Melanie WeglingSPD - Steuerliche Entlastung von Familien
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jede zweite Frau arbeitet in Teilzeit. – Das ist schon mal eine Problemanalyse der Union, der wir uns anschließen können. Doch meiner Meinung nach erschöpft sich darin dann auch die Produktivität des Antrags. Das, was daraus folgt, ist lediglich die Forderung nach einer steuerlichen Förderung von familiennahen Dienstleistungen. Soll das alles sein? Fällt uns nicht noch ein bisschen mehr dazu ein,
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Na, Ihnen fällt ja gar nichts ein! – Johannes Steiniger [CDU/CSU]: Ihr macht ja gar nichts! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)
Frauen mehr bezahlte Arbeit zu ermöglichen? Gucken wir doch mal, warum so viele Frauen in Teilzeit arbeiten oder auch in Teilzeit arbeiten müssen.
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Weil es sich nicht lohnt! Arbeit lohnt sich nicht! Das ist das Problem!)
Der erste Punkt: die völlig unfair verteilte Carearbeit. Noch immer leisten Frauen pro Woche neun Stunden mehr Carearbeit als Männer. Das sind neun Stunden unbezahlte Arbeit, die für die Erwerbstätigkeit fehlen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Johannes Steiniger [CDU/CSU]: Deswegen haben wir ja den Antrag gemacht!)
Besonders gravierend sind die Zahlen bei jungen Familien. Täglich investieren Frauen hier mehr als doppelt so viele Stunden wie Männer für Carearbeit.
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Stimmen Sie doch unserem Antrag zu! – Dr. Götz Frömming [AfD]: Alleinerziehende noch mehr!)
Dabei werden gerade in dieser Zeit wichtige Weichen für das gesamte weitere Arbeitsleben, aber eben auch für die Rente gestellt. Und was will die Union daran ändern? Im Antrag habe ich nichts gesehen.
(Johannes Steiniger [CDU/CSU]: Doch! Punkt eins und Punkt zwei! Sagen Sie mal, haben Sie den überhaupt gelesen?)
Zweiter Punkt: gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Wenn Frauen endlich für die gleiche Qualifikation und die gleiche Arbeit so bezahlt werden,
(Maximilian Mordhorst [FDP]: Werden sie schon!)
wie es die Männer werden, dann werden sich die Unterschiede zwischen Teilzeit und Vollzeit eher ausgleichen.
(Beifall bei der SPD – Dr. Götz Frömming [AfD]: Ach Gott, was für eine verstaubte Rede!)
Und was findet sich im Unionsantrag dazu? Nichts.
(Zuruf der Abg. Antje Tillmann [CDU/CSU])
Dritter Punkt: die Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen. Was will die Union? Stärkere steuerliche Berücksichtigung von Betreuungskosten. Das ist doch aber, ehrlich gesagt, Augenwischerei. Das hilft doch wieder nur denjenigen, die das entsprechend hohe Einkommen haben, von dem man dann auch diese Steuern abziehen kann.
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Ach Quatsch! Das ist doch die alte Erzählung von den Reichen und Schönen! Das ist doch ein völliger Quatsch! – Johannes Steiniger [CDU/CSU]: Das ist doch ein Abzugsbetrag! – Dr. Götz Frömming [AfD]: Sie scheinen die Familien zu hassen!)
Und wo kommt überhaupt das Betreuungspersonal dafür her? Dazu habe ich keine Antwort gelesen.
(Johannes Schraps [SPD]: Das müssten Sie als Steuerberater doch wissen, Herr Brehm! – Johannes Steiniger [CDU/CSU], an die SPD gewandt: Das hätten Sie ihr mal vorher erklären müssen!)
Vierter Punkt: die Schuldenbremse. Die Union hält an ihr fest wie ein Ertrinkender am Strohhalm,
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Ihr wollt noch mehr Schulden machen! – Maximilian Mordhorst [FDP]: Die Koalition auch! Die Koalition hält daran fest! – Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Die FDP auch noch!)
auch in unionsgeführten Bundesländern wie Hessen. Die dringend benötigten Investitionen auch auf kommunaler Ebene, zum Beispiel in den Ausbau der Kinderbetreuung, in generationenübergreifende und inklusive Wohnungsbauprojekte oder in Tagespflegeeinrichtungen in öffentlicher Hand, scheitern vielerorts an der Schuldenbremse. Eine auskömmliche Finanzierung der Kommunen für diese wichtigen Vorhaben ist Aufgabe der Länder,
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Eijeijeijei!)
denen mit der Schuldenbremse aber häufig die Hände gebunden sind.
Die KfW hat aber jüngst festgestellt: Der kommunale Investitionsrückstand ist auf über 186 Milliarden Euro angewachsen. Diesen Rückstand spüren natürlich auch die Familien. Liebe Union, Investitionspolitik zu überdenken und beispielsweise die Schuldenbremse zu lockern, statt Gutverdienern Steuern zu erlassen, wäre doch mal etwas.
(Beifall bei der SPD – Christoph Meyer [FDP]: Ach, das glaubt ja mittlerweile nicht mal mehr euer Kanzler!)
Fünfter Punkt. Wenn wir schon mal beim Steuersystem sind, dann lassen Sie uns doch darüber reden, was wirklich helfen wird, um Frauen aus der ungewollten Teilzeit zu holen. Hiermit meine ich die Abschaffung der Steuerklassen III und V. Die Abschaffung der Steuerklassen III und V schafft nämlich Steuererleichterungen, und zwar für Ehefrauen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Johannes Steiniger [CDU/CSU]: Das ist falsch! – Zuruf der Abg. Antje Tillmann [CDU/CSU])
Endlich sind es dann nicht mehr sie, die die steuerliche Hauptlast zu tragen haben. Die Steuerklassenreform ist der perfekte Anreiz für Frauen, mehr arbeiten zu gehen und ihre Stunden nicht noch weiter zu reduzieren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Maximilian Mordhorst [FDP])
Dann endlich sieht es auf ihren Lohnzetteln nicht mehr so aus, als würde sich ihre Arbeit nicht lohnen und als sei sie viel billiger als das Einkaufen haushaltsnaher Dienstleistungen.
(Johannes Steiniger [CDU/CSU]: Aber verheiratet sind sie schon miteinander, oder? – Dr. Götz Frömming [AfD]: Genau! Alle Frauen in die Fabrik oder in den Bergbau! Da wollten sie schon immer hin!)
Liebe Union, wir werden das Gesetz zur Abschaffung der Steuerklassen III und V bald hier einbringen,
(Zuruf der Abg. Antje Tillmann [CDU/CSU])
und dann werden wir sehen, wie ernst es Ihnen damit ist, Frauen eine Wahlfreiheit zu ermöglichen.
(Johannes Schraps [SPD]: Da werden wir mal gucken, Herr Steiniger!)
Denn Wahlfreiheit setzt Gleichberechtigung voraus, und die schaffen wir nur mit Equal Pay, mit Equal Care, mit einem Ausbau der Betreuungsmöglichkeiten, einer Lockerung der Schuldenbremse und der Abschaffung der Steuerklassen III und V.
Danke schön.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Götz Frömming [AfD]: Thema verfehlt! – Zurufe von der CDU/CSU)
Für Die Linke hat jetzt Janine Wissler das Wort.
(Beifall bei der Linken)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7612210 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 173 |
Tagesordnungspunkt | Steuerliche Entlastung von Familien |