Markus HerbrandFDP - Abschaffung des Solidaritätszuschlags
Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte AfD-Fraktion, nachdem Sie Ihren Antrag in den vergangenen Sitzungswochen immer wieder kurzfristig von der Tagesordnung genommen haben, haben Sie ihn nun vier Tage vor der Europawahl wieder hervorgekramt. Ganz offensichtlich soll damit auch von Ihrem Komplettversagen bei der Kandidatenwahl für die Europawahl abgelenkt werden.
(Zuruf des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD])
Konstruktive Lösungen benötigen meines Erachtens im Übrigen auch mehr Beschäftigung mit der Sache als diese uns zur Beratung vorgelegten sehr verkürzten Ausführungen. Es ist inzwischen müßig, darauf hinzuweisen, dass kein einziger fundierter Vorschlag zur Gegenfinanzierung gemacht wird.
(Zuruf des Abg. Dr. Götz Frömming [AfD])
Um diese Arbeit drücken Sie sich immer wieder, und das ähnelt Ihrem gesamten politischen Auftritt.
Wir Freien Demokraten machen eine Politik aus einem anderen politischen Selbstverständnis heraus. Wir bewerten Gesetze und Entwicklungen auf der Basis von Fakten und ziehen dann daraus unsere Schlüsse.
Was also sagen die Fakten?
Erstens. Neben der festen Überzeugung, dass diese Steuer wichtige private Investitionen in unserem Land ausbremst, ist der nur noch von bestimmten Gehaltsgruppen und Unternehmen zu zahlende Solidaritätszuschlag seit dem Auslaufen des Solidarpakts II Ende 2019 aus unserer Sicht verfassungswidrig.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD – Dr. Götz Frömming [AfD]: Ja, dann müsst ihr uns ja zustimmen!)
Diese Rechtsauffassung haben wir sowohl in zahlreichen öffentlichen Erklärungen als auch in internen Koalitionsrunden immer unterstrichen.
Zweitens. Zu den Fakten gehört auch, dass es für diese Ansicht keine politische Mehrheit in der Koalition gibt, und auch, dass die CDU/CSU den Fortbestand des Solidaritätszuschlags in ihrer Regierungszeit immer unterstützt hat.
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: So ein Quatsch!)
Drittens ist es auch Tatsache, dass – sollte unsere Rechtsauffassung durch das Bundesverfassungsgericht bestätigt werden – weitere, auch schmerzhafte Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen erforderlich werden.
Der klägliche Versuch der AfD, eine Anti-Soli-Allianz aus Union, FDP und ihnen aufzubauen,
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Das wäre mal was!)
ist ein wirklich plumper, unrealistischer und naiver Weg.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Dr. Götz Frömming [AfD]: In Geiselhaft der Grünen sind Sie!)
Ich habe Ihnen schon im Ausschuss gesagt – und dazu stehe ich –, dass sich politische Mehrheiten nicht allein durch die reine Addition von bei Wahlen erreichten Prozentpunkten ergeben. Hierzu sind auch gemeinsame Wertvorstellungen notwendig,
(Beatrix von Storch [AfD]: Inhalte! Inhalte für die Bürger umsetzen!)
die weit über die Fragen von tagesaktueller Steuerpolitik hinausgehen.
Nicht zuletzt zeigen aber auch die Ereignisse rund um die russischen Schmiergeldzahlungen und chinesische Spionage bei Teilen ihres sogenannten Spitzenpersonals eindrücklich, dass zwischen FDP und AfD Welten liegen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Götz Frömming [AfD]: Da ist doch gar nichts dran! Wollen wir die Skandale der FDP aufzählen?)
Im Gegensatz zur AfD haben wir Freien Demokraten aber auch nicht nur heiße Luft verbreitet, sondern konkrete Schritte zur endgültigen Klärung der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags unternommen: Abgeordnete aus unseren Reihen haben mit ihrer Verfassungsbeschwerde die Weichen dafür gestellt, dass wir Klarheit über den Soli erhalten. Während wir also konkret wurden, hat sich die AfD stattdessen vier Jahre in ihre Höhle verkrochen, um kurz vor der Europawahl Aktivitäten vorzutäuschen.
Das Bundesverfassungsgericht wird sich daher noch in diesem Jahr mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit dieser Sonderabgabe befassen. Wir stehen kurz davor, rechtsverbindliche Klarheit zu erhalten. Selbstverständlich wird das Urteil dann auch unsere künftigen politischen Entscheidungen und Weichenstellungen bestimmen müssen.
Darüber hinaus haben wir Freien Demokraten einen Vorschlag unterbreitet, das Ende des Solidaritätszuschlags auch in Zeiten neuer Haushaltsrealitäten einer politischen Lösung zugänglich zu machen. Vor wenigen Wochen hat unser Präsidium einen Zwölf-Punkte-Plan für eine dringend benötigte Wirtschafts- und Wachstumswende beschlossen. In diesem Papier finden Sie auch die Forderung nach der Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Allerdings sind wir uns darüber im Klaren, dass dies angesichts der großen zeitgleich zu meisternden Herausforderungen nur gleitend in zwei Stufen darstellbar wäre. Die so entstehenden Entlastungen setzten dann bei Unternehmen Mittel frei, die für Investitionen in wirtschaftliche Dynamik zur Verfügung stehen.
Diese Herausforderungen gehen wir als FDP mit großem Enthusiasmus an. Denselben Elan werden wir an den Tag legen, wenn das Bundesverfassungsgericht sein Urteil zum Solidaritätszuschlag gefällt hat. Offensichtlich nicht zu Ende gerechnete Anträge der AfD werden wir bis dahin weiterhin gerne ablehnen.
Danke schön.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank. – Nächster Redner ist der Kollege Olav Gutting, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7611740 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 171 |
Tagesordnungspunkt | Abschaffung des Solidaritätszuschlags |