Johannes FechnerSPD - Elementarschadenversicherung
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Wir erleben gerade in der Tat eine schwere Hochwasserkatastrophe in Süddeutschland. Nach den wirklich verheerenden Flutkatastrophen in Bremen, in Niedersachsen und auch in anderen Bundesländern ist das jetzt schon das vierte Extremwetterereignis in diesem Jahr. Das zeigt: Diese Starkwetterereignisse nehmen zu, und es kann jeden treffen. Deshalb müssen wir hier dafür sorgen, dass sich die Bürger noch besser vor diesen Schäden schützen können und dass sie die Schäden ersetzt bekommen. Dazu gehört, dass wir in Deutschland – wie in Frankreich – eine Elementarschadenversicherung schaffen, die günstig ist, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Auch von mir geht an dieser Stelle – das darf nicht fehlen – ein ganz herzliches Dankeschön an alle, die sich in den letzten Wochen und aktuell hauptamtlich oder vor allem auch ehrenamtlich engagiert haben und engagieren für die Bürgerinnen und Bürger, die wegen dieser Extremwetter in Not waren und sind. Auch von mir ein ganz herzliches Dankeschön dafür!
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Günter Krings [CDU/CSU])
Der Kollege Müller hat mich ausdrücklich darum gebeten, etwas zu Frankreich zu sagen. Deshalb mache ich das auch.
(Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Das sollten Sie viel öfter machen!)
Wir müssen das Rad nicht neu erfinden, wenn wir das Hab und Gut der Bürger besser absichern wollen. Sie haben den richtigen Ansatz gewählt, Sie sind richtig eingestiegen, Herr Kollege Müller, indem Sie gesagt haben: Wir nutzen aus – wie in Frankreich –, dass es eine hohe Dichte an Wohngebäudeversicherungen gibt und hängen an diese durch einen maßvollen Aufschlag eine Elementarschadenversicherung an. – Das ist exakt das französische Modell.
(Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Funktioniert nicht! Defizitär! Notleidend!)
Sie biegen dann nur falsch ab, wenn Sie sagen, dass sich die Bürger von diesem Versicherungssystem ganz einfach wieder verabschieden können. Das ist die sogenannte Opt-out-Lösung. Das wird am Ende dazu führen, so wage ich zu prognostizieren, dass noch weniger eine Elementarschadenversicherung abgeschlossen haben.
(Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Na, noch weniger als in den rot-grün regierten Ländern geht gar nicht mehr!)
In Frankreich sind die Elementarschadenversicherungen bezahlbar. Wir sprechen nicht über vierstellige oder fünfstellige Prämien. Im Schnitt zahlen die französischen Bürgerinnen und Bürger heute 26 Euro.
(Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Das ist übrigens heute widerlegt worden!)
Die Prämie wird im Schnitt auf 41 Euro steigen. Eine Steigerung um 70 Prozent hört sich nach viel an; aber in absoluten Zahlen ist das eine wirklich bezahlbare Summe vor dem Hintergrund, dass die Elementarschäden dann abgesichert sind.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wie machen die Franzosen das konkret? In Frankreich ist gesetzlich geregelt, welche Elementarschäden versichert sind und vor allem, dass durch einen bestimmten Aufschlag auf die Wohngebäudeversicherung, der maßvoll ist – es sind im Moment 12 Prozent, es sollen im nächsten Jahr 20 Prozent sein –, die Elementarschadenversicherung dabei ist.
(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Eine zweite Grundsteuer!)
Das heißt konkret: Wenn die Wohngebäudeversicherung 500 Euro pro Jahr beträgt, dann müssen ab dem nächsten Jahr 100 Euro pro Jahr dafür bezahlt werden. Das ist eine günstige Versicherung, wenn man bedenkt, welch große Absicherung man dadurch hat.
(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Das ist eine Grundsteuer!)
Damit das System dauerhaft tragfähig bleibt, muss es ein staatliches Rückversicherungssystem geben. Sonst könnten Versicherungen an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit stoßen. Auch da lohnt sich der Blick nach Frankreich. Dort gibt es eine privatwirtschaftlich organisierte Rückversicherungsgesellschaft in staatlicher Hand. Bei der können sich die Versicherungen gegen Ausfälle rückversichern. Erst wenn die Rückversicherung in wirtschaftliche Notlage geraten sollte, springt der französische Staat mit Steuergeld ein. Und das war erst einmal, 1982, der Fall.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was in Ihrem Antrag nur sehr oberflächlich erwähnt wird, ist die Prävention. Es ist in der Tat höchst bedenklich, wenn in hochwassergefährdeten Gebieten gebaut wird. Kollegin Schulz hat das zu Recht als großes Problem beschrieben. Da müssen wir uns, glaube ich, mit den Ländern und auch den Gemeinden eine effektivere Bauleitplanung vornehmen. Auch dafür stehen wir bereit.
Eines muss klar sein: Es muss Schluss damit sein, dass der Steuerzahler einspringt, wenn es zu wenig Versicherungen gibt. Sonst haben nämlich die Bürger, die kurz vor Wahlen ein Starkwetterereignis erleben, durch den hohen politischen Druck vielleicht mehr Glück als andere, zumindest eher die Chance, ihre Schäden ausgeglichen zu bekommen, und die anderen schauen in die Röhre. Das kann nicht sein. Wir brauchen ein solidarisches Versicherungssystem, bei dem die Risiken auf viele Schultern verteilt sind, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Eine weitere Frage, auf die die Union nicht eingeht, ist die, ob die Elementarschadenversicherung, auch wenn die Prämie nicht allzu hoch sein wird, auf die Mieterinnen und Mieter umlegbar sein soll. Ich finde, es gibt gute Gründe, zu sagen, dass sie nicht umlegbar sein soll; denn diese Versicherung deckt ja vor allem die Schäden der Immobilieneigentümer ab und hat eigentlich nichts mit den Mieterinnen und Mietern zu tun. Deswegen bin ich dafür, dass wir keine Umlage vorsehen, auch wenn es nicht allzu hohe Beträge sind.
Ich begrüße ausdrücklich, dass der Bundeskanzler in seiner tollen, seiner starken Rede heute
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)
angekündigt hat, am 20. Juni gemeinsam mit den Ministerpräsidenten dieses wichtige Thema zu besprechen.
(Zuruf von der CDU/CSU: Sprechen, nicht entscheiden!)
Wir sind sehr gespannt und setzen darauf, dass es zu Entscheidungen kommt. Denn eines ist klar, liebe Kolleginnen und Kollegen – ich komme zum Schluss –: Extremwetterereignisse können jeden treffen. Wir müssen die Bürgerinnen und Bürger darin unterstützen, ihr Hab und Gut, ihre Immobilien noch besser abzusichern, damit sie nicht auf unverschuldeten Schäden sitzen bleiben. Wir dürfen im wahrsten Sinne des Wortes die Bürgerinnen und Bürger nicht im Regen stehen lassen.
Lassen Sie uns also gemeinsam darüber diskutieren! Der Unionsantrag hat zu viele Mängel. In vielen Punkten geht er nicht in die notwendige Tiefe. Deswegen werden wir ihn ablehnen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Fechner. – Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Stephan Brandner, AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7612017 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 172 |
Tagesordnungspunkt | Elementarschadenversicherung |