Bernhard DaldrupSPD - Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal schließe ich mich gerne den Worten von Stefan Schmidt an.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Dann können Sie ja jetzt Schluss machen!)
Frau Bachmann, zehn Jahre lang haben die Kommunen in Deutschland Überschüsse gemacht; das müssten Sie wissen.
(Carolin Bachmann [AfD]: Jetzt machen sie Defizite! 7 Milliarden Defizit! Seit 2011 das erste Mal!)
Aber das können Sie vielleicht gar nicht wissen, weil Sie in Wirklichkeit auch von Finanzpolitik nichts verstehen.
Wenn man als letzter Redner redet, dann ist das meiste gesagt, weil es von allen Fraktionen gute Reden gegen die AfD gegeben hat.
(Martin Reichardt [AfD]: Dann kann man zum Schluss auch mal einen schlechten Redner schicken!)
Und diese Reden haben im Kern eins gezeigt: Es geht der AfD in dem Antrag am wenigsten um die Kommunen. Es geht Ihnen um Stimmungsmache, um Ausländerfeindlichkeit, darum, Ängste zu schüren vor den Stichwahlen in Thüringen und Sachsen.
(Carolin Bachmann [AfD]: Herr Daldrup, das ist so traurig! Wirklich! – Martin Reichardt [AfD]: O Gott, o Gott, o Gott! – Dr. Götz Frömming [AfD]: Die beschwören wir nicht! Die sind längst da!)
Das ist der Kern. Das ist durchsichtig, billig und falsch.
Aber ich beschäftige mich trotzdem mit Ihrem Antrag
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ah! – Carolin Bachmann [AfD]: Sehr gut!)
und gucke mir das mal an, um Ihr Denken zu offenbaren.
(Martin Reichardt [AfD]: Oh, oh, oh!)
Zum Thema Flüchtlinge. Sie wollen ein Vetorecht der Kommunen, Schutz der ländlichen Räume. Die Flüchtlinge sollen nicht in die Städte, nicht in die Kommunen, nicht in die ländlichen Räume – eigentlich nirgendwohin.
(Carolin Bachmann [AfD]: Korrekt! – Dr. Götz Frömming [AfD]: Die sollen in die Heimat!)
In Wahrheit wollen Sie die Kommunen und die Zivilgesellschaft gegen Bund und Land in Stellung bringen; Sie wollen zündeln.
(Martin Reichardt [AfD]: Buh! Buh!)
Das ist das Ziel Ihrer Anträge, und Sie wundern sich dann hinterher, wenn es brennt. Das ist der Kern, der einmal entlarvend genannt werden muss.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf der Abg. Carolin Bachmann [AfD])
Sie haben auch keine Ahnung – wirklich nicht! – von der institutionellen Garantie der kommunalen Selbstverwaltung im Grundgesetz. Das ist Selbstverwaltung im demokratischen Staat und nicht gegen den demokratischen Staat. Auch davon haben Sie keine Ahnung.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der Linken sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Carolin Bachmann [AfD])
Sprache ist ja ganz verräterisch. In Ihrem Antrag steht, die Einbürgerung solle der Sonderfall sein und davon abhängig, dass die Werte unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung geteilt werden.
(Carolin Bachmann [AfD]: Korrekt! Sehr gut! – Dr. Götz Frömming [AfD]: Haben Sie ähnlich gefordert!)
Das steht da so und ist auch richtig. Das ist auch schon heute so.
(Carolin Bachmann [AfD]: Nein, ist es nicht!)
Aber es gäbe ein Problem: Wenn einige von Ihnen versuchen würden – sagen wir mal: aus der Schweiz –, hier einzuwandern,
(Dr. Götz Frömming [AfD]: War das billig!)
dann würden sie wahrscheinlich auf dieser Grundlage keine Einbürgerung kriegen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Carolin Bachmann [AfD]: Mit Schweizern haben wir kein Problem! – Dr. Götz Frömming [AfD]: Oje! Das ist jetzt billig!)
