Nina ScheerSPD - Aktuelle Stunde: Expertenrat für Klimafragen – Bundesregierung verfehlt Klimaziel
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Jung, Ihre Fraktion hat heute die Aktuelle Stunde beantragt. Als Anlass haben Sie die Vorstellung des Gutachtens des Expertenrates für Klimafragen genommen. Ich möchte voranstellen, dass die Ursachen dessen, was an Lücken identifiziert wurde, schon sehr lange zurückliegen.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ja, jetzt sind wir es wieder!)
– Das muss man einfach erwähnen, weil das viele Leute nicht wissen. Ich erwähne das hier nicht zum ersten Mal, das gebe ich zu.
(Lachen des Abg. Friedrich Merz [CDU/CSU])
– Sie können gerne lachen, weil Sie das Argument kennen.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ja, das stimmt! Und täglich grüßt das Murmeltier!)
Aber mit Ihrem Lachen, Herr Merz, täuschen Sie darüber hinweg oder verschleiern vielleicht auch, dass gerade Ihre Fraktion über Jahre den Ausbau erneuerbarer Energien massiv ausgebremst hat.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Marc Henrichmann [CDU/CSU]: Die ganz alte Leier!)
Und leider haben wir in der Großen Koalition mit Ihnen auch Maßnahmen mitgetragen – das kann man an den Ausbaukurven für die erneuerbaren Energien sehen –, die für die klimaschutzförderlichen Instrumente nicht gut waren und zu einem Knick in der Kurve geführt haben. Der Anstieg beim Ausbau der erneuerbaren Energien und der Klimaschutzmaßnahmen hätte deutlich stärker sein können, wenn es keine bremsenden Faktoren gegeben hätte.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Genauso!)
Das ist einfach Fakt; das muss man dazusagen. In dem Moment, wo wir gemeinsam Regierungsverantwortung trugen, haben wir leider mit Ihnen so handeln müssen. Jetzt, wo Sie keine Regierungsverantwortung mehr haben, fällt Ihnen auf einmal ein, wie das alles angeblich ganz schnell gehen soll. Das ist nicht besonders glaubwürdig.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Da klatschen noch nicht einmal Ihre eigenen Leute!)
Zudem möchte ich einmal darauf hinweisen, dass wir, die Ampelkoalition, über die letzten Jahre einiges an Maßnahmen beschlossen haben. Wir haben mit dem Osterpaket ein Riesenpaket zum Ausbau erneuerbarer Energien beschlossen. Wir haben das Wasserstoffkernnetz auf den Weg gebracht. Wir haben mit dem Solarpaket massive Vereinfachungen gemacht. Es wird uns von denen, die das in diesem Land energiepolitisch einschätzen können, bescheinigt, dass wir den Ausbau erneuerbarer Energien tatsächlich massiv beschleunigen. Auch beim Netzausbau gelingt uns diese Vervielfachung. – Sie gucken so ungläubig, Herr Merz.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Frau Scheer, da klatschen nicht einmal Ihre eigenen Leute!)
– Dann kennen Sie die Zahlen offenbar nicht, Herr Merz.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ich kenne die Zahlen ziemlich genau!)
Herr Merz, Sie müssten eigentlich wissen, dass wir durch die Schaffung von Regularien Erfolge erzielt haben, die sich in einem massiven Ausbau erneuerbarer Energien zeigen.
(Zuruf des Abg. Jens Spahn [CDU/CSU])
Wir haben jetzt allerdings in der Tat bei der Treibhausgasminderung eine Lücke, die zu schließen ist. Dafür müssen wir massive Maßnahmen ergreifen.
Was fordern Sie eigentlich? Sie wollen jetzt auf einmal wieder auf Kernenergie setzen, obwohl Sie ganz genau wissen, dass das über Jahre hinweg überhaupt keinen Effekt brächte, selbst wenn man diese Risiken in Kauf nähme, was wir kategorisch ablehnen. Sie unterstellen, dass man sogar ein Pilotvorhaben mit Kernfusion machen könnte, obwohl Sie doch eigentlich wissen müssten, dass man mit dem heutigen Stand der Technik überhaupt keine Energiegewinnung aus Kernfusion für den Energieverbrauch ziehen kann, außer im Labor. Das ignorieren Sie.
Wer auf solche Planungen in der Energiepolitik setzt, wer schon bestehende Gesetze für die Wärmewende, die hart errungen wurden, wieder rückgängig machen möchte,
(Jens Spahn [CDU/CSU]: Können wir einmal was zum Thema hören?)
wer dann sagt, dass man das alles über CO2-Bepreisung und mit einem Klimageld lenken könne – was niemals eine Investition im individuellen Bereich auslösen kann, weil dafür auch individuelle Maßnahmen notwendig werden –, streut den Menschen Sand in die Augen.
(Marc Henrichmann [CDU/CSU]: Sie verfehlen das Klimaziel!)
Sie setzen auf Maßnahmen, von denen Sie ganz genau wissen, dass sie nicht funktionieren können. Sie können nicht die Energiewende so voranbringen, dass eine Lücke auch nur annähernd geschlossen würde. Ganz im Gegenteil: Wenn man Ihre Maßnahmen aufaddierte, käme man zu einem ganz klaren Ergebnis. Sie können ja vielleicht auch einmal den Expertenrat anrufen; schließlich hat die Bundesregierung das selbst initiativ gemacht. Ich bin sicher, dass man eine noch viel größere Lücke hätte, wenn man Ihre Programmatik zugrunde legen würde.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wenn man aufrechnet – Tim Klüssendorf, unser Finanzpolitiker, hat das hervorragend aufgelistet –, wie viel Ihre Forderungen kosten, die Sie in den letzten Wochen aufgestellt haben, dann kommt man auf zusätzliche Ausgaben von 90 Milliarden Euro. Es ist schön, dass Sie diese Forderungen in den Raum stellen. Aber Sie haben überhaupt kein Konzept, wie das denn finanziert werden soll. Sie wollen Steuersenkungen vornehmen und gleichzeitig alle möglichen Klimaschutzmaßnahmen umsetzen. Aber Sie sagen nicht, wie das finanziert werden soll.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Ich lade Sie ein, ein Konzept auf den Tisch zu legen, aus dem hervorgeht, wie sich die Schuldenbremse reformieren lässt, –
Liebe Frau Scheer, letzter Satz, bitte!
– wie etwa ein „Sondervermögen Klimaschutz und Transformation“ geschaffen werden kann.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für die AfD-Fraktion hat das Wort Karsten Hilse.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 172 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Expertenrat für Klimafragen – Bundesregierung verfehlt Klimaziel |