Jessica RosenthalSPD - Berufsbildungsbericht 2024
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir zu Beginn einige Sätze zu Ihnen, Herr Albani. Tatsächlich werden wir uns als Ampel nicht einfach den Umständen ausliefern und immer wieder die gleichen Feststellungen machen und auf einen Knopf drücken.
(Stephan Albani [CDU/CSU]: Tut ihr doch!)
Wenn Sie in unseren Ausschussberatungen, aber auch hier im Plenum aufgepasst haben, werden Sie feststellen, dass wir viele strukturelle Maßnahmen auf den Weg gebracht haben, um genau die Probleme, die im Berufsbildungsbericht angesprochen werden, auch zu beheben. Also, vielleicht passen Sie bei meiner Rede ein bisschen auf.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Da ist das eine oder andere dabei, an das man sich noch mal erinnern kann.
(Zuruf des Abg. Stephan Albani [CDU/CSU])
Wir sind uns einig – das hat die Frau Ministerin ja auch schon deutlich gemacht –: Das Ausbildungssystem ist ein wichtiger Faktor für unsere wirtschaftliche Leistung, ein Erfolgsgarant für die Wirtschaft. Aber es ist eben nicht nur wichtig für die Wirtschaft, sondern ganz entscheidend für junge Menschen. Wer eine Ausbildung abschließt, der ist besser vor Armut geschützt und hat vor allem den Wegbereiter für ein erfolgreiches Berufsleben bekommen.
Es sind gerade schon von Ihnen, Frau Ministerin, einige positive Dinge herausgehoben worden. Ich möchte einen Punkt noch mal ganz besonders herausstellen: die Übernahmequote von 77 Prozent. Das ist eine verlässliche Perspektive für junge Menschen; darum geht es nämlich. Wer eine Ausbildung anfängt und nicht weiß, ob er am Ende auch übernommen wird, der hat natürlich gerade zum Ende der Ausbildung echte Fragen mit Blick auf seine Zukunft. Dass wir da bei 77 Prozent sind, ist super.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Friedhelm Boginski [FDP])
Aber ich stehe hier nicht, um nur das Gute herauszuheben. Natürlich gibt es – ich denke, da sind sich die meisten, die hier sitzen, weitgehend einig – auch sehr alarmierende Zahlen. Anders als es gerade von Ihnen, Herr Kollege, angesprochen worden ist, bin ich der festen Überzeugung, dass wir in der beruflichen Bildung, in der Frage, wie es da läuft, Dinge erben, die schon viel früher ansetzen.
Das heißt, wenn wir als SPD immer wieder auf die frühkindliche Bildung verweisen, wenn wir immer wieder sagen, dass es um vernünftige schulische Ausbildung gehen muss und dass jeder die gleichen Chancen haben muss, dann tun wir das auch, weil natürlich später, im beruflichen Bereich, die Früchte dieser ungleichen Bildungschancen zu sehen sind.
(Stephan Albani [CDU/CSU]: Deshalb streichen Sie die Sprach-Kitas!)
Deshalb verweise ich ganz deutlich auf das Startchancen-Programm.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Es ist ein wichtiger Faktor, damit wir perspektivisch hier nicht immer wieder die gleichen Zahlen diskutieren müssen.
Zu der einen Zahl komme ich jetzt: Wir haben es nämlich mit 2,9 Millionen jungen Menschen zwischen 20 und 34 Jahren zu tun, die 2022 keinen Berufsabschluss hatten. Das sind noch mal 250 000 junge Menschen mehr als im Vorjahr. Das ist ein extrem erschreckender Trend, den ich hier schon zum dritten Mal beobachten muss.
Jetzt kommen wir zu einer dieser großen Lösungen, wo Sie vielleicht noch mal aufpassen müssen. Es gibt jetzt die Ausbildungsplatzgarantie. Und die gibt es nicht, weil das nett klingt, sondern damit diese 2,9 Millionen Menschen endlich einen Berufsabschluss machen können.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Stephan Albani [CDU/CSU]: Das verstärkt das Problem eher! – Zuruf der Abg. Nicole Höchst [AfD])
Ich möchte auch noch auf eine Sache hinweisen, wo ich nuanciert einen anderen Schwerpunkt setzen möchte als die Frau Ministerin. Es geht noch mal um die Ausbildungsstellen, die nicht besetzt sind, die also unbesetzt bleiben. Das sind 73 400; das stimmt. Das ist erschreckend, und es zeigt uns, dass wir wirklich Probleme in der Passung haben. Dafür haben wir zum Beispiel den Mobilitätszuschuss auf den Weg gebracht,
(Zuruf des Abg. Stephan Albani [CDU/CSU])
auch im Rahmen der Ausbildungsplatzgarantie.
Ich sage auch: Wer für seine Ausbildung woandershin ziehen will, dort aber keine Wohnung findet oder für ein WG-Zimmer wie bei mir in Bonn 420 Euro zahlen muss,
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Deswegen ist ja Ihre Wohnungsbaupolitik so erfolgreich! – Nicole Höchst [AfD]: Aber wir haben doch Platz! Wir haben Platz!)
der kann vielleicht am Ende auch gar keine Ausbildung machen. Das heißt, auf dem Wohnungsmarkt verschärfen sich Probleme. Deshalb investieren wir mit dem Programm „Junges Wohnen“ jetzt 500 Millionen Euro jährlich in diesem Bereich.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
26 400 Ausbildungsinteressierte bleiben trotzdem noch ohne Ausbildungsplatz. Das geht nicht. Da müssen Unternehmen und die gesamte Gesellschaft gegensteuern; das bleibt unsere Aufgabe. Man muss jungen Menschen eine Chance geben und sagen: Du schaffst das; ich glaube an dich.
In diesem Sinne: Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Als Nächstes erhält Nicole Höchst für die AfD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7611408 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 170 |
Tagesordnungspunkt | Berufsbildungsbericht 2024 |