Franziska MascheckSPD - Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auf den Tribünen! Selbstverständlich rede ich nicht, wenn die Präsidentin redet; das ist ja wohl klar.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Frau Bachmann, wenn man Ihrer Rede zugehört hat, musste man feststellen, dass Sie von Kommunalpolitik keinen blassen Schimmer haben.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich sage Ihnen auch, warum.
Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, warum ruft eine in weiten Teilen als rechtsextremer Verdachtsfall eingestufte Partei dieses Thema heute hier auf?
(Enrico Komning [AfD]: Weil es richtig ist!)
Die Vorrednerin hat es selbst in ihrer Rede gesagt: Richtig, es sind Kommunalwahlen in ganz Ostdeutschland.
(Zuruf der Abg. Carolin Bachmann [AfD])
Und sie macht es nur für Tiktok.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich will Ihnen eine Beobachtung aus meinem Wahlkreis im Landkreis Leipzig in Sachsen schildern. 2019 waren Kommunalwahlen. Dort wurde wunderbar ins Blaue gewählt. In meinem Stadtrat hätten vier Menschen aus dieser Partei sitzen können, aber sie hatte nur drei Kandidierende. Sie haben miteinander gestritten, haben sich zerlegt, haben dann ihre Fraktion aufgelöst. Genauso auch im Kreistag. Sie haben nichts für die Bürgerinnen und Bürger getan. Sie haben keine Ahnung von Kommunalpolitik.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Christina-Johanne Schröder [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kennen wir!)
Ihr Bürgermeister in Pirna verweigert sich einem demokratischen Stadtratsbeschluss, 75 Jahre Grundgesetz zu feiern. Ich frage Sie: Warum um alles in der Welt sollte man Feinde der Demokratie, Feinde unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung in unsere demokratischen Parlamente wählen?
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Stephan Brandner [AfD]: Die Feinde seid ihr doch!)
– Genau, Sie verstehen die Frage nicht. Ihre Abgeordneten sind auch nicht mehr anwesend. Wunderbar.
Dann komme ich jetzt zu Ihren Anträgen.
Erster Punkt. Die Kommunalfinanzierung ist – das erkläre ich Ihnen ganz kurz, viele werden es aber auch wissen – Aufgabe der Länder. Macht das der Bund, verstößt er gegen unser Grundgesetz. Die Forderung der AfD hierzu verstößt gegen unser Grundgesetz.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Richtig ist, dass die Länder die Kommunen auskömmlich finanzieren müssen.
Nächster Punkt. Wenn immer weniger Menschen in den Dörfern leben – das ist bei uns in Sachsen in weiten Teilen der Fall –, beispielsweise weil rechtsextremes Gedankengut sehr verbreitet ist und die Menschen deswegen weggehen, dann gibt es weniger Geld für die Kommunen. Irgendjemand muss das Steuergeld ja erwirtschaften. Jetzt sage ich Ihnen was: Das geht ganz wunderbar mit menschenfreundlicher Regionalentwicklung und Wirtschaftspolitik.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Möchten Sie denn eine Zwischenfrage von Frau Bachmann zulassen?
Natürlich nicht. Ich lasse von der AfD keine Zwischenfragen zu.
(Stephan Brandner [AfD]: Warum eigentlich nicht? Haben Sie Angst vor den Fragen, oder was?)
Für alle, die nicht wissen, was ich meine: Rassismus und Sexismus sind menschenverachtend und nicht menschenfreundlich, damit verstößt man gegen unser Grundgesetz.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Dann behaupten Sie als Nächstes, das Geld der Kommunen fließe zu einem sehr großen Teil in die Sozialausgaben. Ja, das ist richtig. Nur suggerieren Sie, das Geld komme ausschließlich den Geflüchteten zu, und das ist nicht der Fall. Richtig ist: Es geht an Familien, es geht an Kinder, es geht an Jugendliche beispielsweise über Familienleistungen und Hilfen zur Erziehung. Es geht an pflegebedürftige ältere Menschen, an Seniorinnen, an Menschen mit Behinderung. Und nur ein sehr kleiner Teil geht an Geflüchtete. Wem wollen Sie denn zuerst das Geld streichen? Menschen mit Behinderung, zu pflegenden Seniorinnen, Kindern, Eltern? Oder wollen Sie wieder einmal über lebenswertes Leben entscheiden? Achtung: Das verstößt gegen unser Grundgesetz. Dann behaupten Sie als Nächstes, die Kosten der Unterkunft beim Bürgergeld würden ausschließlich die Kommunen tragen. Das ist nicht der Fall. Bei den KdU entlastet der Bund massiv.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Nächster Punkt: Klimawandel. Wir haben in kürzester Zeit in Deutschland die vierte Überflutung. Gehen Sie zu den Menschen, die gerade ihr Haus verloren haben, gehen Sie zu den Menschen, die gerade ihre Angehörigen verloren haben, gehen Sie hin, und sagen Sie ihnen ins Gesicht, dass Sie keine Lust haben, Treibhausgase zu sparen, weil Ihnen das zu unbequem und zu anstrengend ist.
(Stephan Brandner [AfD]: Sie instrumentalisieren auf übelste Art die Flutopfer! Schämen Sie sich! Erbärmlich, das Leid der Opfer hier zu instrumentalisieren!)
Gehen Sie zu ihnen hin, und sagen Sie ihnen, dass Sie die Mittel für die Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel streichen wollen. Schließlich gibt es diesen Klimawandel für Sie nicht.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, ein Lieblingsspruch der Rechtsextremisten und Rechtspopulisten ist: Denkt selber nach. – Ihnen muss ich das nicht sagen, Sie denken selber nach.
(Stephan Brandner [AfD]: Hä? Warum soll man nicht nachdenken?)
Deswegen bitte ich Sie: Schnappen Sie sich Ihre Nachbarinnen und Ihre Freunde, und gehen Sie zur Wahl. Verhindern Sie Rechtsextremisten in unseren Parlamenten, verhindern Sie Rechtsextremisten in Europa. Wählen Sie Demokratinnen und Demokraten.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Bloß nicht die Sozen!)
Ach ja, dann fordern Sie noch irgendwas mit deutscher Kultur. Das ist lustig; denn Ihr Parteivorsitzender ist nicht mal in der Lage, ein Gedicht eines deutschen Dichters zu benennen.
(Stephan Brandner [AfD]: Sagen Sie doch mal ein Gedicht auf!)
Jetzt sage ich Ihnen was: Ich zitiere, und Sie dürfen herausfinden, von wem das ist –: „Wo rohe Kräfte sinnlos walten,/ Da kann sich kein Gebild gestalten“. Und wenn Sie in der Lage sind, diesen Text ab Zeile 350 zu lesen, dann lesen Sie von einer Hommage an die Aufklärung, von einem zarten Bekenntnis zu einer noch nicht vorhandenen, aber im Entstehen begriffenen Demokratie. Sie dürfen selbst herausfinden, von wem das Zitat stammt. Ich verrate Ihnen schon mal: Diese Antwort finden Sie nicht auf Tiktok.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7611904 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 172 |
Tagesordnungspunkt | Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung |