06.06.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 172 / Zusatzpunkt 2

Simona KoßSPD - Bekämpfung der Gefahr durch den politischen Islam

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erst vor wenigen Tagen haben wir hier vor dem Reichstag mit einem großen Bürgerfest den 75. Geburtstag unseres Grundgesetzes gefeiert. Heute, kurz vor der Europawahl, will ich noch einmal ganz deutlich sagen: Die freiheitlich-demokratische Grundordnung wurde hart erkämpft. Die Grundrechte gelten. Wir werden unsere offene und demokratische Gesellschaft vor jedem Extremismus klar und vehement verteidigen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Die Tötung eines Polizisten durch einen mutmaßlichen Islamisten ist eine große Tragödie. Ich trauere um ihn, und meine Gedanken sind bei seinen Angehörigen und seinen Kolleginnen und Kollegen. Das alles, meine Damen und Herren, ist sehr bedrückend, auch gefährlich, und viele machen sich Gedanken.

Ich sehe mit Entsetzen, dass Gewalt immer häufiger als Mittel der Politik eingesetzt wird. Wir sehen, wie der radikale Islamismus inzwischen auch in Deutschland Todesopfer fordert. Dagegen müssen wir vorgehen, davor müssen wir uns schützen – mit allen verfügbaren Mitteln, auch in Zeiten knapper Kassen. Das ist selbstverständlich.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke unserer Innenministerin Nancy Faeser, dass sie den Islamismus scharf ins Auge genommen hat.

(Widerspruch bei der CDU/CSU und der AfD)

Sie hat in ihrer Amtszeit bereits eine ganze Reihe islamistischer Organisationen verboten, und weitere Verbote werden geprüft.

(Beifall bei der SPD)

Hier, meine Damen und Herren, dürfen wir nicht nachlassen, sondern müssen ständig wachsam sein,

(Alexander Throm [CDU/CSU]: Aber wenn sie ihn schon mal im Auge hat, ist ja gut!)

übrigens auch im Internet. Der brandenburgische Verfassungsschutz warnt vor einer „Tiktokisierung des Islamismus“.

Zum vorliegenden Antrag der Union. Zunächst einmal: Der Islam gehört zu Deutschland. Das hat ein Bundespräsident mit CDU-Parteibuch vor Jahren festgestellt.

(Albrecht Glaser [AfD]: Das war damals schon falsch!)

Wir haben kein Problem mit dem Islam oder mit Musliminnen und Muslimen. Ich denke zum Beispiel an das herausragende Engagement der Ahmadiyya-Gemeinde in Strausberg, in meinem Wahlkreis. Ein Generalverdacht gegen Muslime verbietet sich, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielmehr ist es doch so, dass auch liberale Muslime unter dem Terror der Extremisten leiden. Denken Sie an den Ehrenmord an Hatun Sürücü in Berlin. Denken Sie an die liberale Ibn-Rushd-Goethe-Moschee, die wegen der Bedrohungslage seit Jahresende geschlossen ist.

Liebe Kollegin Koß, erlauben Sie eine Zwischenfrage von Beatrix von Storch?

Nein. – In Brandenburg mussten wir queere Geflüchtete in Schutzräumen unterbringen, wenn sie in Gemeinschaftsunterkünften nicht sicher waren. Oder denken Sie an den islamistischen Judenhass. Das alles, meine Damen und Herren, ist nicht akzeptabel.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Michael Georg Link [Heilbronn] [FDP])

Leider bietet der Unionsantrag keine wirksame Antwort. Deshalb werden wir ihn ablehnen. Denn was ist Ihre Lösung? Sie wollen Islamisten abschieben. Dafür hat die Bundesregierung bereits die gesetzliche Grundlage geschaffen. Es liegt jetzt an den Ausländerbehörden, diese Verfahren auch durchzuführen. Da ist der Bund auf die Mitwirkung auch der unionsgeführten Bundesländer und der Innenministerinnen und Innenminister angewiesen. Asylverfahren dauern einfach noch viel zu lange.

Andere Frage: Wohin wollen Sie abschieben, wenn die Täter Deutsche sind?

(Zuruf von der SPD: Richtig!)

Wie wollen Sie den Islamismus aus den Köpfen kriegen? Wie wollen Sie ihm den Boden entziehen?

(Alexander Throm [CDU/CSU]: Genau deshalb sollten wir die Einbürgerung nicht erleichtern!)

Ich habe den Eindruck, dass wir mit der Vermischung von Religion, Terrorismus, Aufenthaltsrecht und Zuwanderung genau über das Stöckchen springen, das uns die Islamisten hinhalten. Sie behaupten, dass Muslime generell unterdrückt würden und sich deshalb verteidigen müssten. Das ist natürlich Unsinn.

Wir müssen uns trotzdem fragen, welchen Beitrag wir zur Radikalisierung leisten, welches Verständnis wir von Integration haben. Denn Islamismus ist gefährlich, und es gibt keine einfachen Antworten.

Deswegen brauchen wir zusätzlich zum Aufenthaltsrecht, zum Strafrecht und zum Versammlungsrecht mehr Extremismusprävention und Demokratieförderung. Da gibt es viele wirkungsvolle Ansätze. Ich nenne nur die Demokratielotsen etwa in meinem Wahlkreis Märkisch-Oderland.

(Beatrix von Storch [AfD]: Ja, die Demokratielotsen verhindern die Messermorde! Echt!)

Zum Schluss noch eine Bitte an alle Demokratinnen und Demokraten: Passt auf eure Wortwahl auf! Lasst uns gemeinsam unsere Grundwerte und unsere Demokratie verteidigen!

(Beatrix von Storch [AfD]: Ja!)

Unsere Kinder und Enkel sollen in einem vielfältigen Europa aufwachsen.

Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Moritz Oppelt für die Unionsfraktion ist der nächste Redner.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7611869
Wahlperiode 20
Sitzung 172
Tagesordnungspunkt Bekämpfung der Gefahr durch den politischen Islam
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