sieg auf Kosten von Demokratie und Sicherheit. Das kann doch keiner wollen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich finde, werte Kollegen der CDU/CSU, es ist wiederholt unverschämt von Ihnen, uns und der Ministerin hier vorzuwerfen, wir würden den Kampf gegen Islamismus vernachlässigen.
(Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: Das stimmt doch! – Detlef Seif [CDU/CSU]: Das stimmt aber!)
Das ist nichts anderes als billige Wahlkampfrhetorik; das muss man hier deutlich sagen.
(Alexander Throm [CDU/CSU]: Was habt ihr denn getan?)
Natürlich wird der Kampf gegen jede Form von Extremismus mit aller Entschlossenheit geführt.
(Detlef Seif [CDU/CSU]: Wo denn? – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)
So, Herr Throm, wie es zum Beispiel gemacht wurde durch die Innenministerin beim Verbot von Samidoun und Hamas. Und ja, natürlich muss auch „Muslim Interaktiv“ verboten werden, sobald das rechtssicher möglich ist. Aber das kündigt man vorher nicht an.
(Alexander Throm [CDU/CSU]: Aber der Bundeskanzler hat es getan! Der Bundeskanzler hat es angekündigt!)
Das prüft man und macht es dann einfach.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das gilt auch für die Schließung des Islamischen Zentrums in Hamburg. Wenn wir das Verbot jetzt hoffentlich zeitnah rechtssicher aussprechen können, dann verdanken wir das einer sehr entschlossen handelnden Bundesinnenministerin Faeser,
(Alexander Throm [CDU/CSU]: Da müsst ihr selber lachen!)
die im Gegensatz zu all ihren CDU-Vorgängern das Verfahren endlich vorangetrieben hat. Es ist nichts passiert unter den CDU-Innenministern, meine Damen und Herren; das muss man hier immer wieder deutlich sagen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Sie stellen hier nicht die Wahrheit dar.
Wir haben – gerade auch auf europäischer Ebene – mit dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem und auch nationalen Gesetzen Abschiebungen neu geregelt. Wir haben jetzt die Möglichkeit, Islamisten, Antisemiten ohne deutschen Pass einfach schneller auszuweisen und abzuschieben.
Wir machen noch viel mehr. Es wird jetzt eine Früherkennungseinheit gegen Desinformationskampagnen geben. Wir werden dem Verfassungsschutz mehr Befugnisse auch im Bereich der Finanzermittlungen geben, wir werden Quick Freeze haben, eine Befugnisausweitung. Ja, wir müssen auch noch mal die Diskussion über die Speicherung von IP-Adressen führen und vieles mehr.
Ich möchte ausdrücklich – Kollegin Kaddor hat es schon gesagt – noch mal betonen, dass bei der Bekämpfung von Extremismus natürlich die Prävention ganz maßgeblich ist. Wir sehen doch jeden Tag, dass junge Menschen von Islamisten immer stärker auf Onlineplattformen angesprochen werden, um sie dann digital zu radikalisieren. Teil von Prävention ist deshalb auch, online härter durchzugreifen. Dazu gehört auch, dass der Digital Services Act konsequent umgesetzt wird.
(Beifall der Abg. Marlene Schönberger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir brauchen zudem auch eine Stärkung von Beratungsangeboten, einen besseren Austausch der vielen zivilen Akteure, die es gibt, wie zum Beispiel dem Violence Prevention Network oder ufuq. Dazu gehört auch RADIS; das ganz große Forschungsnetzwerk zum radikalen Islam. Ich finde es sehr bedauerlich, dass in Ihrem Antrag davon nichts zu lesen ist. Das ignorieren Sie hier leider völlig.
Wir brauchen jetzt mehr denn je – ich muss es wirklich noch mal sagen – ein Demokratiefördergesetz zur Absicherung der vielen Programme zur Extremismusprävention. Wenn Sie es ernst meinen, CDU/CSU, mit dem Kampf gegen Islamismus, schließen Sie sich dem Demokratiefördergesetz einfach an.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Auch wenn Sie hier versuchen, ein anderes Bild zu entwerfen: Die Sicherheitsbehörden des Bundes gehen ihrem gesetzlichen Auftrag sorgfältig nach, nutzen alle Mittel im Kampf gegen Extremismus.
Ich möchte zum Schluss zwei Dinge noch mal sehr deutlich betonen, auf die sich die Menschen in unserem Land verlassen können: Erstens. Unser Staat wird immer mit allen rechtsstaatlichen Mitteln Extremismus bekämpfen. Und zweitens. Unser Staat wird sich auch selbst immer an Recht und Gesetz halten. Das muss für das sichere Leben in Deutschland gewährleistet sein.
Mit Blick auf die anstehenden Haushaltsberatungen sage ich: An der inneren Sicherheit darf nicht gespart werden.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Als Nächster hat das Wort für die AfD-Fraktion Dr. Christian Wirth.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7611393 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 170 |
Tagesordnungspunkt | Bekämpfung des politischen Islams |