07.06.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 173 / Tagesordnungspunkt 7

Catarina dos Santos-WintzCDU/CSU - Vereinbarte Debatte zur aktuellen Europapolitik

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle hier im Saal wissen es: Am Sonntag wird gewählt. Auch wir werben natürlich seit Wochen für Unterstützung unserer Kandidaten und unserer Parteien. Warum tun wir das angesichts der Debattenlage, angesichts der Angriffe, die es auf Mandatsträgerinnen und Mandatsträger gibt? Weil wir für Werte einstehen, auf denen unsere EU basiert und die wir verteidigen wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Freiheit, Frieden, Rechtsstaatlichkeit – um nur einige der Werte zu nennen, für die wir kämpfen. Aber genau diese Werte stehen unter ständigem Beschuss – von innen und von außen. Daher möchte ich diese Debatte auf einen Punkt lenken, der im Zuge von Wahlen oft noch einmal größere Aufmerksamkeit bekommt: die Desinformation als hybride Bedrohung unserer Demokratie.

Schon jetzt identifiziert das World Economic Forum in seinem aktuellen Global Risks Perception Survey

(Lachen bei Abgeordneten der AfD – Zuruf des Abg. Jürgen Braun [AfD])

Desinformation als größtes kurzfristiges globales Risiko. Es überrascht daher nicht, dass gerade auch diese Europawahl potenziell Ziel von Desinformation ist. Eine kürzlich veröffentlichte Studie des Kompetenznetzwerks gegen Hass im Netz bestätigt: Polarisierende Wahlkämpfe im Netz, begleitet von Hasskampagnen, sind reale Gefahren für unsere Demokratie.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das führt leider auch dazu, dass sich viele Menschen aus dem demokratischen Diskurs zurückziehen und dass eine Normalisierung von Hass in unserer Debattenkultur entsteht, die uns mehr als beunruhigt. Jüngste Analysen des EU-Kompetenzzentrums gegen Desinformation kamen auch zu dem Ergebnis, dass Deutschland im vergangenen Jahr eines von vier europäischen Schwerpunktländern russischer Desinformationskampagnen gewesen ist.

(Zuruf von der AfD)

Und was ist das Ziel dieser Kampagnen? Sie zielen darauf ab, nicht nur allgemeine Verwirrung, Unsicherheit und Misstrauen in staatliche Institutionen oder in Medien zu schaffen, sondern zielen auch – und das ist im Ergebnis noch etwas viel Ernsteres – auf die Destabilisierung unserer Demokratie in Europa. Dass das nicht passiert, dafür müssen wir uns einsetzen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die EU hat in den letzten Monaten zum Beispiel einiges getan, um diese und auch zukünftige Wahlen zu schützen, beispielsweise mit dem Digital Services Act, aber auch mit der Verordnung zur Transparenz von politischer Werbung und Targeting, auch gegen ausländischen Einfluss, oder mit der Einrichtung von Hybrid-Schnellreaktionsteams durch den Rat, die helfen sollen, hybride Bedrohungen und Kampagnen abzuwenden. Auch das Bundesinnenministerium hat im Februar angekündigt, eine Früherkennungseinheit einführen zu wollen, die ausländische Manipulations- und Einflusskampagnen frühzeitig identifizieren soll.

Das sind alles gute erste Schritte, die aber mit Leben gefüllt werden müssen, und zwar schnell; denn unsere Demokratie steht auch in Europa vor enormen Bedrohungen. Im Herbst stehen auch in der Bundesrepublik schon die nächsten Wahlen in den Bundesländern vor der Tür. Geben wir daher auch unseren Ermittlungsbehörden die Werkzeuge, die sie brauchen!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dabei möchte ich natürlich auch die großen sozialen Netzwerke nicht aus dem Blick lassen. Auch wenn diese schon Maßnahmen treffen – freiwillig angeordnet –, laufen auf EU-Ebene Verfahren im DSA-Kontext, zum Beispiel wegen der noch unzureichenden Datenzugänge für Wissenschaftler, die wir aber brauchen, um zu verstehen, wie Muster von Desinformation funktionieren. Die Effizienz dieser Instrumente wird sich sicherlich in der praktischen Arbeit zeigen, und es wird auch nötig sein, im Zuge des Einsatzes von künstlicher Intelligenz oder anderer Technologien nachzusteuern.

Ich möchte zum Schluss noch eine Sache klarstellen: Unser Menschenbild vom mündigen Bürger dürfen wir dabei natürlich nicht aus den Augen verlieren. Dazu gehören eine offene Debattenkultur und ein breites Meinungsspektrum als Ausdruck der Meinungsfreiheit, die ein Grundpfeiler unserer Demokratie und auch der in Europa ist. Deswegen lassen Sie mich mit der herzlichen Bitte an alle Bürgerinnen und Bürger schließen: Machen Sie am Sonntag von Ihrem Wahlrecht Gebrauch! Informieren Sie sich! Gehen Sie zur Wahl! Gestalten Sie das Europa von morgen mit!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Als Nächster hat das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Dr. Anton Hofreiter.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7612156
Wahlperiode 20
Sitzung 173
Tagesordnungspunkt Vereinbarte Debatte zur aktuellen Europapolitik
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