Carsten TrägerSPD - Elementarschadenversicherung
Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Erneut haben Menschen in Deutschland in den letzten Tagen ihr Hab und Gut verloren. Sie kämpfen gegen das Hochwasser, sie kämpfen mit Unterstützung der Einsatzkräfte um ihre Existenz; fünf haben sogar ihr Leben verloren.
Natürlich werden wir die Betroffenen vonseiten der Solidargemeinschaft unterstützen, wie wir es auch in der Vergangenheit getan haben. Die harte Realität ist aber, dass Hochwasser und Überflutungen infolge von Starkregen in Deutschland keine Einzelfallereignisse mehr sind, die nur einmal im Jahrhundert geschehen, sondern sie werden durch den Klimawandel spürbar zunehmen, und darauf müssen wir uns einstellen. Insofern stehen wir vor einer Situation, die uns zum Nachdenken zwingt.
Zum Ersten müssen wir entschieden Hochwasserschutzmaßnahmen umsetzen, um die Überschwemmungen bestmöglich zu verhindern; das ist schon gesagt worden. Verzögerungen von Maßnahmen, wie zum Beispiel beim Bau von Flutpoldern an der Donau in Bayern durch den Wirtschaftsminister in der Staatsregierung, der zufällig mit der Landrätin dort liiert ist, müssen ein Ende haben.
Zum Zweiten müssen alle politisch Verantwortlichen endlich erkennen, welche wichtige Rolle auch der natürliche Klimaschutz bei der Hochwasserprävention hat. Die Natur ist nämlich sehr gut darin, auch große Mengen an Regen aufzunehmen und zu speichern. Also: Entsiegelung und ein verantwortungsvoller Umgang mit noch nicht versiegelten Flächen, Renaturierung von Flüssen, Mooren und Auen sind nicht nur wichtig für unsere Natur, sondern auch wirtschaftlich wichtig für den Hochwasserschutz.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Zum Dritten brauchen wir ein neues System der Schadensregulierung. Der vorliegende Antrag der Union ist ja gut gemeint, aber er greift, wie so oft, zu kurz. Und gestatten Sie mir das: Für mich atmet er auch ein bisschen zu sehr den Odem der Versicherungswirtschaft, die ihn wohl aufgeschrieben hat.
(Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Das ist jetzt aber ein bisschen frech!)
Das Stichwort „Opt-out-Regelung“ hört sich ja so an, als würden wir den Leuten ein Stück Freiheit geben. Aber in Wahrheit ist es doch so, dass Sie diese Schäden dann der Solidargemeinschaft aufbürden,
(Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Gerade nicht! Das haben wir ja erklärt! Sie sind doch eigentlich nicht so unverständig wie die Kollegin Schulz!)
und dann kommen wir genau nicht zu dem Punkt, dass wir den Steuerzahler entlasten, dass wir diese Schäden, die entstehen, die Gebäudeeigentümer tragen lassen. Wenn sich fast alle, die ein Gebäude besitzen, an dem System beteiligen – das ist mein fester Glaube –, dann ist die Belastung für jeden und jede Einzelne so gering, dass wir zeitnah in einen flächendeckenden Schutz kommen.
(Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Aber glauben heißt nicht wissen!)
– Da brauchen Sie sich nicht aufzuregen, Herr Müller. Es ist einfach die alte Frage: Starker Staat oder schwacher Staat?
(Axel Müller [CDU/CSU]: Nein! – Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Sie haben es einfach nicht verstanden!)
Bürden wir es den Schultern der sozial Schwachen auf, oder belasten wir die Reichen? Sie haben sich klar bekannt, und meine Haltung ist einfach eine andere.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Eine falsche!)
Das Beispiel Frankreich, das der Kollege Fechner vorgerechnet hat: Dort funktioniert es einfach. Da können Sie sich auf den Kopf stellen.
(Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Nein! Da funktioniert es doch gerade nicht!)
– 70 Prozent, mein Gott! Aber sehen Sie sich mal die absoluten Zahlen an!
(Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Nein! Da hat doch der Kollege Fechner schon um Faktor fünf untertrieben! – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Wollen wir den starken Staat oder den dicken Staat?)
Dann sehen Sie sehr schnell, dass das sehr wohl der richtige Weg ist.
Wenn eine Gebäudeversicherung abgeschlossen wird, dann muss ein Teil die Elementarschadenversicherung sein. Das ist ein guter Weg, und dem sollten wir uns anschließen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Herr Kollege Träger. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Susanne Hennig-Wellsow von der Gruppe Die Linke.
(Beifall bei der Linken)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7612021 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 172 |
Tagesordnungspunkt | Elementarschadenversicherung |