06.06.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 172 / Zusatzpunkt 2

Daniel BaldySPD - Bekämpfung der Gefahr durch den politischen Islam

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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten den Antrag der Unionsfraktion, den wir schon in der letzten Sitzungswoche beraten haben, heute unter anderen Vorzeichen, als wir das vor drei Wochen getan haben. Vor drei Wochen ging es insbesondere um diejenigen, die auf deutschen Straßen Kalifate fordern, und heute sprechen wir über diejenigen, die ihren Worten Taten folgen lassen, die Repräsentantinnen und Repräsentanten unseres Staates angreifen und damit diesen Staat und unsere Demokratie und damit uns alle angreifen.

Es bleibt bei dem, was ich bereits vor drei Wochen hier im Deutschen Bundestag gesagt habe: Wir werden uns Demokratiefeinden auch weiterhin entgegenstellen. Das ist unter anderem sozialdemokratische Kern-DNA seit 1863. Das ist auch die gemeinsame Überzeugung dieser Koalition. Wer sich gegen die Demokratie in diesem Land stellt, der wird uns als Gegner haben, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Dieser Antrag ist in den letzten drei Wochen offensichtlich der gleiche geblieben, und damit sind wir schon bei einem der Hauptkritikpunkte: Trotz massiver Bedenken in der ersten Debatte vor drei Wochen wollen Sie über diesen Antrag heute ohne ernsthafte Beratung im Ausschuss, vor allen Dingen aber ohne Expertenanhörung im Innenausschuss abstimmen lassen. Sie werden – das kann man sich vorstellen – danach wieder tönen, sei es in der Presse oder auch auf X: Die Ampel will gar nichts tun, die ignoriert das alles. –

(Detlef Seif [CDU/CSU]: Das stimmt ja! – Moritz Oppelt [CDU/CSU]: Wo ist denn der Ampelantrag?)

Das stimmt nicht. Die Ampel wird aber nicht verfassungsrechtlich höchst umstrittenen Vorschlägen, wie Sie sie hier machen, einfach zustimmen,

(Detlef Seif [CDU/CSU]: Wo sind denn Ihre Vorschläge? Wo ist Ihr Antrag?)

ohne wenigstens einmal mit Expertinnen und Experten dazu im Ausschuss gesprochen zu haben.

(Beifall bei der SPD)

Schauen Sie doch mal in die Urteile des Bundesverfassungsgerichts, bevor Sie solche Forderungen stellen!

Welche Punkte sind es konkret, die zumindest fragwürdig hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit sind? Da ist zum einen die Strafbarkeit des Aufrufs zur Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Ich kann Ihnen nur empfehlen, in die Urteile des Bundesverfassungsgerichts zu schauen. 2007 haben die Richterinnen und Richter festgestellt, dass – ich zitiere – „Kritik an der Verfassung und ihren wesentlichen Elementen ebenso erlaubt ist wie die Äußerung der Forderung, tragende Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu ändern“.

(Zuruf des Abg. Detlef Seif [CDU/CSU])

Diese Kritik, die da an unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung geäußert wird, muss uns nicht gefallen. Zumindest uns gefällt sie nicht, und mir persönlich gefällt sie auch nicht. Wir müssen dieser Kritik natürlich auch widersprechen, aber wir dürfen sie eben leider nicht verbieten. Werteloyalität – auch das schreibt das Bundesverfassungsgericht in diesem Urteil – kann und darf leider nicht erzwungen werden.

Sie werfen uns ja auch oft vor, wir würden alles gegen Rechtsextremismus tun, aber gegen Islamismus und Linksextremismus seien wir tatenlos,

(Detlef Seif [CDU/CSU]: Viel zu wenig!)

da guckten wir weg, das sei uns alles egal. Wenn das, was Sie da in Ihrem Antrag schreiben und fordern, heute schon möglich wäre, unter anderem auch gegen Rechtsextreme, dann hätten wir das doch Ihrer Logik zufolge schon längst getan. Aber dass wir es nicht tun, ist doch kein Zeichen dafür, dass wir nicht dagegen vorgehen wollen, es ist kein Zeichen von fehlendem Willen, sondern es ist das Grundgesetz,

(Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: Nein!)

das eben verbietet, das zu tun. Ignorieren Sie das nicht in diesen Debatten! Wischen Sie nicht immer so darüber hinweg, als könne man einfach so darüber hinweggehen!

(Detlef Seif [CDU/CSU]: Das sind die fehlenden Fähigkeiten von Ihnen!)

Nein, es ist unsere Verfassung, die wir achten müssen, wenn wir Gesetze machen.

(Beifall bei der SPD)

Müssen wir das, was Islamisten auf unseren Straßen von sich geben, womit sie den Hass säen, auf dessen Boden dann Taten wie die von Mannheim passieren, tatenlos hinnehmen? Nein, es gibt Möglichkeiten, Beschränkungen für die Versammlung zum Schutz der öffentlichen Ordnung vorzugeben, wie das auch in Hamburg in den letzten Wochen geschehen ist. Wir sind nicht handlungsunfähig gegen solche Demonstrationen. Tun Sie also bitte nicht immer so, als wären wir das, und werfen Sie uns vor allen Dingen nicht vor, wir würden das aus einer angeblich falsch verstandenen Toleranz akzeptieren!

Es gibt heute schon Mittel und Wege, die können die Länder und Kommunen auch anwenden. Es ist nicht der Bund, es ist nicht die Bundesregierung, die Sie hier ansprechen müssen. Es sind die Unions-Landesinnenminister, die Sie beispielsweise da mal in die Pflicht nehmen sollten.

Ihr Antrag hätte eine Grundlage für eine ordentliche Expertenanhörung im Innenausschuss sein können. Sie haben es vorgezogen, ihn diese Woche final abstimmen zu lassen, und das trotz der großen Bedenken, die wir hier bereits in der letzten Debatte deutlich artikuliert haben. Dementsprechend kann diesem Antrag in dieser unveränderten Form nicht zugestimmt werden.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort Marcel Emmerich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7611857
Wahlperiode 20
Sitzung 172
Tagesordnungspunkt Bekämpfung der Gefahr durch den politischen Islam
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