Julia KlöcknerCDU/CSU - Handels- und Außenwirtschaftsbeziehungen der EU
Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Staatssekretärin, wir legen hier einen Gesetzentwurf und keinen Antrag vor. Unseren Antrag zu China haben Sie vergangene Woche abgelehnt,
(Jens Spahn [CDU/CSU]: Allerdings!)
im Übrigen auch den Antrag für die Bildung einer Kommission zur Überprüfung sicherheitsrelevanter Beziehungen – so viel zur inneren Stringenz Ihrer Argumentation.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir haben hier in der Debatte gesehen, was genau das Problem ist: der Weg vom Kabinett ins Parlament.
(Jens Spahn [CDU/CSU]: Herr Töns hat es gesagt!)
Herr Töns hat es vorhin schon gesagt: Ihr könnt gerne die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen im Kabinett auf der Tagesordnung haben, aber hier im Parlament haben wir Zeit.
(Heiterkeit bei der CDU/CSU)
Dieses Hindämmern dieser Koalition ist unterlassene Hilfeleistung für unsere Wirtschaft.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich zitiere:
„Ich habe inzwischen mein 18. Treffen mit unserem Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck hinter mir. Und ich kann Ihnen sagen, es ist eine schiere Katastrophe. Wir sind ökonomisch gesehen auf dem Weg zum Entwicklungsland.“
(Dr. Sebastian Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch!)
– Ja, das müssen Sie auch mal aushalten.
(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
– Vielleicht hören Sie mal bis zum Ende zu. – Dieses Zitat stammt von jemandem, von dem ich sage würde, dass er mindestens so viel Ahnung wie Sie hat, die sich noch nie mit dem Thema beschäftigt haben. Das hat nämlich der Chef der Deutschen Börse, Dr. Theodor Weimer, gesagt. Er hat es in einer Wutrede gesagt. Warum? Weil es dabei nicht um Gefühle und Schönreden ging, sondern um Zahlen.
Das Geschäftsklima ist auf einem Tiefstand in Deutschland, die Auftragseingänge und die Produktivität gehen zurück, die Frühjahrsbelebung auf dem Arbeitsmarkt ist ausgeblieben. Jetzt hat das Handelsblatt Research Institute aktuell als erstes Institut für die Prognose des BIP-Wachstums eine Rezession berechnet: minus 0,2 Prozent für das Jahr 2024. Wenn Sie nicht den Eindruck haben, dass in Deutschland jetzt endlich etwas passieren muss, damit das Land und die Wirtschaft stabil bleiben, dann sollten Sie wenigstens damit aufhören, uns zu beschimpfen und unsere Vorschläge, die wir im Ausschuss vorgelegt haben, ständig mit Ihrer Mehrheit von der Tagesordnung zu nehmen. Woche für Woche weigern Sie sich, über unsere Vorschläge zu diskutieren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Jetzt kommt natürlich der Oberhammer. Es heißt immer: Mit einem Handelsoffensivegesetz kann man nichts erreichen. – Aber das ist ja genau Ihr Problem: Sie erreichen mit gar nichts was.
(Zuruf des Abg. Dr. Sebastian Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Sie sagen, mit einem Handelsoffensivegesetz erreiche man nichts, mit Steuersenkungen für wettbewerbsfähige Unternehmen erreiche man nichts. Mit dem Bürgergeld erreichen Sie eines, ja, und zwar sehr nachhaltig, nämlich dass die Leute keine Lust auf Arbeit mehr haben, weil sie andere Anreize wahrnehmen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Wissen Sie, was wichtig wäre? Wichtig wäre, dass wir in Brüssel endlich mal Haltung zeigen. Man spricht dort von „German Vote“. „ German Vote“ bedeutet, keine Haltung zu haben und sprachlos zu sein.
(Dr. Sebastian Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben das erfunden!)
– Ich freue mich über Ihren Zuruf. Die Grünen hängen hier lässig im Stuhl. Ich sage Ihnen mal was: Wenn man wirklich Interesse an Handelsabkommen hätte, dann hätte der Wirtschaftsminister in seiner Amtszeit wenigstens an einer einzigen Sitzung des Handelsministerrates teilgenommen. An keiner einzigen Sitzung des Handelsministerrats hat Herr Habeck teilgenommen,
(Jens Spahn [CDU/CSU]: Aha! – Zuruf des Abg. Johannes Schraps [SPD])
Und ich sage Ihnen: Bei 5 von 13 Sitzungen war noch nicht einmal ein Staatssekretär anwesend. Das sagt viel darüber aus, was Sie von Handel halten. Sie sind es doch gewesen, die zum Thema CETA die Leute auf die Straße getrieben haben, die vor Chlorhühnchen und sonst was gewarnt haben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das ist Ihr Zauberlehrling. Die, die Sie gerufen haben, gehen ständig erneut zum Fluss.
Ich sage Ihnen sehr klar: Uns liegt die deutsche Wirtschaft am Herzen.
(Zuruf der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Es geht nicht ums Schlechtreden, es geht ums Bessermachen.
(Markus Töns [SPD]: Die Begeisterung ist da bei Ihnen riesig!)
Wir haben hier zusammengefasst, was Handel für uns bedeutet. Wir müssen einen Turbo einlegen. Deutschland muss eine Führungsrolle in der EU einnehmen. Ursula von der Leyen hat im Übrigen mehrere Handelsabkommen ausverhandelt und zum Abschluss gebracht, sei es mit Kenia, sei es mit Mexiko, sei es mit Neuseeland, sei es mit Chile; das hat sie gemacht.
(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Rückführungsabkommen!)
Herr Töns, wenn Sie sagen: „Wir in Deutschland sind doch gar nicht für Handelsabkommen zuständig“, dann zeigt genau das Ihr Verständnis von der EU. Als würde Deutschland keine Rolle in der EU spielen!
(Markus Töns [SPD]: Dann haben Sie es schlichtweg nicht verstanden, Frau Klöckner! – Jens Spahn [CDU/CSU]: Das ist das Problem dieser Regierung! Sie verzwergen uns zu Luxemburg!)
Die EU fällt nicht vom Himmel, sondern ist die Addition der Aktionen der einzelnen Mitgliedstaaten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn Deutschland als Exportweltmeister nichts macht – jeder vierte Arbeitsplatz hängt vom Export ab – und keine Führungsposition einnimmt, wenn wir ein solches Desinteresse haben und dann auch noch vermitteln, wir hätten alle Zeit der Welt, dann kann ich nur sagen: Die Quittung für unterlassene Hilfeleistung wird es hoffentlich auch an der Wahlurne geben.
(Beifall bei der CDU/CSU – Gabriele Katzmarek [SPD]: Großes Kino, Frau Klöckner! Großes Kino! – Gegenruf des Abg. Markus Töns [SPD]: Aber ganz kleines Karo!)
Ich grüße Sie herzlich und gebe Sebastian Roloff das Wort für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7612176 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 173 |
Tagesordnungspunkt | Handels- und Außenwirtschaftsbeziehungen der EU |