Jens SpahnCDU/CSU - Handels- und Außenwirtschaftsbeziehungen der EU
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Februar hat der Finanzminister die wirtschaftliche Lage Deutschlands als „peinlich“ bezeichnet. Der Wirtschaftsminister hat von einer „dramatischen Lage“ gesprochen. Man müsse mehr für das Wachstum machen.
Vier Monate später stellen wir fest: Die Lage bleibt dramatisch. Deutschland ist in der wirtschaftlichen Stagnation: Kein wirkliches Wachstum, nirgends. Wir sind Schlusslicht der Industrieländer. Investitionen fließen aus Deutschland ab wie nie zuvor. Wer kann, investiert im Ausland. Die Arbeitslosenzahlen steigen spürbar an, auch jetzt im Mai, wo es normalerweise in die andere Richtung geht. Kurzum: Die beiden Minister hatten recht. Die Lage ist peinlich für die Industrienation Deutschland. Die Lage ist dramatisch. Aber es passiert nichts.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Diese Regierung tut nichts, seit vier Monaten. Sie streiten täglich. Der Kanzler redet die Lage schön. Sie setzen die falschen Schwerpunkte. Weniger Kiffergesetze und mehr Konjunkturpakete, das wäre der richtige Schwerpunkt für das Regierungshandeln.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Theodor Weimer, der Chef der Deutschen Börse, hat seinem Frust in einer in den sozialen Medien aktuell viel beachteten Rede freien Lauf gelassen – ich zitiere –:
„So schlecht wie jetzt war unser Ansehen in der Welt noch nie, noch nie. … Die [Investoren] schütteln nur noch den Kopf, die sagen mir: … Wir wissen nicht mehr, wie wir euch in Deutschland lesen sollen. … Die Gespräche mit Investoren haben fatalistischen Charakter … Die Wahrheit ist die: Internationale Investoren investieren nur noch opportunistisch in Deutschland, weil sie sagen: Ihr seid so günstig. Wir sind zum Ramschladen geworden.“
So wie Theodor Weimer denken viele führende Vertreter der deutschen Wirtschaft. Und genau das fragen einen auch viele Investoren: Was ist aus Deutschland geworden? Ein Standortvorteil Deutschlands war immer seine Verlässlichkeit. Eine Investition in Deutschland war immer eine sichere Bank. Das ist mit der Ampel anders.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Seitdem Sie regieren, wird Deutschland als Standort nach hinten durchgereicht. Alle sind jenseits der Rahmendaten verunsichert; die Regierung selbst ist es mit ihrem täglichen Streit von Wirtschafts- und Finanzminister in der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt. Ihr Streit ist mittlerweile zum größten Standortrisiko für Deutschland geworden. Die Ampel ist zum Standortrisiko für Deutschland geworden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und so wenig Sie für den Wirtschaftsstandort Deutschland mit Reformen im Land machen, so wenig tun Sie etwas für die Exportnation Deutschland. Jeder vierte Arbeitsplatz in Deutschland hängt vom Export ab. Es gibt kaum ein anderes Land, das mehr vom freien Handel profitiert als Deutschland. Wir wollen weniger abhängig von China werden; das haben wir auch gerade noch vom Kollegen Petry gehört. Wir sollten mehr tun, um andere Länder davon zu überzeugen, sich nicht von China abhängig zu machen.
Doch was passiert? Eine deutsche Initiative, um Mercosur, das Handelsabkommen mit Lateinamerika, voranzutreiben, gibt es nicht. Das wäre das größte Freihandelsabkommen der Welt. Doch was machen Sie? Sie überfrachten Handelsabkommen mit immer neuen Themen, reisen mit erhobenem moralischem Zeigefinger durch die Welt und verärgern immer mehr unserer Partner. Es ist ein historisches Versagen, wenn diese Bundesregierung es zulässt, dass Mercosur am Ende nicht kommt – ein historisches Versagen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD)
Daher legen wir heute dieses Handelsoffensivegesetz vor. Alle Wirtschaftsinvestitionen- und Handelsabkommen der EU, die so weit sind, dass sie der Deutsche Bundestag ratifizieren kann und sollte, haben wir in diesem Gesetz zusammengefasst.
Wenn Sie uns gleich sagen, ein Teil der Abkommen würde doch auch das Kabinett ratifizieren: Ja, stimmt. Aber wie oft haben wir es in den letzten zweieinhalb Jahren erlebt, dass Gesetzentwürfe der Bundesregierung hier im Deutschen Bundestag wegen Ihres Ampeldauerstreits auf der Strecke geblieben sind! Zudem fehlen in Ihrem Gesetzentwurf etwa die Investitionsabkommen mit Singapur und Vietnam. Und wenn Sie sagen – um das gleich vorwegzunehmen –, manche der Abkommen seien schon so alt, dass sie doch schon die Große Koalition hätte ratifizieren sollen: Ja, stimmt auch. Umso mehr wird es Zeit, dass wir sie endlich ratifizieren.
Daher laden wir Sie ein, ja, fordern Sie auf – das sind EU-Abkommen; auch mit Blick auf den Sonntag wäre es ein gutes Zeichen, wenn der Deutsche Bundestag sich einig wäre –: Lassen Sie uns dieses Gesetz hier zügig beraten und sehr bald zur Abstimmung bringen! Deutschland muss der Welt endlich das Signal senden, dass es ein Partner für freien Handel sein will, dass es handlungsfähig ist, dass es vorangeht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Als Nächster hat das Wort für die SPD-Fraktion Markus Töns.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7612168 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 173 |
Tagesordnungspunkt | Handels- und Außenwirtschaftsbeziehungen der EU |