Ingmar Jung - Herabstufung des Schutzstatus des Wolfs in der Berner Konvention
Herzlichen Dank. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der hessische Ministerpräsident hat in seiner Regierungserklärung zum Thema Wolf gesagt: Wir müssen ihn jetzt bejagen, statt später zu bereuen. – Was meint er damit? Eben nicht das, was wir eben gehört haben, nämlich dass wir jetzt sinnlos rumballern oder alle Wölfe abknallen wollen,
(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Ja!)
sondern dass wir endlich die Sorgen der Betroffenen, der Weidetierhalter, der Nutztierhalter, ernst nehmen und in ein aktives Bestandsmanagement einsteigen. Das adressiert der Antrag, der heute vorliegt, und dafür bin ich sehr dankbar, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Warum spreche ich heute zu Ihnen? Wir als Land machen – wie andere Länder übrigens auch – im Moment alles das, was wir tun können. Wir verhandeln gerade über eine Änderung des Jagdgesetzes im Hessischen Landtag. Wir übernehmen den Wolf ins Jagdrecht, um vorbereitet zu sein, wenn die Änderungen denn eintreten. Wir schaffen verschiedene Regelungen und bündeln Kompetenzen im Wolfsmonitoring, in der Wolfsberatung und in der Bestandskontrolle.
Wir haben eine neue Weidetierschutz-Richtlinie, die Herdenschutz und Ähnliches betrifft, vorgelegt und überarbeiten sie gerade gemeinsam mit den Verbänden, um genau die Maßnahmen ergreifen zu können, die wir eben schon mehrmals gehört haben. Wir steigen stärker in die Investivförderung ein. Wir sorgen wenigstens für eine höhere Entschädigung derjenigen, deren Tiere Rissen ausgesetzt sind. Und wir sorgen auch dafür, dass die Entschädigung leichter erreicht werden kann, sodass derjenige, der den Schaden hat, sich am Ende nicht mehr wegen mehrerer Gegengutachten und Ähnlichem wie ein Verbrecher fühlt. Bei klarer Indizienlage wird die Entschädigung ausgezahlt.
(Dr. Franziska Kersten [SPD]: Das ist doch auch Ländersache!)
Das ist das, was wir im Moment machen. Mehr können wir als Länder aber nicht tun. Deswegen appellieren wir an die Bundesregierung. Alles, was wir machen, ist am Ende Symptombekämpfung und nicht die Bekämpfung der Ursache. Den Schlüssel zur Ursachenbekämpfung hat im Moment die Bundesregierung in der Hand. Deswegen bin ich hier und appelliere an Sie, nun zu handeln, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir haben jetzt schon mehrmals von diesem Schnellschussverfahren gehört. Das ist gemeinsam zwischen Bund und Ländern erarbeitet worden, auf Initiative von Ministerin Lemke. Ich habe das nicht abgesprochen mit der Kollegin Weisgerber, aber die Rhön hat auch einen hessischen Teil, in dem ich jetzt schon oft war.
Reden Sie mal mit den Weidetierhaltern dort, die übrigens – wir haben es gehört – Landschaftsschutz betreiben, die die Kulturlandschaft erhalten, die Artenschutz betreiben, die in kupiertem Gelände, das sie maschinell gar nicht mehr betreuen können, dafür sorgen, dass das überhaupt noch alles geschieht. Reden Sie mal mit denen, die morgens in Angst um ihre Herde wieder nach draußen gehen, die Sorge haben, dass sie das nächste Rissereignis haben. Sagen Sie denen, dass dieses Schnellschussverfahren, das noch vor keinem einzigen Gericht standgehalten hat, jetzt die große Lösung ist. Die schlagen vor Fassungslosigkeit über die Politik nur noch die Hände über dem Kopf zusammen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Carsten Träger [SPD]: Das OVG Niedersachsen hat das anders beurteilt!)
– Das OVG Niedersachsen hat nicht anders geurteilt. – Die gerichtlichen Entscheidungen unterscheiden sich doch nur in zwei Dingen: Die einen sagen, das Verfahren sei überhaupt nicht rechtmäßig, und die anderen sagen, der Bescheid sei rechtswidrig. Das Ergebnis ist aber: Der Abschuss kann nicht gemacht werden. Das können wir doch nicht draußen als Lösung verkaufen, meine Damen und Herren. Dann nimmt uns am Ende doch kein Mensch mehr ernst.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Carsten Träger [SPD])
Deshalb, meine Damen und Herren: Wenn wir feststellen, dass die Wolfspopulationen immer größer werden, dass es teilweise zu Gewöhnungen kommt, dass Herdenschutzmaßnahmen überwunden werden – das haben wir eben sogar von den Grünen gehört –, dann kommen wir zu dem Ergebnis – und alle Betroffenen, die die Sorgen vor Ort haben, sehen das am Ende genauso –, dass wir in eine aktive Bestands- und Populationskontrolle einsteigen müssen.
Wir als Länder bitten einfach darum: Versetzen Sie uns in die Lage, zu handeln! Das Bundesnaturschutzgesetz ist ja noch härter als die FFH-Richtlinie, weil Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe e der FFH-Richtlinie nicht umgesetzt wird. Da könnte man vielleicht ein anderes Schnellschussverfahren machen. Das wäre das Erste, was Sie tun könnten.
Dann stimmen Sie bitte der Änderung der Berner Konvention zu, und setzen Sie sich für eine Änderung der FFH-Richtlinie ein! Dann können wir in ein aktives Bestandsmanagement einsteigen – zum Schutz der Weide- und Nutztierhalter und im Übrigen auch zum Schutz der Kulturlandschaft.
(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: So wie es im Koalitionsvertrag steht! Genau!)
Damit versetzen Sie uns in die Lage, vor Ort zu handeln. Darum bitten wir Sie: Handeln Sie endlich, und lassen Sie die Weidetierhalter nicht länger im Regen stehen!
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Peggy Schierenbeck [SPD])
Das Wort hat Dr. Lina Seitzl für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7611709 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 171 |
Tagesordnungspunkt | Herabstufung des Schutzstatus des Wolfs in der Berner Konvention |