Andreas LaremSPD - Bundeswehreinsatz in Libanon (UNIFIL)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beraten heute in erster Lesung den Antrag der Bundesregierung, den Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte an UNIFIL, United Nations Interim Force in Lebanon, zu verlängern.
UNIFIL ist eine bewaffnete Blauhelmmission. Die UN-Friedenstruppe soll den dauerhaften Frieden und die Stabilität entlang der Blauen Linie zwischen Libanon und Israel sicherstellen. Flankiert wird dieser Einsatz durch Marineeinheiten, derzeit mit der Fregatte „Brandenburg“, die den Waffenschmuggel unterbinden und zur Sicherheit der Seegrenzen beitragen soll. Dieses Mandat beinhaltet die vollständige Umsetzung der Resolution 1701 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen. Sie ist eine der ältesten UN-Missionen; UNIFIL gibt es bereits seit 1978. Nach dem zweiten Libanon-Krieg 2006 wurde das Mandat ergänzt.
Israel und dem Libanon war es von jeher sehr wichtig, dass sich Deutschland an UNIFIL beteiligt. Seit mehr als 50 Jahren ist Deutschland Mitglied in den Vereinten Nationen. Willy Brandt sagte 1973:
„Wir sind ... gekommen, um – auf der Grundlage unserer Überzeugungen und im Rahmen unserer Möglichkeiten – weltpolitische Verantwortung zu übernehmen.“
Meine Damen und Herren, mit der Beteiligung an UNIFIL und an den Friedensmissionen der Vereinten Nationen übernehmen wir diese weltpolitische Verantwortung. Gleichwohl ist es wichtig, dass wir in Europa im Hinblick auf den Nahen Osten an einem Strang ziehen und abgestimmt vorgehen. Wir brauchen für die gesamte Region dort Stabilität, Sicherheit und Frieden; denn nicht nur im Libanon, sondern im ganzen Nahen Osten ist die Lage äußerst fragil.
Im Libanon dauert die Führungskrise seit dem Jahr 2022 unverändert an. Bisher konnte das Amt des Präsidenten nicht neu besetzt werden; es gab unzählige erfolglose Wahlrunden. Das Parlament ist im Grunde nicht handlungsfähig. Es herrscht eine Staats- und Wirtschaftskrise. Dabei müssen dringend die Probleme des Landes angegangen werden. Der Verfall der Landeswährung muss aufgehalten und die Versorgung der Geflüchteten, die inzwischen ein Drittel der Gesamtbevölkerung ausmachen, gewährleistet werden.
Libanons Armee ist mit der Sicherung der Grenze zu Israel überfordert. Sie kann diese nicht eigenständig sichern; daher braucht es die Unterstützung der Vereinten Nationen. Unsere Bundeswehr beteiligt sich in erster Linie mit den Marinekräften an der Überwachung und Sicherung des Seegebietes vor der libanesischen Küste.
Deutsche Soldatinnen und Soldaten sind aber auch an Land stationiert, vor allem im Hauptquartier der UNIFIL. Seit Beginn des Gazakrieges haben die Gefechte an der Nordgrenze zugenommen. Die andauernden Auseinandersetzungen mit dem Schwerpunkt an der Blauen Linie führen zu einer erheblichen direkten Gefährdung der im Land eingesetzten UNIFIL-Kräfte. Immer häufiger gibt es an der Blauen Linie Beschuss und somit ein hohes Risiko für deutsche Soldatinnen und Soldaten. Der Beschuss gilt zwar nicht UNIFIL direkt; aber die Truppe steht nun mal ganz dicht an der Demarkationslinie. Die Gefahr geht dabei sowohl von der israelischen Seite als auch von der radikal-islamistischen Hisbollah und weiteren militanten Gruppen aus, mit einem Unterschied: Die Israelis warnen, bevor sie schießen, die Hisbollah und die anderen nicht.
Die UNIFIL-Kräfte halten angesichts der Gefährdungslage aber ihre interne erhöhte Alarmbereitschaft weiterhin aufrecht. Insgesamt wird die Sicherheitslage im Libanon weitestgehend als ausreichend kontrollierbar bewertet.
Meine Damen und Herren, an dieser Stelle möchte ich unseren Soldatinnen und Soldaten danken, die durch ihren Einsatz einen Beitrag zu mehr Frieden in der Region leisten. Außerdem leisten sie einen wichtigen Beitrag dazu, dass Deutschland seinen UN-Verpflichtungen nachkommt.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
UNIFIL ist vor allem deshalb so wichtig, weil es den einzigen direkten Gesprächskanal zwischen Libanon und Israel zur Verfügung stellt. Dieses Mandat leistet somit seit Jahren einen Beitrag zu Frieden und Sicherheit in der Region. Deshalb soll es auf jeden Fall verlängert werden.
Einen kurzen Blick möchte ich jedoch auf die Zukunft des Mandats werfen; denn die Fragen nach dem Danach werden lauter und damit die Rufe, das Mandat umzuformen oder weiterzuentwickeln. Ich denke, unser Ziel sollte es sein, an Israels Nordgrenze einen glaubwürdigen und belastbaren Zustand herzustellen, der eine tägliche Bedrohung Nordisraels durch Angriffe der Hisbollah ausschließt, und auf eine substanzielle politische Kehrtwende im Libanon hinzuwirken. Auch braucht es eine Perspektive für die evakuierten und geflüchteten Menschen; die dortige Situation kann kein dauerhafter Zustand bleiben.
Heute, meine Damen und Herren, geht es zunächst um die Verlängerung des bisherigen UNIFIL-Mandates, die wir als SPD befürworten.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Für die Unionsfraktion hat Jürgen Hardt das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7612199 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 173 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz in Libanon (UNIFIL) |