Sebastian HartmannSPD - Regierungserklärung zur aktuellen Sicherheitslage
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts der Regierungserklärung unseres Bundeskanzlers und dieses Ereignisses gehört das erste Wort dem Opfer, dem Polizisten Rouven L., der sich mutig vor uns stellte, was er mit dem Leben bezahlte. Wir ächten diese Tat, und es darf zu solchen Taten nicht kommen. Es ist angemessen, die Trauer zum Ausdruck zu bringen, bevor wir zu den politischen Folgen und den Ableitungen kommen. Denn wir sind in der Verantwortung, etwas zu tun, damit so etwas nie wieder geschieht.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Dennoch halten wir es aus, dass unsere Gesellschaft so gefordert wird. Und der Begriff „Zeitenwende“ beschreibt diesen Moment, diese Epoche sehr zutreffend. Es ist ein politisches Programm, ein Handlungsauftrag an all diejenigen demokratischen Kräfte hier im Plenum, die Verantwortung tragen. Wir erkennen an, dass die Phase der Entspannung vorüber ist und wir in rauen Zeiten leben. Wir sind im Inneren und im Äußeren gefordert, unsere Sicherheit zu verteidigen. Und wir wollen damit auch unser Denken, überkommene Auffassungen und in den vergangenen Jahrzehnten liebgewonnene Erkenntnisse sehr kritisch hinterfragen. Das betrifft jede politische Kraft hier im Haus.
Das bedeutet auch, dass eine veränderte Sicherheitslage dazu führt, dass wir andere Entscheidungen treffen; denn sonst erkennen wir nicht an, dass wir in einer Zeitenwende sind. Das bedeutet für uns: Mehr Sicherheit, mehr Befugnisse für unsere Sicherheitsbehörden, nicht weniger Befugnisse für die Sicherheitsbehörden, mehr finanzielle und personelle Ressourcen und keine Sparmaßnahmen bei Sicherheitsbehörden.
Es bedeutet auch mehr Durchhaltefähigkeit und Konsequenz, wenn es um die Durchsetzung des Rechts geht. Es bedeutet, die Sicherheitslage in Afghanistan und Syrien anders zu beurteilen; denn die Sicherheit der hier Lebenden geht immer vor dem Bleiberecht von Straftäterinnen und Straftätern und Gefährdern.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Na, dann machen Sie das!)
Diese Konsequenz führt dazu, dass das, was wir in der Regierungsverantwortung gemeinsam getan haben, nun auch für Regionen wie Syrien und Afghanistan, aus denen Gefährder und Islamisten stammen, angegangen wird.
Herr Innenminister Strobl, Sie haben gemeinsam mit uns als Mitglied des Deutschen Bundestages Verantwortung getragen. Sie wissen, dass der Täter 2013 eingereist ist. Sie waren im Innenausschuss, als 2014 sein Asylgesuch abgelehnt worden ist. Er ist acht Jahre im Land verblieben während der gemeinsamen Regierungszeit. Wir tragen gemeinsam Verantwortung als politische Kräfte. Es hilft nicht, mit dem Finger auf andere zu zeigen; ich spreche hier die Union an. Auch Sie sind in der Verantwortung.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Detlef Seif [CDU/CSU]: Es geht um die Zukunft! Es geht um Maßnahmen jetzt!)
Wenn wir gemeinsam bestehen wollen, dann erinnere ich daran, dass sich diese Gesellschaft im Deutschen Herbst, dem Terrorherbst, zusammengetan hat; denn wir waren durch Terrorismus gefordert. Auf den Deutschen Herbst folgte kein Winter, sondern ein Frühling der deutschen Demokratie. Das müssen wir gemeinsam erreichen, indem wir es schaffen, humanitäres Völkerrecht zu achten, Geflüchtete aufzunehmen, sie nicht in einen Topf zu werfen, aber trotzdem die volle Härte des Rechtsstaats gegen Straftäter anzuwenden. Denn wir dürfen nicht hinnehmen, dass Menschen aus unserer Mitte gerissen werden, dass Polizistinnen und Polizisten in Ausübung ihrer Pflicht ermordet werden. Das ist die Verantwortung, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Frank Bsirske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich unterstreiche ausdrücklich die politischen Ankündigungen, die hier gemacht worden sind. Wir haben in den §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes schon massive Verschärfungen vorgenommen. Wir werden das Ausweisungsinteresse noch einmal dahin gehend anschauen, wie wir weitere Tatbestände hinzunehmen. Wenn es eine Lücke gibt, so ist sie im Interesse der hier lebenden Menschen zu schließen. Das ist die klare Ankündigung des Bundeskanzlers.
Die rechtliche Seite werden wir gemeinsam als Parlament angehen. Aber die tatsächliche Seite betrifft Länder und Bund gemeinsam. Ich gehe fest davon aus, dass das Innenministerium und das Auswärtige Amt zu einer gemeinsamen Sicherheitslageeinschätzung kommen, sodass es auch zur Rückführung von Täterinnen und Tätern kommt. Das ist eine Erwartungshaltung der Länder in diesem Land, das ist eine Erwartungshaltung der Bürgerinnen und Bürger. Wenn wir das gemeinsam hinbekommen, dann werden wir bestehen.
Kommen Sie zum Schluss bitte.
Wir dürfen auf keinen Fall die Extremisten in diesem Land dazu übergehen lassen, dass sie hier die politische Agenda bestimmen. Ich bin dankbar für jeden, der in diesem Moment Zusammenhalt organisiert und die Scharfmacher in die Schranken weist.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7611834 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 172 |
Tagesordnungspunkt | Regierungserklärung zur aktuellen Sicherheitslage |