Das ist einer der wichtigen Punkte; denn Sie sind ja keine Rechtsradikalen in Europa; Sie sind die Rechtsradikalsten in Europa. Das haben wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt gezeigt.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der Linken)
Übrigens: Deswegen ergänzen Sie Ihre Vorstellungen zur Einbürgerung. Für Sie geht eine Einbürgerung nur – ich zitiere – „durch Hinzufügung eines loyalen Neubürgers im politischen Sinne …“. Wahrscheinlich in Ihrem Sinne,
(Carolin Bachmann [AfD]: Im Sinne des Grundgesetzes!)
aber nicht im Sinne unseres Grundgesetzes; sonst würden Sie es ja nicht hinzufügen.
Jedenfalls hätten die Aktivisten einer als „rechtsextremistischer Verdachtsfall“ eingestuften Partei wenig Chancen, hier eingebürgert zu werden. Wir wehren uns; das ist gut.
Es wird übrigens noch schlimmer:
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ja, für die SPD wird es schlimmer!)
Sie sprechen bei der Einbürgerung in Bezug auf die Vergangenheit vom „Gnadenakt“. Sie bleiben sprachlich aber nicht in der Vergangenheit, sondern wechseln in den Präsens und sagen, ein Anspruch auf Aufnahme sei für Sie „denkunmöglich“. Ja, ich weiß, dass für Sie vieles denkunmöglich ist. Das zeigt auch: Unmöglich sind Sie und Ihr Denken, aber nicht unsere Gesellschaft. Das ist der Punkt.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Dann kommt das mit der Überfremdung. Die Kollegin Müller hat darauf hingewiesen, dass wir neuerdings nicht nur eine kulturelle, sondern auch eine technische Überfremdung haben.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Kein Wunder, dass immer weniger SPD wählen!)
Dann kommt der nächste Punkt: In urbanen Quartieren beginnen sich Parallelgesellschaften zu etablieren, was man – Zitat – an „der Nutzung öffentlicher Flächen für Picknick…“ erkennen könne.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Götz Frömming [AfD]: Was für eine arrogante Rede! Unglaublich!)
Sind Sie eigentlich noch ganz in der Welt? Das kann doch alles nicht mehr wahr sein.
(Carolin Bachmann [AfD]: Sehen Sie nicht die Stadtparks? Voll mit Islamisten! – Martin Hess [AfD]: Sie sind in keinem Stadtpark gewesen! Gehen Sie doch mal da rein, in den deutschen Großstädten! Gehen Sie da mal rein! – Dr. Götz Frömming [AfD]: Sie holen die Vergewaltiger und Messerstecher ins Land und schämen sich nicht mal dafür! Die SPD ruiniert das Land!)
Meine Zeit ist ein bisschen knapp. Das Thema Steuern ist von einer derartigen Dummheit geprägt, das muss man wirklich sagen. Es schreit wirklich nach Korrektur; der Kollege Schmidt hat das schon gesagt.
Ich komme zuletzt zur Sprache. Die Gendersprache ist Ihnen „ein Dorn im Auge“.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ja! Weil sie künstliche Sprache ist!)
Ich habe jetzt das Alte Testament bemüht, im Gegensatz zur Kollegin Franziska Mascheck. Wissen Sie, warum ich das gemacht habe? Weil Gutes in der Sprache bleibt.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ja, Gendern ist nichts Gutes!)
Sprache entwickelt sich nämlich. Sie wollen Sprache verbieten.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Nein! – Weitere Zurufe von der AfD)
– Doch, Sie wollen Sprache verbieten.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Wir wollen, dass die Behörden sich an das natürliche, richtige Deutsch halten!)
Deswegen sage ich Ihnen mal, wie wichtig es ist, dass man das anders sieht: Luther zum Beispiel
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Guter Mann!)
hat uns viele Sprachbilder geschaffen, völlig neu erfunden.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ihre Partei streicht doch Luther aus den Straßennamen! Das ist die Wahrheit!)
Er hat zum Beispiel davon gesprochen, dass es so etwas gibt wie einen „Schandfleck“.
(Martin Reichardt [AfD]: Das sind Sie! Ganz genau! Da hat er recht gehabt!)
Das passt auf Sie wie die Faust aufs Auge.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD – Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Und wissen Sie, warum? Weil Sie – ebenso nach Luther – nichts anderes sind als Wölfe im Schafspelz, und vor denen muss man unser Land hüten.
Schönen Dank.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der Linken – Zurufe von der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7611944 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 172 |
Tagesordnungspunkt | Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung |