06.06.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 172 / Zusatzpunkt 1

Martin GersterSPD - Regierungserklärung zur aktuellen Sicherheitslage

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Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin, ehrlich gesagt, sehr dankbar für diese Regierungserklärung des Bundeskanzlers von heute und insbesondere auch dafür, dass er den wichtigen Bevölkerungs-, Katastrophen- und Zivilschutz angesprochen hat. Das gehört zur Sicherheit in unserem Land unabdingbar dazu.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Viele Menschen müssen gerade in diesen Tagen hautnah erleben, wie massiv die Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels sein können, welch gewaltige Extremwetterereignisse er hervorbringen kann: Schäden nicht in Millionen-, sondern in Milliardenhöhe, Folgen, die für viele lebens- und existenzbedrohlich sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was wir gerade in Baden-Württemberg und Bayern vielerorts durchmachen, das ist ja kein Einzelfall. Wir hatten allein in diesem Jahr schon mehrere große überregionale Starkregenereignisse und Hochwasser. In diesen Tagen ist auch meine Heimatregion – Oberschwaben, Allgäu, Bodensee – enorm stark betroffen. Ich bin viel unterwegs, so vorgestern mit der Präsidentin der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, Sabine Lackner, in Ulm und im Raum Stuttgart.

Es sind immer wieder ähnliche Erkenntnisse, die ich aus den Begegnungen und Gesprächen vor Ort mitnehme. Eine Erkenntnis ist: Keine Fotos, keine Fernsehbilder können auch nur annähernd wiedergeben, welches Ausmaß eine derartige Katastrophe hat und was es für die Betroffenen tatsächlich bedeutet. Es ist jedes Mal aufs Neue schockierend, mit welch rasanter Geschwindigkeit und mit welcher Wucht eine solche Naturgewalt hereinbricht. Und: Die Eindrücke, das Leid der Betroffenen lässt einen so schnell nicht los. Das bleibt hängen, das nimmt man mit in die nächsten Tage und Wochen.

Eine weitere Erkenntnis, liebe Kolleginnen und Kollegen: Es ist unglaublich beeindruckend, wie viele Menschen bereit sind, zu helfen, und hochmotiviert, hochprofessionell ans Werk gehen. Das gilt für unsere Hilfs- und Einsatzorganisationen, die in Deutschland fast komplett von Ehrenamtlichen getragen werden. Ich glaube, wir alle haben Grund, herzlich Danke zu sagen: an alle Einsatzkräfte beim Technischen Hilfswerk, beim Roten Kreuz, bei der DLRG, aber natürlich auch bei unseren Feuerwehren und Kommunen, wo viel geleistet wird, aber auch an diejenigen, die spontan mit anpacken, einfach helfen. Ganz herzlichen Dank von Herzen an alle Helferinnen und Helfer!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ja, das ist große Solidarität, der soziale Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält. Ich finde, das ist ein ganz starker Gegenpol zu all jenen, die unsere Gesellschaft auseinandertreiben wollen, die Hass, Hetze und Gewalt verbreiten und zuweilen auch Einsatzkräfte behindern und sie attackieren. Das geht gar nicht. Auch da müssen wir vonseiten der Politik ein klares Zeichen setzen; das sind wir den Helferinnen und Helfern schuldig.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist eine starke Botschaft, dass es trotz vieler auch belastender Einsätze im THW vielerorts einen starken Zulauf an Interessierten gibt, die mitmachen wollen. Inzwischen sind es über 88 000 Ehrenamtliche, die mithelfen, die mit anpacken wollen. Ich finde, wir müssen alles tun, um dieses Potenzial voll und ganz zu nutzen. Nichts ist doch schlimmer, als Interessierten zu sagen: Wir haben gerade keinen Platz für dich. – Das passiert aber leider. Dem müssen wir entsprechend entgegenwirken.

Aufnahmestopp mangels Kapazität: Das geht nicht. Unterkünfte in Baracken für Ehrenamtliche, die anderen das Leben retten: Das geht auch nicht. Da müssen wir gemeinsam ran. Das, glaube ich, sind wir den Helferinnen und Helfern schuldig. Sie brauchen gute Rahmenbedingungen für ihr Engagement.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Jürgen Kretz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Eine weitere Erkenntnis ist: Prävention wirkt. Wir wissen ja schon lange, dass Extremwetterereignisse immer häufiger kommen. Und wir haben im Bund wirksame Programme auf den Weg gebracht, um die Städte und Gemeinden an Trockenheit, Starkregen und Hochwasser anzupassen. Erst gestern haben wir im Haushaltsausschuss weitere 100 Millionen Euro dafür bereitgestellt. Und das wirkt: Erst zu Jahresbeginn wurde in meiner Heimatstadt Biberach ein neuer Hochwasserdamm fertiggestellt, der jetzt am Wochenende die Innenstadt vor einer dramatischen Überflutung wirksam bewahrt hat.

Aber ich glaube, wir müssen uns auch ehrlich machen: Das reicht noch nicht. So wartet die Nachbargemeinde in Ummendorf seit Jahren auf finanzielle Unterstützung der Landesregierung, lieber Minister Thomas Strobl. Man kann vor Ort schauen, was passiert, wenn man tatsächlich nicht handelt, die Bereitstellung von Geldern entsprechend auf die lange Bank schiebt und Entscheidungen nicht trifft.

(Beifall bei der SPD)

Ja, wir haben viel getan. Ich freue mich auch, –

Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Gerster.

– dass die Alarmierung immer besser geworden ist. Herzlichen Dank hier an unsere Ministerin Nancy Faeser.

Ich glaube, Investitionen im Bereich Bevölkerungsschutz und Katastrophenschutz sind wichtige Investitionen zum Schutz unserer Bevölkerung und zur Sicherheit unseres Landes.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Konrad Stockmeier [FDP])

Ich grüße Sie recht herzlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Besucherinnen und Besucher auf den Tribünen.

Wir fahren in der Aussprache fort. Die nächste Rednerin ist für die Gruppe BSW Dr. Sahra Wagenknecht.

(Beifall beim BSW)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7611829
Wahlperiode 20
Sitzung 172
Tagesordnungspunkt Regierungserklärung zur aktuellen Sicherheitslage
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